Mo., 14.12.20 | 23:50 Uhr
Das Erste
Geschichte im Ersten: Stramm rechts im Parlament
Nie wieder Nationalsozialismus – mit dieser Begründung wurde am 10. Oktober 1945 die NSDAP verboten. Doch die stramm rechten Parteien verschwanden deshalb nicht aus Deutschland – weder aus West noch aus Ost. Abgeordnete der äußersten Rechten schafften es seit 1949 immer wieder in die Parlamente. Schon im ersten Bundestag saßen Politiker, die sich in einer nationalsozialistischen Tradition sahen. Die Radio-Bremen-Dokumentation von Nadja Kölling zeichnet die Erfolgswellen der rechten Parteien in Deutschland seit 1945 bis heute nach. Sie zeigt, welchen Einfluss rechte Parteien in Westdeutschland hatten und spürt dem verborgenen rechten Denken und Handeln in der politischen Landschaft der DDR nach.
Rechtsgerichtete Politik wirkte in der jungen Bundesrepublik weiter
Die Sozialistische Reichspartei (SRP) fuhr zu Beginn der 1950er Jahre mit unverhohlen antisemitischen und nationalistischen Forderungen große Wahlerfolge ein – vor allem in Norddeutschland. Die Partei wurde 1952 vom Bundesverfassungsgericht verboten.
Aber rechtsgerichtete Politik wirkte in der jungen Bundesrepublik weiter. So war die damalige FDP im Kabinett Konrad Adenauers zwar in demokratischer Regierungsverantwortung, präsentierte sich aber als Kämpferin für die Rückgewinnung der Ostgebiete des Großdeutschen Reichs. Der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) erinnert sich: "Die FDP bestand damals aus Blutordensträgern, SS-Leuten, Ortsgruppenleitern. Sie hatten das Ziel, alte Nazis als Wähler zu gewinnen." Aus der FDP heraus plante Werner Naumann, ehemaliger Staatssekretär in Goebbels´ Propagandaministerium, sogar einen Putsch gegen die Bundesregierung. Sein Ziel: Die Wiedererrichtung eines nationalsozialistischen Staats. Nur durch das Eingreifen der britischen Besatzungsmacht konnte der Umsturz 1953 verhindert werden.
Auch in der DDR gab es einen rechten Rand
Auch in der vermeintlich antifaschistischen DDR gab es einen rechten Rand, wenn auch nicht in Form einer Partei. Daniela Münkel untersuchte die damaligen Stasi-Unterlagen und entdeckte Erschreckendes: "Die Staatssicherheit berichtet schon in den 50er Jahren, dass es antisemitische Schmierereien gab. Die Stasi bezeichnete das als Rowdytum", so Münkel. Doch diese Rowdys nannten sich Kampfbund nationalsozialistischer Erneuerer des Großdeutschen Reiches oder Faschistische Lehrlingspartei.
Und danach? Mit der ersten größeren Wirtschaftskrise 1966/67 machte sich eine zweite Welle von Rechtsaußen in der Bundesrepublik bemerkbar. Die Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) schaffte es zwar nie in den Bundestag, aber das lag eher an ihrer organisatorischen Schwäche als an fehlendem Wählerpotenzial.
1983 gründeten enttäuschte CSU-Politiker die Partei Die Republikaner. Der damalige CSU-Generalsekretär Erwin Huber war vom Erfolg der neuen Rechten überrascht. Ihm wurde klar: "Unsere Demokratie ist sehr stark, aber die Zahl der Feinde und der Gegner nimmt leider zu." Mit offen ausländerfeindlichen Wahlslogans schaffte die Partei 1989 auf Anhieb den Sprung in das Europaparlament und zog auch ins Berliner Abgeordnetenhaus ein. Innerparteiliche Kämpfe brachten aber auch diese rechte Partei zu Fall.
Mit dem Fall der Mauer wurde der Osten Deutschlands zum neuen Dreh- und Angelpunkt rechter Politik. Der Historiker Frank Bösch beschreibt: "Mit der Wiedervereinigung wurde ein Gefühl von neuer Größe geweckt. Und gleichzeitig wurden immer mehr Flüchtlinge aufgenommen. Das ist die Gefühlslage, mit der die Rechten in die Landtage des Ostens kommen." Nach den Wahlergebnissen der Deutschen Volksunion (DVU) Ende der 90er Jahre in Sachsen-Anhalt, wenig später die der NPD in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern und die der AfD seit 2013 hatte und hat die politische Landschaft in Deutschland Parteien rechts der Mitte.
Welche politische Wirkung haben die rechten Parteien seit 1949? Schaden sie der Demokratie oder sind sie Ausdruck einer lebendigen Debattenkultur? Antwort auf diese Fragen sucht die Radio-Bremen-Dokumentation "Stramm rechts im Parlament".
Ein Film von Nadja Kölling
Eine Bremedia-Produktion im Auftrag von Radio Bremen für Das Erste
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