So., 22.01.23 | 12:03 Uhr
Das Erste
Presseclub
Selenskyjs Hilferufe bleiben ungehört: Die Bundesregierung hat keine Freigabe für die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern erteilt, auch nicht ihren Verbündeten. Sie will aber ihre eigenen Bestände in der Industrie und bei der Bundeswehr überprüfen. Nur zu dieser Zusage hat sich Verteidigungsminister Pistorius in Ramstein durchgerungen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Ob die Ukraine tatsächlich irgendwann den deutschen Kampfpanzer Leopard bekommt, um sich gegen Russland wehren zu können, ist also weiter offen.
Der ganze Druck auf Kanzler Scholz und die Bundesregierung hat nichts gebracht – obwohl die Erwartungshaltung an ihn enorm ist: Nicht nur von der Ukraine, den NATO-Partnern, vom EU-Parlament, von CDU/CSU, sondern vor allem auch von seinen eigenen Koalitionspartnern FDP und Grüne. Warum zögert der Kanzler, den Leopard freizugeben? Beobachter sind sich einig, dass die Verteidigungspolitik nach wie vor im Kanzleramt gemacht wird. Warum riskiert Scholz, außenpolitisch als Bremser dazustehen? Warum riskiert er als Schuldiger für das Sterben von Zivilisten in der Ukraine verantwortlich gemacht zu werden? Bisher gibt es bei Putin keine Anzeichen dafür, seinen brutalen Vernichtungskrieg gegen die Ukraine zu beenden. Im Gegenteil. Politische Beobachter befürchten sogar eine neue Großoffensive in diesem Frühjahr. Könnte der Leopard das Blatt auf dem Schlachtfeld wenden? Was passiert, wenn das nicht ausreicht, um die konventionelle Überlegenheit der Russen zu brechen? Liefert die NATO dann demnächst Kampfflugzeuge? Welche Strategie verfolgt der Westen im Krieg zwischen Russland und der Ukraine? Offiziell heißt es, Russland dürfe nicht gewinnen, die Ukraine nicht verlieren. Was heißt das genau? Offiziell will der Westen nicht Kriegspartei werden – aber ist er das nicht schon längst, wie es Pistorius vor seiner Vereidigung zum neuen Verteidigungsminister selbst formuliert hat?
Darüber diskutiert WDR-Chefredakteurin Ellen Ehni mit den Gästen:
Eric Bonse, freier Journalist
Nana Brink, freie Journalistin
Stefan Kornelius, Süddeutsche Zeitung
Paul Ronzheimer, BILD