So., 16.03.25 | 23:35 Uhr
Das Erste
Coolste Alt-Stimme der Pop-Welt
Die amerikanische Musikerin Circuit des Yeux
Eine Reise nach Griechenland weckte in Circuit des Yeux – eigentlich Haley Fohr - das Interesse an der Figur Pan, dem mythologischen, Flöte spielenden Halbgott. Seine Geschichte von Transformation, Melodie und Untergang war Inspirationsquelle für die ekstatischen Momente ihres neuen Albums "Halo on the Inside". Während des gesamten Schreibprozesses lebte die 1988 in Indiana geborene Künstlerin alleine und zog sich nachts in ihr Kellerstudio zurück. Circuit des Yeux ist eine Künstlerin, die ihre Musik oft selbst produziert, arrangiert und mit einer Vielzahl von Instrumenten und Klangtechniken arbeitet. Besonders herausragend bleibt jedoch ihre vier Oktaven umfassende Stimme in ihrer Einzigartigkeit. ttt hat Circuit des Yeux bei einem ihrer Konzerte getroffen.
Heilsame Dunkelheit

Der Kampf gegen die inneren Dämonen ist ein prägendes Element der Musik von Haley Fohr alias Circuit Des Yeux. "Ich glaube, ich komponiere aus Unbehagen und Verwirrung", sagt sie, "wenn es eine emotionale Herausforderung gibt, die ich nicht bewältigen kann, dann versuche ich, so einen Ausweg zu finden. Für mich ist es heilsam, Musik zu hören, die ein bisschen dunkel ist. Sie spiegelt mein Inneres wider, so wie wenn man traurig ist und es draußen regnet, das tröstet einen. Für mich ist das Singen über die Dunkelheit Balsam."
Stimme als wichtigstes Instrument
"Halo On The Inside", also „Der Heiligenschein im Inneren“, heißt ihr gerade erschienenes achtes Studio-Album. Zum Titel meint sie: "Mir gefällt die Idee, dass der Heiligenschein innen ist, anstatt so eine Art Krone." Aufgenommen hat sie das Album im Alleingang, im eigenen Kellerstudio. Mit Anfang 20 studierte sie Tontechnik. Veröffentlicht zeitgleich düsteren, atonalen Indie-Folk. Nach dem Umzug von Indiana nach Chicago werden ihre Alben Song-betonter, vielschichtiger, bleiben aber sehr experimentell. Ihre Stimme ist dabei ihr wichtigstes Instrument, seit der Schulzeit, erzählt sie: "Eine Lehrerin half mir, die Nationalhymne auf Kassette einzusingen, um mich für einen Chor zu bewerben. Es war ein bisschen unangenehm, weil sie immer tiefer und tiefer gehen musste. Da habe ich gemerkt, dass ich eine sehr tiefe Stimme habe. Ich habe dann bei allen kostenlosen Programmen und Chören mitgemacht. Meist sang ich die Knabenstimmen, damals wirklich beschämend. Aber mit der Zeit habe ich gelernt, diese Einzigartigkeit anzunehmen."
Freiheit auf der Bühne
Ob Solo oder mit breit besetzter Band, über die Jahre hat sich die heute 36-jährige auch zu einem faszinierenden Live-Act entwickelt – und ist begeistert davon: "Es ist magisch, ein Album zu machen. Aber mein Leben, das sind wirklich die Live-Shows. Die Bühne ist Freiheit. Hier kann ich wirklich alles machen." Der theatrale Auftritt und die fordernde Musik von Circuit Des Yeux haben etwas von der Kraft eines schwarzen Lochs, dessen implodierende Energie einen unerbittlich anzieht. Ihre Texte sind geprägt sind von persönlichen Erfahrungen, von Verlust und Trauer. Gleichzeitig wirken sie wie ein Kommentar zur unheilvollen Situation, die sich auf unserem Planeten zusammenbraut. "Die Gesellschaft, die Außenwelt, sie beeinflussen mich sehr", erzählt sie, "viele der Männer, die derzeit in meinem Land das Sagen haben, sind vor allem an Geld interessiert, und das finde ich langweilig. Das kommt von ihrer Einsamkeit. Aber, sie können das Geld haben und ich nehme die Liebe."
Autor: Peter Scharf
Stand: 16.03.2025 17:19 Uhr
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