Mo., 20.02.12 | 04:50 Uhr
Das Erste
Weltspiegel
GRIECHENLAND: Feindbild Deutschland?:
Autor: Alf Meier / ARD Athen
In hiesigen Medien liegt der griechische Bauer gerne im Halbschatten seiner Olivenbäume und wartet darauf, dass deutsche Unternehmen seine Oliven ernten, pressen, das Öl vermarkten, um für ihn dann einen ordentlichen - natürlich von der EU subventionierten - Gewinn einzutreiben. Durch Griechenlands Zeitungen geistern derweil deutsche Panzerarmeen, beugen sich Gauleiter hilfsbereit aber bestimmt über die griechischen Staatsfinanzen. Die Griechen verabschieden sich in diesen Darstellungen deprimiert aber stolz vom Traum europäischen Wohlstandes und rutschen auf das Niveau eines Entwicklungslandes an der Nordküste des Mittelmeeres. Die griechische Staats- und Finanzkrise lässt längst überwunden geglaubte Vorurteile und Stereotype wieder aufleben. Im Völkerverständnis zwischen Nord und Süd tun sich
gefährliche nationalistisch-rassistische Abgründe auf. Der "Weltspiegel" fragt bei Griechen nach Erklärungen und dem, was die Menschen in Europa trotz Krise verbindet.
ITALIEN: Wenn Frauen „ihren Mann stehen": Autorin: Ellen Trapp / ARD Rom
Halbnackte Frauen in aufreizenden Posen sieht Italien Tag für Tag Stunden lang im Fernsehen. Ein über Jahrzehnte geprägtes Frauenbild, mit dem es so manche „Schönheit" im Land zu Berlusconis Zeiten sogar bis zur Ministerin bringen konnte. Doch der neue Ministerpräsident Mario Monti braucht kein Bunga-Bunga, sondern Menschen wie Flora Pacioni: Nach dem Tod ihres Mannes hat sie die Autowerkstatt übernommen und nach anfänglichen Zweifeln können sich ihre männlichen Angestellten jetzt keinen besseren Chef mehr vorstellen. Das katholische Italien hat die niedrigste Geburtenrate in Europa und dennoch sind in keinem anderen EU-Land weniger Frauen berufstätig. Um 16 Prozent könnte das Bruttoinlandsprodukt steigen, bekämen die Frauen ihre faire Chance. Und viele von ihnen starten jetzt durch.
SENEGAL: Machtgier des greisen Präsidenten: Autor: Peter Schreiber / ARD Nairobi
Präsident Abdoulaye Wade ist 85 Jahre alt und seit elf Jahren im Amt. Er hat Geschmack daran gefunden, denn am 26. Februar möchte er - entgegen der Verfassung - gerne wiedergewählt werden. „Ich bin der Kandidat der Jugend" ruft der machthungrige Greis und ignoriert damit die lautstarke Oppositionsbewegung der Jugend, die sich den vielsagenden Namen „Jetzt reicht's" gegeben hat. Gegen Klientelwirtschaft und Korruption gehen die Jungen jetzt auch auf die Straße. Dabei galt das westafrikanische Senegal bislang als eines der demokratischsten und politisch stabilsten Länder des Kontinents. Doch eine Woche vor der Präsidentenwahl ist die Lage so angespannt wie nie zuvor seit der Unabhängigkeit im Jahr 1960. Vor allem die Jugend begehrt auf: Schließlich ist jeder zweite Senegalese jünger als 25 Jahre und mehr als die Hälfte der Jugendlichen ist arbeitslos. Sie haben ihre eigene Protestbewegung und ihre eigene Musik, den afrikanischen Rap. Und ihre Symbolfigur ist der weltbekannte Pop-Sänger Youssou N'Dour, dessen Kandidatur für das Präsidentenamt von Wade mit Hilfe von gefügigen Richtern verboten wurde.
RUSSLAND: Dr. Lisa packt an: Nächstenliebe mit politischer Mission: Autorin: Ina Ruck / ARD Moskau
In zwei Wochen wählt Russland und vermutlich wird ein alter der neue Präsident sein. Wer in dem großen Land oder auch nur in Moskau etwas ändern will, könnte sich angesichts der herrschenden Verhältnisse frustriert in sein Privatleben zurückziehen. Aber, es gibt zunehmend Menschen, die ein anderes Russland und eine andere Gesellschaft wollen und sich nicht entmutigen lassen: Elisaweta Glinka, bekannt als Dr. Lisa, hilft denen, die oft als „menschlicher Müll" bezeichnet werden: Hilfsbedürftige, Obdachlose und Todkranke werden von ihr versorgt. Doch ihre Nächstenliebe hat auch eine politische Mission: Sie ist Mitgründerin der großen Protestbewegung „Liga der Wähler" und will vor allem Verbesserungen in der Gesundheitspolitik erreichen. Wie Dr. Lisa erobern sich immer mehr Russen mit konkreter Tatkraft ihren Platz in der Gesellschaft, mobilisieren Gleichgesinnte und verbreiten über Blogs ihr bürgerschaftliches Engagement. Die früher so apathische Bevölkerung rüttelt auf vielfältige Weise am Machtgefüge des Putin-Systems.
CHINA: Aufstand der Dörfer?: Autorin: Christine Adelhardt / ARD Peking
In Panhe, einem kleinen Dorf in der Nähe von Shanghai braut sich was zusammen. Die Dorfbewohner protestieren gegen Landenteignung, Vertreibung und korrupte Parteikader. Sie gehen geschickt vor, prangern nur ihre Regionalregierung an und loben die Zentralgewalt in Peking. Vorbild der Bauern hier ist das Dorf Wukan in der Provinz Guangdong, das um die Jahreswende mit einem mutigen Aufstand einen beachtlichen Erfolg in Basisdemokratie vorlegte und damit weltweit Schlagzeilen machte. Wird das mutige Experiment zum Präzedenzfall in ganz China? Reform von unten - Transformation auf Chinesisch? Wird die Parteiführung in Peking jetzt jedes weitere Wukan um jeden Preis verhindern oder könnte eine Kettenreaktion im ganzen Land folgen? In Panhe wurden Journalisten gerade von angeheuerten Schlägern verprügelt und vertrieben.
Kommentare