So., 15.03.20 | 19:20 Uhr
Das Erste
USA: Reisebeschränkungen und immer mehr Corona-Fälle
Aufklären über das Coronavirus und die Rechte der Arbeiter an Washingtons internationalem Airport – Gewerkschafterin Sarah Jacobson kämpft dafür, dass die Löhne weiter gezahlt werden, obwohl hier viel weniger Flugzeuge landen, Passagiere ausblei-ben und deshalb Zwangsurlaub droht: "Wenn sie dich nach Hause schicken, weil deine Gesundheit gefährdet ist, dann solltest Du trotzdem bezahlt werden!"
Viele Airportangestellte arbeiten im Niedriglohnsektor bei einem Großkonzern mit Milliardenumsatz. Sie fühlen sich in der Corona-Krise alleingelassen. "Schulen schließen, das ist bestimmt eine gute Idee, aber ich hoffe, dass sie auch an Leute wie mich denken, die nun kein Einkommen und keine Krankenversicherung haben werden, vielleicht für Wochen", sagt Rob Wohl. Michelle Styczynsky ergänzt: "Ich hab' Angst, muss doch meinen Studienkredit noch abbezahlen, weiß gar nicht wie das gehen soll ohne Gehalt."
In Amerikas Gastronomie ist Lohnfortzahlung im Krankheitsfall unüblich. Deshalb gehen viele krank zur Arbeit, hochriskant in Corona-Zeiten: "Die Leute sind mit einer Krise konfrontiert. Niemand will krank sein oder gar jemanden anstecken. Aber wenn du nicht weißt, wie du am Monatsende deine Rechnungen bezahlen sollst, bist Du in einem Dilemma: Entweder krank arbeiten oder zu Hause bleiben und Lohn einbüßen", sagt Jacobson.
Coronavirus hält USA in Atem
Inzwischen melden fast alle Bundesstaaten Corona-Fälle. Das Virus breitet sich aus, die Krise hält die USA in Atem - einige Beispiele:
- Wegen 21 Erkrankter wird die Kreuzfahrt der Grand Princess vor Kaliforniens Küste gestoppt. Für 3.500 Passagiere und die Crew heißt dies statt Karibik Quarantäne.
- In diesem Seniorenheim bei Seáttle sind 25 Menschen an dem Virus gestorben, von den 180 Angestellten hat sich ein Drittel angesteckt.
- Timothy Cole gilt als erster Patient in Washington DC. Der Priester hat kurz vor der Diagnose noch zum Abendmahl gebeten – rund 500 Gläubige.
- Ein Vorort von New York wird zum Krisengebiet – 113 Einwohner von New Rochelle sind infiziert. Die einzige positive Nebenwirkung: Hier gibt es endlich, worauf viele Menschen warten: -den ambulanten Virentest im eigenen Auto.
Einreisestopp für Menschen aus dem Schengen-Raum
Der Kongress ist im Krisenmodus. Die Abgeordneten wollen wissen, warum die USA nicht wie andere Industrienationen in der Lage sind, landesweit ausreichend viele Verdachtsfälle zu testen. Amerikas Top-Immunologe kommen in Verlegenheit. Anthony Fauci, Direktor Nationales Institut für Infektionskrankheiten: "Die Idee, dass alle einfach diese Tests erhalten, wie das andere Länder machen, darauf sind wir nicht eingestellt. Das System ist nicht, was wir jetzt bräuchten. Das ist ein Versagen, das müssen wir zugeben!"
Die Behörden beteuern, es werde fieberhaft daran gearbeitet, mehr Test-Kits und Laborkapazitäten bereitzustellen, damit die Bevölkerung erfährt, wie schlimm die Pandemie die USA wirklich erwischt hat. Nachdem er die Gefahren durch das Corona-Virus wochenlang kleinredete, hat Präsident Trump drastische Maßnahmen verhängt. Der Einreisestopp für Menschen aus dem Schengen-Raum sollte nur der Anfang sein "Um die volle Kraft unserer Regierung zu entfesseln erkläre ich den nationalen Notstand. Was ich hier tue, ermöglicht Zugang zu Mitteln von bis zu 50 Milliarden Dollar", so Trump. Dass er als Krisenmanager versagt habe, der Präsident mag diese Kritik nicht gelten lassen: "Sie wissen doch, dass Europa jetzt als Hotspot gilt. Und diese Grenze haben wir ja bereits geschlossen. Mit Glück oder Talent – wie Sie wollen."
Dem Präsidenten sitzen auch die Demokraten im Nacken. Sie haben ein Gesetzespaket vorgelegt, das kostenlose Viren-Tests und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall für zwei Wochen beinhaltet. Ein Hoffnungsschimmer am Horizont.
Autor: Stefan Niemann, ARD Washington
Stand: 15.03.2020 20:15 Uhr
Kommentare