So., 17.03.24 | 23:35 Uhr
Das Erste
Denis Scheck empfiehlt "Trophäe"
Hunter White ist ein Jäger wie aus dem Bilderbuch. Benannt nach einem legendären weißen Großwildjäger in Afrika, hat er die Jagdleidenschaft von seinem Großvater geerbt. Wir begegnen Hunter White in dem Roman "Trophäe" der flämischen Autorin Gaea Schoeters, der mit berauschenden Naturschilderungen brilliert und tiefschürfende Gedankenspiele wagt.
Hunter White jagt in Afrika, zu Hause in den USA ist er Börsen- und Immobilienspekulant. Gaea Schoeters schreibt über ihn: "Hunter mag seinen Job aus exakt den gleichen Gründen, warum er das Jagen mag. Was ihn anzieht, ist nicht der Gewinn, sondern der Kick des Risikos: In der heutigen, überzivilisierten Welt ist die Börse eine der letzten Branchen – abgesehen vom organisierten Verbrechen – bei der Waghalsigkeit tatsächlich noch belohnt wird." Der Trophäenjäger hat schon alles erlegt, was man schießen kann, Elefanten, Kaffernbüffel, Löwen und Leoparden sowieso – nur ein Spitzmaulnashorn fehlt ihm noch zu den berühmten Big Five. Da erhält er von seinem Jagdführer in Afrika ein unmoralisches Angebot: für 500.000 Dollar darf er die Big Six vollmachen. Was denn bitte die sechste Beute bei den Big Six seien, fragt er naiv. Ganz einfach: die Jagd auf einen Menschen … Und damit Bühne frei für ein existentialistisches Endspiel.
Flandern und die Niederlande sind Gastland der diesjährigen Leipziger Buchmesse, die in der kommenden Woche ihre Tore öffnet. Der Roman "Trophäe" liest sich, als hätten Franz Kafka und Ernest Hemingway gemeinsam ein Buch geschrieben und zählt zu den schönsten Entdeckungen, die man dort machen kann. Also vertrauen Sie mir, und lesen Sie Gaea Schoeters' "Trophäe", erschienen in der deutschen Übersetzung von Lisa Mensing im Zsolnay Verlag.
Stand: 17.03.2024 16:00 Uhr
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