Antworten auf Zuschauerfragen

Zur Story im Ersten "Kann das Elektroauto die Umwelt retten?"

Wie kommen Sie auf 17 Tonnen CO2?

Die 17 Tonnen CO2 sind ein Mittelwert, zwischen den 15 t und 20 t, der sich aus den Berechnungen des IVL-Instituts für eine rund 100 kWh große Batterie ergeben, so wie sie die deutschen Autobauer für ihre zukünftigen Modelle planen. Gerade wenn, wie aktuell bei den deutschen Herstellern, die Batteriezellen in China und Südkorea gefertigt werden, ist das nach wie vor eine gültige Zahl. 

Die IVL-Studie ist längst widerlegt.

Das stimmt so nicht. Die Klimabilanz von Elektroautos hängt stark vom Strommix im Herstellungsland ab. Die Batteriezellen, die die deutschen Hersteller für ihre Elektroautos verwenden, stammen aktuell größtenteils aus China. Und dort dominiert Kohlestrom. Daher stimmen die vom IVL-Institut errechneten Werte von 150-200 kg CO2 pro kWh.

Die im Mai 2017 im Auftrag des schwedischen Verkehrsministeriums erschienene Studie "The Life Cycle Energy Consumption and Greenhouse Gas Emissions from Lithium-Ion-Batteries" ist eine Metastudie, so wie fast alle Studien zum Thema Elektromobilität. Metastudie heißt, dass andere Studien zu dem Thema ausgewertet und neu zusammengefasst werden.

Was in der Vergangenheit zu Recht angegriffen wurde: Die Berichterstattung vermischte oft die originären Ergebnisse der Studie mit den eigenen Berechnungen eines schwedischen Journalisten. Der hatte in einem der ersten erschienen Artikel zum Thema berichtet, dass bereits beim Autokauf bei einem Tesla S 17.500 Tonnen CO2 angefallen sind und er gegenüber einem Auto mit Verbrennungsmotor erst nach 8,2 Jahren einen Break-even-Point in der Klimabilanz erreichen würde. Das hat heftige Kritik ausgelöst, unter anderem von Elon Musk persönlich, weil Tesla seine Batteriezellen selbst fertigt, dazu eigenproduzierten Solarstrom verwendet und die Klimabilanz dementsprechend besser ist. Diese Berechnung wurde in folgenden Artikeln oft der Studie zugeschrieben, was faktisch falsch ist.

Die Autorinnen der Studie haben sich von diesen Zahlen distanziert. Sie haben sie ja auch nicht berechnet. Im Rahmen der Studie wurde lediglich der CO2-Ausstoß pro kWh belegt.

Auch ein im edison.Handelsblatt erschienener Artikel zweifelt die vom IVL errechneten Werte an. Der Artikel zitiert die singuläre Berechnung anhand eines Fords mit einer 24kWh großen Batterie von LG Chem aus Südkorea. Die Redakteure kommen in dieser Rechnung auf einen Wert von 140 kg CO2 pro kWh. Auch Forscher des MIT kommen in einer Studie auf einen niedrigeren Wert. Allerdings haben sie für ihre Berechnungen den deutschen Strommix zu Grunde gelegt. Unter Berücksichtigung des chinesischen Strommixes, wie in den Batterien deutscher Hersteller kommt auch das edison.Handelsblatt auf 150 kg CO2 pro Kilowattstunde.

Aber bei Tesla liegt der Wert viel niedriger.

Das liegt vor allem daran, dass Tesla seine Batteriezellen selbst herstellt und dazu eigenproduzierten Solarstrom verwendet. Allerdings beziehen wir uns in unserem Beispiel nicht auf die Autos von Tesla, sondern besprechen die Batteriezellenherstellung für die großen SUVs deutscher Hersteller, die ihre Batteriezellen aktuell aus China und Südkorea beziehen. Dort wird noch immer mit Kohlestrom produziert.

Andere Studien sagen aber, dass E-Autos schon jetzt einen Klimavorteil haben.

Jedes Elektroauto fährt irgendwann in einen Klimavorteil. Auch wir erzählen das. Allerdings hängt der Zeitpunkt von der Größe der Batterie ab. Das BMU rechnet in einem oft zitierten Papier mit einem Elektroauto mit einer realen Reichweite von 170 km.  Das MIT hat einen Tesla X P100D mit einem Ford Fiesta SFE Ecoboost verglichen und errechnet, dass es im Vergleich des SUV mit dem Kleinwagen 175.000 km braucht, bis der Break-even-Point erreicht ist. Eine Metastudie für Agora Verkehrswende nennt keine Batterie-Referenzgröße für ihre Berechnungen. Daher ist es schwer zu sagen, welches Elektroauto hier besser abschneidet. Das Umweltbundesamt, welches zu dem gleichen Ergebnis wie Agora Verkehrswende kommt, rechnet als Referenz mit einem BEM 100, also einem E-Auto mit 100 km Reichweite.

Aber Recycling verbessert doch die Klimabilanz.

Das Thema Recycling ist wichtig. Nur so lässt sich die Klima- und auch Umweltbilanz von Elektromobilität wirklich verbessern. Sie werden sicherlich beim Anschauen des Films gesehen haben, dass wir dieses Thema ausführlich besprochen haben und dass es hier leider noch an politischem Willen zu einer wirklich effektiven Lösung fehlt. Sie werden sicher auch gesehen haben, dass wir das Elektroauto keinesfalls schlecht machen, sondern die Frage stellen, wie ökologisch sinnvoll der Trend der deutschen Hersteller zu immer größeren E-Autos mit immer größeren Batterien ist.

Im Film wird verschwiegen, dass Batterien gar nicht so schädlich sind, weil sie danach als Stromspeicher weiter verwendet werden können.

Das Thema Second-Life spielt bei der Umwelt- und Klimabilanz insofern keine Rolle, als dass für jedes neu produzierte Elektroauto wieder Primärrohstoffe verwendet werden, selbst wenn die Batterie im Anschluss noch Verwendung findet. 

Verbrenner haben aber auch Batterien.

Starterbatterien in herkömmlichen Autos mit Verbrennungsmotor sind in der Regel Bleibatterien mit einer Leistung von wenigen Watt.

Wie ist denn der Stand in der Forschung zu alternativen Rohstoffen?

Für Elektroautobatterien wird zu der Verwendung von alternativen Rohstoffen geforscht. Die Firma Dyson hat zum Beispiel angekündigt, in das von ihnen produzierte Elektroauto eine Feststoffbatterie einzubauen. Stand jetzt gibt es zur Lithium-Ionen-Batterie keine Alternative.

Haben E-Auto überhaupt einen Klimavorteil?

E-Autos sind unter bestimmten Voraussetzungen bereits heute bei der CO2-Bilanz im Vorteil: Bei hoher Kilometerleistung wie bei Paketdiensten oder Taxis. Oder kleiner Batterie mit einer Reichweite unter 200 km. Oder wenn ein Hersteller wie Tesla seine Batteriezellen selbst herstellt und dazu eigenproduzierten Solarstrom verwendet. Das trifft aber leider noch nicht für die großen und schweren E-Autos von Audi, Porsche, BMW und Mercedes zu, die schon auf dem Markt sind (Audi) oder demnächst auf den Markt kommen.

Die Emissionen von Elektroautos können auf null heruntergefahren werden, wenn sie mit Solarstrom etwa vom eigenen Dach versorgt werden.

Am meisten Energie verbraucht ein Auto (Elektro ebenso wie Verbrenner) bei der Herstellung, und da die Batteriezellen für Autos deutscher Hersteller heute noch fast ausschließlich in China (und Südkorea) hergestellt werden, steckt leider auch viel schmutziger Kohlestrom in diesen E-Autos.

Der größte Teil des Lithiums kommt aus Australien.

Die neuen Bergwerkskapazitäten werden fast ausschließlich in Lateinamerika (Bolivien, Chile und Argentinien) aufgebaut, weil dort der Abbau von Lithium aus den Salzseen im Hochland der Anden am billigsten ist. Bergwerke in Europa sind deshalb in absehbarer Zeit nicht wettbewerbsfähig.

Fach-Artikel beweisen, dass Lithium-Abbau gar nicht so schlimm ist.

Dabei wird oft auf einen Text aus dem Magazin "Edison" hingewiesen. Wir haben vor Ort in Argentinien recherchiert und sind auf andere Ergebnisse gekommen. Im Einzelnen: In dem Artikel wird ein Foto vom traditionellen manuellen Abbau von Kochsalz gezeigt mit der Bildunterschrift "So sieht der Lithiumabbau in Bolivien aus". Lithium wird aber aus der Tiefe gefördert und braucht ganz andere, massive und großtechnische Vorrichtungen.

Dann wird eine irische Studie zitiert, die sagt: Der Lithium-Abbau könnte "ohne größere Umwelteffekte" geschehen. - KÖNNTE -. Leider sind diese Methoden doppelt so teuer, und kein einziger Bergbaukonzern weltweit hat sie deshalb in Anwendung und zieht auch nur in Betracht, sie in Anwendung zu nehmen. Dann wird gesagt, der Umwelteffekt von Lithium-Abbau sei geringer als der Abbau von Gold oder Seltenen Erden. Stimmt, die Chemikalien, die eingesetzt werden, sind bei Lithium zum Glück weniger giftig. Aber seltene Erden werden leider auch in den E-Autos verbaut. Dann wird gesagt, das Hauptproblem sei das knappe Wasser, "vor allem für Rinderbauern". Im Hochland der Anden gibt es überhaupt keine Rinder, es sind fast ausschließlich Lamas, dazu ein paar Ziegen oder Schafe.

Dann wird angezweifelt, dass zwei Millionen Liter Wasser (Sole) pro Tonne Lithium hochgepumpt werden müssen. Doch diese Zahl ist leider sogar eine eher konservative Schätzung, folgt man der Studie des argentinischen Hydrogeologen Marcelo Sticco, die auf Messungen von den Bergbauunternehmen in der argentinischen Region Jujuy selbst basiert. Der Wissenschaftler warnt, dass die wasserverschwendenden Abbau-Methoden ein ökologisches Desaster auslösen werden. Auch eine Kollegin vom Deutschlandfunk, die ebenfalls persönlich vor Ort recherchierte, bestätigt das in ihrem Bericht:
https://www.deutschlandfunk.de/lithium-abbau-in-suedamerika-kehrseite-der-energiewende.724.de.html?dram:article_id=447604

Dann wird gesagt, das Wasser gehe nicht gänzlich verloren, "der verbleibende Rest wird wieder in den Boden gepumpt": Das stimmt leider nicht, wir haben vor Ort keine einzige Lithium-Operation gesehen, die Restwasser wieder zurückpumpt. Auch wird argumentiert, dass die Erdölförderung neben dem ökologischen Fußabdruck noch andere negative Auswirkungen wie Krieg und Vertreibung mit sich bringt. Das ist tatsächlich ein stichhaltiges Argument. Allerdings bewegen wir uns im Anden-Hochland in eine ähnliche Richtung, die Vernichtung einer jahrtausendealten indigenen Kultur.

Schließlich wird die Wassermenge, die aus den Salzseen für den Lithium-Abbau abgepumpt wird, mit der Wassermenge verglichen, die täglich in den Braunkohlerevieren Deutschlands abgepumpt wird. Doch Wasser hat in einer Wüstengegend eine ganz andere Bedeutung als Wasser in einem Land, in dem es viel regnet. Im Hochland der Anden, in denen es nur einmal im Jahr regnet (an manchen Stellen sogar nur alle sieben Jahre im Durchschnitt), ist ein Liter Wasser vielfach so kostbar wie andernorts.

Dass Bolivien einen verträglichen Weg gehen will, macht Hoffnung, allerdings arbeiten sie mit denselben Firmen, die dann auf einem Weltmarkt bestehen müssen, dessen Preise vom Abbau in Chile und Argentinien diktiert werden. Deshalb stockt die Produktion in Bolivien – leider.
Am Ende wird ein Startup aus Thüringen genannt, das noch Wasser aus dem Prozess des Lithium-Abbaus gewinnen will. Klingt gut. Aber: In Thüringen werden die Gestehungskosten auf das Dreifache geschätzt im Vergleich zu den Anden, weil hier das Lithium aus Gestein gewonnen werden muss. Ein wirtschaftlich erfolgreicher Abbau ist deshalb in weiter Ferne.

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