So., 26.03.23 | 18:30 Uhr
Malawi: Überleben nach dem Monster-Sturm
Malawi im südöstlichen Afrika gehört zu den ärmsten Ländern des Kontinents. Nachdem der Zyklon "Freddy" innerhalb eines Monats zweimal über das Land gezogen ist, sind große Teile der Region zerstört. Hunderte Tote und Zehntausende Obdachlose werden inzwischen beklagt. "Freddy" ist der am längsten anhaltende Sturm seit Beginn der Aufzeichnungen.
Damiano Muyaya sucht nach seiner Frau und seinen beiden Kindern. Irgendwo unter einer Schlammwüste müssen sie liegen. Die Armee hilft bei der Suche. Tagelang hatte es heftig geregnet. Am 13. März passierte es dann. Damiano Muyaya erinnert sich: "Von oben kam eine riesige Wasser- und Schlammlawine herunter, mit großen Steinen. Ich rief meiner Frau zu, sie solle mit den Kindern wegrennen. Aber es war zu spät. Ich wurde gegen einen Felsen geschleudert. Meine Frau und meine Kinder wurden weggerissen."
Ein paar Meter weiter entkam Epifanio Tambala mit seiner Familie nur ganz knapp der Katastrophe. Sein Haus ist zerstört, aber er und seine Familie überlebten. "Es wurde plötzlich sehr laut, ein Höllenlärm war das. Ich bin aus dem Haus gegangen, und direkt vor mir kam die Lawine herunter. Schlamm, Bäume, Wasser, Teile von Hausmauern, all das wurde runtergeschwemmt, auch Menschen", erzählt Epifanio Tambala.
Tonnenschwere Felsbrocken zermalmten viele Gebäude
Die Lawine kam mit immenser Wucht herunter. Wo der Schlamm jetzt meterdick steht, standen vorher Häuser. Tonnenschwere Felsbrocken zermalmten viele Gebäude vollständig. Auch weiter unten im Dorf gibt es immense Schäden. Bis zum 13. März gab es eine Straße. Lisa Samu betreibt genau an der Straßenecke ihren Gemüseladen. "Aus den beiden Baumstämmen da drüben haben wir eine Brücke gebaut. Es war sehr schwer, von einer Straßenseite zur anderen zu kommen, überall war reißendes Wasser", sagt Lisa Samu.
In Notunterkünften sind Tausende von Menschen untergebracht, auch in dieser Grundschule, die geschlossen wurde. Helfer versuchen, die Kinder abzulenken, sie haben Schreckliches gesehen. Schulen, in denen keine Flutopfer untergebracht sind, werden ab morgen wieder geöffnet, diese hier aber nicht. Immerhin, sie haben zu essen, Maisbrei, etwas Tomatensoße, Spinat. Aber nur, weil die Notunterkunft in der Nähe der Stadt Blantyre liegt. Auf dem Land gibt es nichts. Die Preise für Grundnahrungsmittel sind rapide gestiegen. Mais zum Beispiel kostet derzeit das 400-fache wie im Vorjahr.
Drohnen-Einsatz: Malawi führend in Afrika
Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen, das malawische Rote Kreuz und die Regierung betreiben gemeinsam ein Projekt, um das Ausmaß der Schäden zu dokumentieren. Mit Aufklärungs-Drohnen fliegen sie über Gebiete, die immer noch von der Außenwelt abgeschnitten sind. So wollen sie herausfinden, wo der Wiederaufbau am dringlichsten ist. Sie greifen auf alte Luftaufnahmen zurück und vergleichen sie mit ihren aktuellen Drohnen-Bildern. Wie bei einer Aufnahme einer zerstörten Brücke an der Grenze zu Mosambik.
Beim Einsatz von Drohnen gilt Malawi als führendes Land in Afrika. "Jeden Tag bekommen wir neue Daten. Derzeit können wir nur sehr vage beurteilen, wie belastungsfähig diese sind. Aber wir haben herausgefunden, dass in den abgelegenen Gebieten noch über 300.000 Menschen zusätzlich von den Fluten betroffen sind", sagt Wonderful Kunje vom Roten Kreuz Malawi. Was man früher nie so schnell erfahren hätte! Der Einsatz der Drohnen im Krisengebiet gilt als großer Erfolg
Das Bezirkskrankenhaus der Stadt Chikwawa. Auch hier gibt es Drohnen. Sie bringen Medikamente zu den abgelegenen Kranken-Stationen auf dem Land. Zweieinhalb Kilogramm kann jede befördern. Der Bezirk ist immer noch in weiten Teilen überschwemmt. Fluss-Überquerungen, wo bis vor kurzem noch kein Fluss war. Eine Brücke, die ein Tropensturm vergangenes Jahr zerstört hatte, immer noch nicht repariert.
Blutproben werden per Drohne transportiert
Es sind Kranken-Stationen wie die von Kakoma, die von den Transporten profitieren. Hier werden vor allem Malaria-Patienten behandelt. Sie sind für 36.000 Menschen in diesem Bezirk die einzige Anlaufstation. Die jetzt ausgebrochene Cholera können sie hier nicht behandeln. Die Drohnen aber seien ein Segen. "Bei einem Notfall, oder wenn ich zum Beispiel dringend Blutproben verschicken muss, ist die Drohne innerhalb kürzester Zeit da. Mit dem Auto dauert der Transport sechsmal so lang", erzählt Maxwell Yambeni vom Kakoma Health Centre. An diesem Tag aber muss er auf die Medikamente verzichten. Kurz nach dem Start muss die Drohne wieder zurückfliegen und landen. Die Armee hat die Lufthoheit, sie entscheidet, welche Drohnen wann welchen Korridor benutzen dürfen.
Damiano Muyaya ist unterdessen wieder in die Notunterkunft zurückgekehrt, in der auch er untergekommen ist. Wieder wurden seine Frau und seine Kinder nicht gefunden. Aber morgen wird er es wieder versuchen.
Autor: Richard Klug, ARD-Studio Johannesburg
Stand: 26.03.2023 19:36 Uhr
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