Mo., 21.07.14 | 04:50 Uhr
Das Erste
Weltspiegel
Gaza: Abgeschnitten - Das schmerzliche Schicksal der Zivilbevölkerung:
Bis auf eine kurze, befristete Feuerpause tragen Israel und die radikal-islamische, im palästinensischen Gaza-Streifen regierende Hamas ihren Konflikt mit voller Härte aus - seit fast zwei Wochen und einmal mehr auf dem Rücken der Zivilbevölkerung. Nur während der wenigen Stunden der von den UN vermittelten humanitären Waffenruhe können sich die Menschen mit dem Nötigsten versorgen. Sonst kommt niemand rein und niemand raus, die Grenzen sind dicht. Es ist es ein beschwerliches, gefährliches Leben in diesem dichtbesiedelten, abgeriegelten Streifen am Mittelmeer: Nur zehn bis zwölf Stunden Strom am Tag, Lebensmittel, Wasser, Treibstoff und Medikamente gehen zur Neige. Eine aktuelle Reportage zum palästinensisch-israelischen Konflikt.
Autor: Markus Rosch, ARD-Studio Tel Aviv
Italien: Abgeschleppt - Das schwierige Erbe der Costa Concordia: Die Costa Concordia, die Insel und das Geld: Auf dem italienischen Eiland Giglio beginnt ein Streit über das "Danach" - die Zeit nach der spektakulären Bergung und dem endgültigen Abschleppen des havarierten Kreuzfahrtschiffs. Was soll aus der gigantischen Unterwasserplattform werden, die nach dem Unglück mit 32 Toten eigens zur Sicherung des Wracks in das Riff des Naturschutzgebietes gebohrt wurde, Bergungsbaustelle oder Freizeitpark? Die Reederei des gestrandeten Kreuzfahrtschiffs hat sich darauf festgelegt, alles so zu hinterlassen, wie es vor dem Schiffsunglück war. Sie will die Plattform vollends zurückbauen. Doch dagegen wächst nun ausgerecht auf Seiten der Einheimischen der Widerstand. Denn viele haben sich längst mit der Katastrophe arrangiert. Franca Melis sieht in der Konstruktion aus Stahl und Beton eine Attraktion für Tauchtouristen, die eine wichtige Einnahmequelle für die Urlaubsinsel sind und seit der Havarie oft ausblieben. Geht es nach ihr, könnte die Plattform gar zu einer Art Freizeitpark werden, wie "ein Disneyland unter Wasser", dessen Einnahmen der Kommune zu Gute kommen könnten. Zudem fürchten Melis und ihre Mitstreiter Umweltschäden, wenn durch den Rückbau erneut in die sensible Unterwasserwelt des Riffs eingegriffen wird. So sammeln sie bereits Unterschriften für eine Petition an die Regierung. Andere Bewohner sind wenig begeistert von der Aussicht, dass auch nur das geringste Überbleibsel des Schiffsunglücks ihr Inselidyll ver-schandelt. Und wie reagieren die Überlebenden der Havarie darauf, dass aus der Katastrophe am Ende noch Profit geschlagen werden soll?
Autor: Mike Lingenfelser, ARD-Studio Rom
Afghanistan: Selbstbewusst - Eine Frau fährt Taxi: Sie behauptet von sich, Afghanistans erste Taxifahrerin zu sein. Inzwischen gibt es in Mazar-i-Sharif im Norden des Landes noch eine knappe Handvoll mehr, aber das Fahren hat sie ihnen beigebracht: Sahra Bahayi fürchtet weder Verkehr noch konservative Konventionen oder Traditionen. Als gelernte Lehrerin und Vorsitzende des örtlichen Frauenrats fährt Sahra hinterm Steuer auch eine Botschaft durchs Land: "Mädchen, Frauen, lasst Euch nicht unterkriegen! Kommt raus aus Eurem Zuhause, an das Euch die Männer fesseln, und zeigt, was Ihr könnt, seid mutig und unerschrocken!" - Denn viele Frauen in Afghanistan kennen ihre Rechte nicht, also stellt Sahra klar: „Der Islam verbietet Frauen nicht das Autofahren, nirgendwo steht das geschrieben." Sie spricht mit Ehemännern und Eltern, ihre Frauen und Töchter endlich hinters Lenkrad zu lassen. Und auch, wenn sie deshalb schon Drohungen erhalten hat: Sie bleibt unbeeindruckt und stark. Sahra gibt Gas und fährt Taxi - und der Weltspiegel fährt mit.
Autor: Gabor Halasz, ARD-Studio Neu Delhi
Taiwan: Schoßhund-Wahn - Tiere für die Handtasche: Die beliebteste und teuerste Rasse ist die französische Bulldogge, ein echter Mode-Hund. Wenn ca. vier Monate alt, kostet er auf den Hundestraßen von Tai-peh und anderen asiatischen Metropolen rund 2.000 Euro. Aber auch Chihuaha, Pomeranian, Dackel und Pudel sind heiß begehrt. Je kleiner und niedlicher, desto besser. Denn dann passt das Tier als Spielzeug und Statussymbol auch in die Handtasche. Ein Lebewesen verkommt so zum Accessoire. Bei Nicht-mehr-Gefallen wird es ausgesetzt oder kostenlos ins Tierheim abgeschoben - Wegwerfhunde. Gesetze, die das Wohlergehen der Tiere regeln, gibt es kaum. Woher all die Vierbeiner kommen, unter welchen Umständen sie gezüchtet, gehalten und verkauft werden, das interessiert viele Hundebesitzer im aufstrebenden Asien nicht. Der Weltspiegel hat Behörden bei zwei Razzien auf Zuchtfarmen begleitet, die Eindrücke und Aufnahmen sind erschreckend: verwahrloste, abgemagerte Hunde - mit Knochenbrüchen oder genetischem Defekt, weil so hochgezüchtet. Manche Tiere können deshalb nicht mehr laufen. Tierschützer sagen: Etwa 50 Prozent schaffen es erst gar nicht bis ins Geschäft, sie verhungern auf den Farmen oder werden getötet, weil unverkäuflich. Wer noch in die Auslage kommt, muss binnen sechs Monaten an Frauchen oder Herrchen gebracht sein. Wenn nicht, dann landen die Tiere als Ladenhüter im Tierheim. Das Todesurteil. Ein Schicksal, das allein in Taiwan jährlich 100.000 herrenlose Hunde trifft.
Autor: Philipp Abresch, ARD-Studio Tokio
USA: Keine Gnade - Greise hinter Gittern: In vielen US-Strafanstalten bestimmen sie inzwischen das Bild: Greise hinter Gittern. Amerikas Gefängnisbevölkerung ist alt geworden, sehr alt. Rollstühle und Rollatoren: Manches Zuchthaus wirkt wie ein Seniorenheim. Allein im Bundesstaat Colorado hat sich die Zahl der Insassen über 65 innerhalb von zwei Jahrzehnten versiebenfacht. Viele werden hinter Gittern sterben, dann wird der Knast zum Hospiz. Betagte Gefangene sind wohl auch deshalb noch oft hinter Gittern, weil viele US-Haftanstalten privatisiert wurden. Konzerne kassieren dafür vom Staat - jeder Häftling maximiert den Gewinn: „Die halten uns lieber so lange wie möglich gefangen, wir sind bares Geld wert!", mutmaßt Insasse Lewis Erskine. Doch Colorados Justiz sieht keinen Anlass, das System zu ändern. Auch, weil sie weiß, dass es manchen der kranken Alten in Haft besser geht als in Freiheit.
Autor: Stefan Niemann, ARD-Studio Washington
Und im Weltspiegel-„Schnappschuss":
Schweden: "Surströmming" - Wie kann man das nur essen?: Er stinkt zum Himmel, gilt in Schweden aber als Delikatesse: Surströmming, der in Salzlake fermentierte Hering. Der vergorene Fisch ist hier Kulturgut. British Airways und Air France haben den Transport von Surströmming-Fischdosen verboten - Explosionsgefahr. Ruben Madsen, der Vorsitzende des schwedischen Surströmmingakademien meint, das sei Quatsch, da würde nix explodieren. Und überhaupt sei Surströmming eben eine Tradition. Mitte August darf der Fisch aus der Dose, in die er jetzt gerade abgefüllt wird. Wie man überhaupt etwas gen Mund führen kann, das so riecht, bleibt dem Nicht-Schweden ein Rätsel.
Autorin: Annette Leiterer, ARD-Studio Stockholm
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