Mo., 23.08.10 | 21:00 Uhr
Das Erste
Johnny Cash
Wenn Johnny Cash über unerfüllte Liebe, Einsamkeit oder die Sehnsucht nach dem Tod sang, dann glaubte man ihm das, denn er kannte die Abgründe des Lebens. Immer wieder war Johnny Cash ganz unten und rappelte sich dennoch wieder auf: Er ließ sich bis zur Besinnungslosigkeit gehen, war viele Jahre drogenabhängig, schaffte den Entzug, kämpfte jedoch immer wieder mit Rückfällen.
Er ruinierte seine erste Ehe, führte aber danach über 35 Jahre eine Bilderbuchbeziehung mit seiner großen Liebe June Carter. Er wurde von seiner Plattenfirma fallengelassen und feierte auf einem kleinen, unabhängigen Label international ein sensationelles Comeback.
In seiner fast 50-jährigen Karriere schrieb der amerikanische Country-Sänger mehr als 500 Songs und verkaufte weltweit mehr als 53 Millionen Tonträger. Sogar seine letzten Aufnahmen, die er sterbenskrank kurz vor seinem Tod 2003 einspielte und die in diesem Jahr posthum veröffentlicht wurden, schafften es in die US-amerikanischen und deutschen TopTen der Charts.
Johnny Cash war ein charismatischer Charakterkopf und begnadeter Sänger und Musiker, bei dem die Menschen bis heute finden, was sie im Showgeschäft sonst meist vergeblich suchen: Glaubwürdigkeit. Oder, wie es sein ehemaliger Produzent und Freund Jack Clement in "Legenden: Johnny Cash" sagt: "Niemand wird Johnny Cash und seine Bedeutung in der Welt je ganz erklären können. Es war schlicht magisch. Vielleicht war er einfach – ein Heiliger?"
Die meisten Deutschen kennen Johnny Cashs Leben vor allem aus dem Kinofilm "Walk the Line", der die Ereignisse bis 1968, bis zum Happyend mit June Carter, erzählt. Doch Johnny Cash hat auch danach – insbesondere in den letzten zehn Jahren seines Lebens – noch Musik- und amerikanische Zeitgeschichte geschrieben.
Die Dokumentation zeigt neben der bekannten Liebes- und Leidensgeschichte auch Cashs in Deutschland weniger bekannte, durchaus widersprüchliche Seiten: sein öffentliche Kritik am Vietnamkrieg einerseits, seinen unbedingten Patriotismus andererseits, seine bereitwillige Nähe zur Politik – von Nixon bis Carter, sowie Cashs fast schon missionarischen religiösen Eifer.
Die amerikanischen Filmemacher Morgan Neville und Robert Gordon haben für ihre Dokumentation Johnny Cashs Kinder, bekannte Musikerfreunde wie Marshall Grant, Bob Dylan, Kris Kristofferson und Rick Rubin und viele weitere Zeitzeugen interviewt. Die 90-minütige, amerikanische Originalversion der Dokumentation ist von Johnny Cashs Sohn John mit produziert worden und enthält zum Teil exklusives Archivmaterial, das in dieser Form noch nicht im deutschen Fernsehen zu sehen war.
Film von Robert Gordon und Morgan Neville