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Südkorea: Kontrolle ist besser - Wie das Land auf den Ausbruch reagiert

Südkorea: Kontrolle ist besser - Wie das Land auf den Ausbruch reagiert  | Bild: picture alliance/dpa / Lee Jin-Man

Südkorea war nach China das zweite Land, in dem sich das Coronavirus rasend schnell weiterverbreitete. Die südkoreanischen Behörden glauben, dass die meisten Infektionen im Land auf ein weibliches Mitglied einer christlichen Sekte zurückgehen. Jetzt hat Südkorea dem Virus den Kampf angesagt.

Tausende Essenskisten für Menschen in Quarantäne

Für Frau Kim, die zurzeit in Quarantäne ist, steht das Essen vor der Tür. Sie hatte Kontakt zu einem Corona-Infizierten und bleibt deswegen 14 Tage zu Hause - freiwillig! Per Videobotschaft bedankt sie sich: "Früchte, Eintopf, oh, da ist sogar koreanische Hühnersuppe. Ich hatte ehrlich sagt nur mit Instant-Produkten gerechnet und jetzt sind auch frische Lebensmittel dabei, vielen vielen Dank! Ich liebe euch!"  

Der Dank gilt 100 Helfern, die an einem Tag Tausende Essenskisten gepackt haben. Die Kosten dafür übernimmt die Regierung. "Die Menschen zu Hause müssen durch eine harte Zeit. Auch wenn die Kiste nur ein kleiner Beitrag ist, so hoffe ich doch, dass sie ihnen Kraft gibt und dass es ihnen mit unserer Unterstützung leichter fällt, durchzuhalten", sagt Helfer Kang Jeon-Ho. 15.000 Kisten sollen allein in die Region Daegu geliefert werden, denn dort wurden die meisten Corona-Infektionen festgestellt.  

In Daegu nimmt Corna seinen Anfang

Südkoreas Präsident Moon bei einer Pressekonferenz
Südkoreas Präsident Moon hat die Lage zunächst falsch eingeschätzt. | Bild: NDR

In Daegu nimmt die Epidemie ihren Anfang: Eine Frau inzwischen bekannt als "Patientin 31“ besucht nach einer Chinareise vier Gottesdienste der Shincheonji-Sekte. Heute weiß man: Sie infiziert in diesen Gebetsräumen mehr als 40 Sektenmitglieder und löst eine Kettenreaktion aus. Mehr als 4.000 Infizierte lassen sich allein auf die Sekte zurückführen, die Hälfte aller Corona-Fälle in Südkorea.  

Präsident Moon gibt sich anfänglich sehr entspannt – zu entspannt, sagen Kritiker. Der bevorstehende Besuch des chinesischen Staatschefs Xi Jingping habe ihn abgehalten, frühzeitig die Grenzen für Reisende aus der Volksrepublik zu schließen. Noch im Februar behauptet Moon, das Virus sei eingedämmt. Jeder könne normal weiterleben. Und der Präsident tut dies auch selbst, als er ausgelassen den Oscar für den Kino-Film "Parasite" feiert.  Doch als noch am selben Tag der erste Todesfall bekannt wird, beginnt Moons radikale Kehrtwende: Er erklärt dem Virus den Krieg. Moon, der wenige Wochen zuvor noch 1,5 Millionen Atemschutzmasken an China verschenkt hat, muss sich nun kleinlaut für einen Masken-Engpass entschuldigen: "Die Unannehmlichkeiten deswegen tun mir sehr leid."   

Mobile Einheiten führen Massenschnelltests durch

Eine Person im Schutzanzug reicht ein Mundstäbchen in ein Auto.
Südkorea ist das erste Land, das Massenschnelltests durchführt. | Bild: NDR

Moon lässt als erstes Land weltweit Massenschnelltests durchführen, wie beim Drive-In im Schnellrestaurant. Stäbchen kurz in Mund und Nase - dauert keine Minute und wird vor Ort in 24-Stunden-Laboren ausgewertet. Das Ergebnis kommt im zwei Tagen. Die Menschen per SMS informiert, werden gebeten, bis dahin in Quarantäne zu bleiben. Um die 90 mobile Einheiten soll es landesweit geben. Südkorea schafft so an die 20.000 Tests pro Tag.

Mit den Massentests steigt auch die Zahl der erkannten Fälle – und der Ansturm auf die Krankenhäuser. Vor allem in Daegu. Mehr als 1.000 Patienten sollen zwischenzeitlich auf ein freies Bett gewartet haben. "Zahlreiche unserer Leute mussten selbst in Quarantäne. Es fehlt einfach an allem, das macht es richtig schwierig für uns", erklärt Ryu Hyun-Wook vom Kyungpook Universitätsklinikum in Daegu. Mindestens zwei Patienten sollen gestorben sein, weil sie nicht aufgenommen werden konnten. Die Behörden reagieren: Leichtere Fälle werden nur noch außerhalb von Krankenhäusern behandelt.   

Um die Ausbreitung des Virus zu verhindern, setzt Südkorea auch auf lückenlose Information: "Wenn ich in der Nähe eines Patienten bin oder an einem Ort, an dem es bestätigte Fälle gab, dann bekomme ich Handy-Nachrichten. Sie sagen mir, in deiner Nähe hat es einen Corona-Fall gegeben, versuch diese Gegend zu vermeiden", sagt Sohee Leem, Mitarbeiterin einer deutschen Firma in Seoul. Manche empfänden das als Panikmache, erzählt Sohee Leem. Aber sie selbst sei lieber vorbereitet. Möglich wird diese lückenlose Information durch lückenlose Überwachung. Wärmebild-Kameras suchen nach fiebrigen Menschen.

In Deutschland wäre dies aus Datenschutzgründen undenkbar. Doch dieses Vorgehen rettet – statistisch gesehen – Leben. Südkorea hat eine der niedrigsten Corona-Sterberate weltweit von 0,7 Prozent. Anfang der Woche scheint sich die Lage im Land zu entspannen, doch dann infizieren sich auf einen Schlag mehr als 100 Menschen in einem Callcenter in Seoul. Die Reaktion: Noch vor Ort Tests auf Corona. Zwar fällt die Zahl der Neuansteckungen und die der Geheilten steigt, aber freiwillige Unterstützung wie die der Quarantäne-Kistenpacker wird wohl noch einige Zeit gebraucht werden.

Autorin: Barbara Jung, ARD Tokio

Stand: 15.03.2020 20:17 Uhr

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