Mo., 06.10.14 | 04:50 Uhr
Das Erste
Weltspiegel
Hongkong: Aufstand gegen Peking:
„Ein Land, zwei Systeme", das war das Versprechen an die Bürger Hongkongs bei der Rückgabe der ehemals britischen Kronkolonie an China. Damit konnte sich Hongkong eine Reihe an politischen Rechten und Freiheiten sichern, die China selber nicht zulässt. Für 2017 waren sogar freie Wahlen vorgesehen, die von Peking bekanntlich jetzt kassiert wurden. Seitdem besetzen Zehntausende junger Demonstranten die Straßen der Stadt. Hinter der Bewegung „Occupy Central" stehen aber auch große Teile der Mittelklasse, geht es doch nicht „nur" um Demokratie, sondern auch um soziale und wirtschaftliche Fragen. Kritisch dagegen sind diejenigen, die beste Geschäfte mit Peking machen, dessen Regierung vor der „Regenschirmrevolution" Angst hat, weil der Demokratisierungsfunke leicht auf das chinesische Mutterland überspringen könnte. Dort arbeitet die Zensur auf Hochtouren: die Ereignisse in Hongkong werden totgeschwiegen.
Autorin: Christine Adelhardt, ARD Peking
Mosambik: Sehnsucht nach der DDR: DDR-Fahnen und Peter Maffay aus dem Lautsprecher - Nostalgie im Süden Afrikas. Für einige Mosambikaner gab es nichts Schöneres als ihre Zeit als Gastarbeiter in der DDR: In den 80ern schickte Mosambik rund 20.000 Vertragsarbeiter in die Deutsche Demokratische Republik. Sie sollten dort Industrieberufe lernen, um mit ihrem Know-how nach der Rückkehr ihr Land wieder aufzubauen. Als die neue Elite des Landes - so das Versprechen. Doch von dieser Hoffnung blieb nicht viel übrig. Mit der deutschen Wiedervereinigung mussten auch die letzten mosambikanischen Arbeiter in ihre Heimat zurückkehren. Vorbei die Zeit, die viele von ihnen als „goldene Jugend" und „beste Zeit ihres Lebens" beschreiben. Was bleibt, ist die Erinnerung. Auch heute noch versammeln sich die „Madgermanes" regelmäßig im Zentrum Maputos, hissen die DDR-Flagge und träumen von den vergangenen Zeiten.
Autorin: Joana Jäschke, ARD Johannesburg
Kanada: Ölhafen im Tierparadies?: An der Hudson Bay hoch oben im Norden Kanadas liegt das kleine Städtchen Churchill, selbsternannte Welthauptstadt der Belugawale und Eisbären. Man lebt hier vom Tourismus. In Churchill liegt aber auch der einzige arktische Hafen Kanadas. Seitdem der Klimawandel dafür sorgt, dass die Hudson Bay immer länger eisfrei bleibt, weckt das neue Begehrlichkeiten: Die Route Churchill-Antwerpen wäre der schnellste und billigste Weg, um kanadisches Erdöl nach Europa zu verschiffen. Genau das plant die US-amerikanische Firma Omnitrax. Sie hat den Hafen und die Eisenbahnlinie für einen symbolischen Dollar von der Regierung gekauft. Die große Mehrheit der Bewohner von Churchill ist gegen den Ausbau des Hafens aus Angst vor einem Öl-Unfall. Dann wäre das Tierparadies zerstört und die Touristen blieben aus. Die Bedenken sind begründet. Auf der maroden Bahnlinie hat es bereits Unfälle gegeben, die unter den Tisch gekehrt wurden. Maria und Ryan kämpfen gegen den geplanten Ölexport, um die Tierwelt zu schützen: David gegen Goliath. Ihrem Engagement stehen die Verhandlungen über eine transatlantische Freihandelszone entgegen, die das Ölgeschäft mit den Europäern erst so richtig lukrativ machen würde.
Autor: Markus Schmidt, ARD New York
Brasilien: Marina gegen Dilma - eine Amazone will Präsidentin werden: Sie ist Nachfahrin von Sklaven, Tochter eines Kautschukzapfers, und hat erst als junge Frau Lesen und Schreiben gelernt. Sie stammt aus dem Bundesstaat Acre am Amazonasbecken, einer Region, die geprägt ist von Armut. Die heute 56jährige hat dort als junges Mädchen ebenfalls jahrelang den weißen Kautschuksaft geerntet, dann in der Gewerkschaft gearbeitet, um schließlich einer kommunistischen Untergrundorganisation beizutreten. Friedlich wollte sie die Welt, ihre Welt, verändern. Auf ihrem weiten Weg, aus dem Dschungel in die höchsten Ebenen der Politik, hat sie schwere Krankheiten wie Malaria, Hepatitis und eine Quecksilbervergiftung überstanden.
Gewerkschaftsführer Lula wurde in den Achtzigern auf sie aufmerksam, und als er an die Regierung kam, holte er Marina Silva als Umweltministerin in sein Kabinett. Marina gilt als das grüne Gewissen Brasiliens, sie steht politisch links und argumentiert trotzdem wirtschaftlich eher konservativ. Sie gilt als ehrlich, standfest, eine Person ohne Skandale. Und jetzt will Marina Silva Präsidentin Brasiliens werden.
Autor: Michael Stocks, ARD Rio de Janeiro
Libyen: Land am Abgrund: Auf der anderen Seite des Mittelmeers gilt Libyen als der große Kandidat für den nächsten Stellvertreterkrieg zwischen Islamisten und säkularen Kräften: Auch ein Waffenstillstand für die Dauer des Hadsch, der Pilgerfahrt nach Mekka, kann nicht darüber hinwegtäuschen: Das Land steht am Abgrund, zerrissen von Konflikten zwischen Stämmen, moderaten und radikalen Religiösen und den Milizen, die noch gemeinsam Diktator Gaddafi gestürzt hatten. Neben all diesen Fronten agiert noch General Khalifa Haftar mit seiner Privatarmee als graue Eminenz des Landes. Und die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) soll auch bereits in Libyen Fuß gefasst haben. Über 2000 Kämpfer seien über Tripolis ins Land eingereist. Wird Libyen zum Sprungbrett von IS und Al Kaida nach Europa?
Autor: Volker Schwenck, ARD Kairo
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