So., 26.01.25 | 23:05 Uhr
Das Erste
Der Maler unter den Fotokünstlern
Axel Hüttes "Stille Weiten"
Seine Landschaftsfotografien sind irritierend und zauberhaft zugleich. Axel Hütte zeigt nie, was der gewöhnlichen Vorstellung von Landschaft entspricht. Auch das macht ihn zu einem der wichtigsten Fotografen unserer Zeit. Der heute 74-jährige Hütte war einer der ersten Studenten von Bernd und Hilla Becher, den Begründern der sachlich-kühlen Düsseldorfer Fotoschule. ttt hat den passionierten Rennradfahrer am Rheinufer und in seinem Düsseldorfer Atelier getroffen, wo er gerade eine große Ausstellung im Arp Museum in Remagen vorbereitet.
Rennradfahrer und Fotograf
Auf dem Rennrad macht er Tempo, lässt die Landschaft an sich vorbeifliegen. Am Rhein oder beim Vintage-Radrennen in den Alpen. Axel Hütte, Rennradfahrer – und Fotograf. Weltweit ist er unterwegs, an unwirtlichen Orten. Für seine Landschaftsfotos nimmt er das Tempo raus. Auch aufgrund des Equipments, erklärt er: "Man muss wissen, wenn ich mit der Plattenkamera arbeite, dann muss ich erst mal fünfundzwanzig Kilo vor Ort bewegen. Und von daher überlege ich mir genau, wie ich es aufnehme."
Das Unsichtbare im Bild
Der 74-Jährige lebt seit Jahrzehnten in einem ehemaligen Umspannwerk in Düsseldorf. Sechs Kontinente hat er schon bereist und bereitet gerade eine große Ausstellung für das Arp Museum in Remagen vor. "Stille Weiten." Eine Welt-Erkundung – minutiös komponiert. "Man fährt durch die Landschaft oder wandert durch die Landschaft und dann kommt der Moment, wo man sich denkt, das sieht ja alles hier gleich aus", erzählt Hütte, "und plötzlich hält man inne und sagt, irgendetwas ist hier anders. Das ist genau der Moment, wo ich sage, hier könnte eine Aufnahme entstehen. Dann packe ich die Kamera aus. Und dann beginnt die eigentliche Bildkonstruktion." Und die lässt seine Fotos so entrückt wirken. Wie gemalt. Aus realen Landschaften macht er etwas Magisches. Indem er mit Spiegelungen arbeitet oder so lange wartet, bis Nebel auftaucht, der die Landschaft verrätselt. "Was ich durch die Nebelschleier erzeuge ist das 'Nicht-sehen-können'. Und das schafft die Imagination. Indem ich sage, das, was man nicht im Bild sieht, ist mindestens genauso wichtig, wie das, was man sieht", so Hütte.
Becher-Schüler
Ende der 1970er Jahre gehört Axel Hütte zur ersten Klasse von Bernd und Hilla Becher an der Düsseldorfer Kunstakademie. Gemeinsam mit Candida Höfer und Thomas Struth, heute wie er selbst große Namen der Fotografie, beginnt Axel Hütte mit der Kamera zu experimentieren, sucht nach einer eigenen künstlerischen Handschrift. Am Anfang sind es unspektakuläre Orte: Menschenleere Hausflure – seinerzeit ein ungewöhnliches Motiv. In Hüttes Frühwerk tauchen auch Porträts auf. Freunde und Bekannte aus der Kunst. Alle frontal, gleicher Ausschnitt, in Kleidung und Hintergrund aufeinander abgestimmt.
Irritierende Blumen
Seit 2020 fotografiert er Blumen. Ausnahmsweise digital. Er wandelt die Farben in ihr Gegenteil und kreiert so malerische Blüten-Porträts mit geisterhafter Aura. Axel Hütte irritiert, fordert die Sinne heraus, friert Schönheit und Zeit ein. Er arbeitet mit dem Unsichtbaren. Wir spüren es, wenn wir seine Fotos betrachten. Er selbst nimmt uns die Ehrfurcht vor seinem Werk und erklärt lachend: "Man bildet sich ja immer ein, jedes Foto ist ein Meisterwerk, was aber gar nicht stimmt."
Autorin: Anke Rebbert
Stand: 26.01.2025 19:55 Uhr
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