SENDETERMIN So., 25.02.24 | 23:05 Uhr

Ukraine-Doku: "Intercepted"

Was Selbstzeugnisse russischer Soldaten über den Krieg offenbaren

Ukraine-Doku: "Intercepted"  | Video verfügbar bis 25.02.2025 | Bild: Lightdox

"Intercepted", also "Abgefangen" – so heißt Oksana Karpovychs' Dokumentarfilm über die physischen und psychischen Deformationen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. In ruhigen Beobachtungen zeigt sie Landschaften des Krieges und unterlegt die Bilder mit abgehörten Telefongesprächen, die russische Soldaten mit Freunden und Familien zu Hause führen.

Abgehörte Telefonate russischer Soldaten als Tonspur

Regisseurin Oksana Karpovych im ttt-Gespräch
Regisseurin Oksana Karpovych im ttt-Gespräch | Bild: ttt

So ist zu sehen, wie ein Schrottsammler in einem ausgebrannten Panzer nach Verwertbarem sucht. Im Ton zu hören ist der Dialog zwischen einem russischen Soldaten und seinem Gesprächspartner in der Heimat: "Hallo mein Lieber, Du dachtest wohl, es wäre vorbei für mich, sie hätten mich schon begraben, was?" Der andere antwortet: "Was redest Du, zum Begraben ist es wohl noch zu früh. Noch jedenfalls."

Nach dem Überfall Russlands arbeitete Oksana Karpovych zunächst für ausländische Nachrichten-Teams. Sie begann zu fotografieren und ihre Bilder auf Instagram zu veröffentlichen. Als sie nachts die abgefangenen Telefonate russischer Soldaten durchhörte, ihre Berichte von Plünderungen, von Folterungen, aber auch ihren Zweifeln am Krieg, entschloss sie sich, daraus einen Film zu machen. Denn sie offenbarten die entmenschlichende Wirkung des Krieges, so Karpovych. Paradoxerweise aber zugleich auch die menschliche Seite der russischen Soldaten.

"Seit Monaten im Keller"

Im Keller überleben
Im Keller überleben | Bild: Lightdox

Karpovych zeigt eine Landschaft und Menschen, über die der Krieg hinweg gegangen ist und doch anwesend bleibt. So wie in einem Ort nahe Charkiw, wo sich rund 20 Frauen seit Monaten versteckt halten. Sie haben sich in einem Luftschutzkeller des ehemaligen Kindergartens eingerichtet. "Mit anzusehen, wie sie dort leben, machte mich wütend und traurig. Sie harren dort schon seit vielen Monaten im dunklen Keller aus", berichtet Karpovych.

Zu den Bildern von ihrem Alltag hört man im Film das Gespräch eines russischen Soldaten mit seiner Mutter, die der festen Überzeugung ist, ihr Sohn wäre ein Befreier.

Beklemmende Dokumente wider den Krieg

Die Gegenüberstellung der Spuren des Krieges mit den Selbstzeugnissen russischer Soldaten über das Töten, über die Wirkung der Propaganda, den Hass, machen den Film zu einem beklemmenden Dokument. Eines der Telefonate bleibt besonders in Erinnerung, darin bittet ein russischer Soldat seine Frau, falls er sterbe, solle sie dafür sorgen, dass sein Sohn niemals Soldat werde.

Karpovych möchte daran glauben, dass der Krieg bald vorbei sein wird. Mit dem Ende der Kampfhandlungen wird er aus ihrer Sicht nicht vorüber sein, "sondern erst dann, wenn diejenigen, die im Moment Verbrechen in unserem Land begehen, vor einem internationalen Gericht zur Rechenschaft gezogen werden".

Autor: Dennis Wagner

Stand: 25.02.2024 23:03 Uhr

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Mitteldeutscher Rundfunk
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