Mo., 27.01.14 | 04:50 Uhr
Das Erste
Weltspiegel
Zentralafrikanische Republik: EU-Mission Impossible? - Kein Frieden in Sicht zwischen Christen und Muslimen:
Der erste Eindruck von Bangui, der Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik, ist verheerend. „Ein gesetzloses Land", sagt unsere Korrespondentin.
Seit über einem Jahr tobt ein gnadenloser Krieg in der Zentralafrikanischen Republik. Christliche und muslimische Rebellen kämpfen um die Vorherrschaft - und damit in letzter Konsequenz wieder mal ums Geld in diesem rohstoffreichen Land, das flächenmäßig doppelt so groß ist wie Deutschland. Von den rund fünf Millionen Einwohnern sind schätzungsweise eine Million Menschen auf der Flucht. Muslimische Sénéka-Milizen liefern sich erbitterte Kämpfe mit den christlichen Balaka-Milizen. Dazu kommt die komplizierte Bevölkerungsstruktur mit zahlreichen Stämmen. Der zentralafrikanische Staat ist schwach, die Armee so gut wie nicht einsatzf ähig - ein klassisches Machtvakuum. Leidtragende sind die Zivilisten. Sie sind Opfer von Mordaktionen und Plünderungen durch die Milizen.
1600 französische Soldaten sind bereits vor Ort, sie sollen gemeinsam mit den Soldaten der Afrikanischen Union für Ruhe und Ordnung sorgen. Weil das nicht ausreicht, ist auch die Europäische Union gefordert. Von 500 zusätzlichen Soldaten ist die Rede, immer noch zu wenig. Deutschland will die EU-Truppe logistisch und finanziell unterstützen, Bodentruppen sollen nicht zum Einsatz kommen. - Eindrücke aus einem gescheiterten Staat.
Autorin: Shafagh Laghai, ARD-Studio Nairobi
Bangladesch: Nicht mit mir! - Der mutige Kampf gegen Kinderhochzeiten: Die 14-jährige Shirin sagt: „Ich wollte nicht heiraten. Ich bin doch noch ein Kind. Ich will, dass alle Kinder zur Schule gehen." Und Shirin hat es geschafft, sie hat nicht geheiratet.
Im armen Norden Bangladeschs bietet eine Gruppe mutiger Mädchen und Jungen den Erwachsenen die Stirn. In einer von Konventionen und Traditionen erstarrten Gesellschaft wehren sie sich gegen ihre zwangsweise Verheiratung. Bei den Kinderhochzeiten werden schon elf- oder zwölfjährige Mädchen gegen ihren Willen mit meist doppelt so alten Männern verheiratet. Das verstößt auch in Bangladesch gegen das Gesetz, nach dem die Heirat erst mit frühestens 18 Jahren erlaubt ist.
Mit Glück und Liebe haben die arrangierten Frühehen nichts zu tun, sondern allein mit Normen und wirtschaftlichen Interessen. Schulabbruch, Schwangerschaften, Isolation und Einsamkeit: Für viele Mädchen ist das Leben vorbei, bevor es richtig begonnen hat. Das wollen Shirin und ihre Mitstreiterinnen nicht länger hinnehmen: Sie haben sich organisiert und sind jetzt die ?Wedding Busters', die Hochzeits-Verhinderer. Sie marschieren über die Dörfer, reden Eltern und Nachbarn entschieden ins Gewissen. Bis die davon ablassen, ihre Töchter in eine unglückliche Zukunft zu stürzen, die sie an Körper und Seele verletzt.
Autor: Gábor Halász, ARD-Studio Neu Delhi
Guadalcanal: Dschungelcamp - Japaner graben nach ihren 'Kriegshelden': Auf der Salomonen-Insel Guadalcanal im Pazifik räumen Japaner mit ihrer Geschichte auf. Veteranen, Priester und Studenten suchen im Boden nach den sterblichen Überresten versprengter Weltkriegsveteranen, graben sie aus und führen sie einer ordentlichen Feuerbestattung zu. Priester Sakitsu: „Stell Dir vor, in diesem Dschungel geht Dein Leben zuende. Ganz allein. Wie traurig. Deswegen möchte ich so viele Tote wie möglich hier rausholen." Während alte Männer schlichtweg nach ihren toten Kameraden suchen, hat die Beschäftigung jüngerer Japaner mit dem Zweiten Weltkrieg auch eine politische Komponente. Denn seit in Tokio der konservative Premier Shinzo Abe regiert und die nationalen Gefühle hochfliegen lässt, ist Japans umstrittener Krieg wieder populärer.
Autor: Philipp Abresch, ARD-Studio Tokio
Dagestan: Das Terrornest - Wie der Hass auf Moskau den Kaukasus regiert: Wäre die Lage nicht wirklich bedrohlich, hätten die USA Russland wohl kaum Hilfe beim Schutz der Olympischen Winterspiele in Sotschi angeboten. Die Terrorgefahr ist real, wie die Attentate von Wolgograd zeigen. Und nur wenige hundert Kilometer vom Olympia-Austragungsort entfernt liegt das kaukasische Rebellengebiet. Das ARD-Team spürte beim Besuch in der Krisenregion vor allem „den Hass vieler Menschen auf die Zentralmacht in Moskau. Wladimir Putin gilt als Feind auf Lebenszeit", berichtet Golineh Atai. Als Putins verlängerter Arm gelten die Sondereinsatzkommandos, die mit aller Macht gegen Widerständler vorgehen. Zurück bleiben Eltern, Frauen, Kinder - ohne Söhne, Ehemänner, Väter. Und der Riss zwischen Putin-Gegnern und -Befürwortern in der Region verläuft quer durch Nachbar- und sogar Freundschaften. Der Konflikt begann in Tschetschenien, doch seit einigen Jahren schon breitet sich die Gewalt über die Grenzen der russischen Teilrepublik aus und ergreift den gesamten Nordkaukasus, vor allem Inguschetien und Dagestan. Der einst ethno-nationalistische Kampf um die Unabhängigkeit Tschetscheniens ist mittlerweile zurückgetreten hinter den bewaffneten Widerstand radikal-islamistischer Kämpfer. Ein islamisch-fundamentalistisches "Kaukasisches Emirat" gilt nun als gemeinsames Ziel und ideologische Klammer für die in der Region operierenden militanten, salafistischen Muslim-Bruderschaften. Die Gruppen sind jedoch lokal organisiert und handeln weitgehend autonom.
Autorin: Golineh Atai, ARD-Studio Moskau
Großbritannien: Der Wächter - Wie der "Guardian" den Geheimdiensten trotzt: Alan Rusbridger ist Chefredakteur und Herausgeber der linksliberalen britischen Tageszeitung „The Guardian" und ein sehr introvertierter Mann. Dem Weltspiegel gab er jetzt eines seiner sehr seltenen Fernseh-Interviews. Der 60-Jährige kommt sich gegenwärtig vor wie ein journalistischer Asterix im Kampf gegen die Obrigkeit. Für ihn steht nicht weniger auf dem Spiel als die Pressefreiheit. „Die Zerstörung der beiden Festplatten in unserem Keller durch zwei Geheimdienstmitarbeiter war das Unwirklichste, was ich während meiner gesamten Laufbahn erlebt habe", sagt Rusbridger. - Nach der 'Wikileaks'-Affäre veröffentlicht "The Guardian" jetzt federführend das Material des Ex-NSA-Mitarbeiters Edward Snowden und gerät dadurch immer wieder unter massiven Druck - bis hinauf zum konservativen Premierminister David Cameron. Denn in Großbritannien gilt nicht nur Snowden gemeinhin als Verräter, sondern Journalisten wie Alan Rusbridger.
Autorin: Annette Dittert, ARD-Studio London
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