So., 20.10.24 | 23:35 Uhr
Das Erste
Hype um die neue Romantik
Die „Bridgerton“-Autorin Julia Quinn kommt – und junge Frauen stehen Kopf!
Julia Quinn – Von historischen Liebesromanen zu globalem Serienhit
„Hi, nice to meet you!” Julia Quinn signiert Bücher, die älter sind als manche ihrer Fans. Seit 30 Jahren schreibt sie historische Liebesgeschichten, ihre Reihe „Bridgerton“ wurde zum Netflix-Serienhit. In historischem Setting geht es da um sowas:
Eine Szene aus der „Bridgerton“-Serie:
„In der Liebe und im Krieg ist alles gestattet.“
„Doch aus so mancher Schlacht geht kein Sieger hervor und auf dem Felde bleiben nur zerbrochene Herzen zurück, sodass wir uns fragen, ob dieser Preis den Kampf wert war.“
„Komm schon, es ziemt sich nicht, zu starren!“
Romantische Romane, die vor allem Frauen ansprechen. Es geht um nichts weniger als die ganz große Liebe zu finden. Auf der Suche sind – im London des 19. Jahrhunderts – die Heranwachsenden der adligen Familie Bridgerton.
Die Titel: wie bezaubert man, wie verführt man, wie kriegt man den Duke. Es geht um die feine Gesellschaft, um festliche Bälle und um Debutantinnen, die auf festlichen Bällen in die feine Gesellschaft eingeführt werden. Warum begeistert sie damit Millionen Leser:innen?
„Ich glaube, die Leute können sich selbst darin sehen, obwohl es vor ein paar hundert Jahren spielt, die Charaktere unglaublich reich sind und ein Leben führen, das so ganz anders ist als unseres. Meine Leserinnen erkennen sich in den Figuren wieder, und ich glaube, das ist es, was sie genießen“, sagt Julia Quinn.
Sexualität und Authentizität in Quinns Werken
Happy End garantiert. Ist das Eskapismus in eine heile Welt und ferne Zeit? Manche Leserin interpretiert die Geschichten durchaus modern und progressiv. Denn bei „Bridgerton“ bestimmt die Frau, mit wem sie schläft und wen sie heiratet. Julia Quinn sagt: Am Ende gewinnt immer die Frau.
„Ich bin Feministin. Ich habe das schon immer gesagt, selbst als das Wort eine Zeit lang nicht sehr populär war. Das bin ich, und das sollen auch meine Figuren sein. Ich schreibe über Frauen in einer Zeit, in der sie noch nicht in der Lage waren, Fortschritte zu machen. Da mussten noch 60, 70 Jahre vergehen, bevor sie studieren durften, 100 Jahre bevor sie wählen durften. Ich würde die Frauen, über die ich schreibe, gerne sehen – nicht unbedingt als diejenigen, die die Mauer eingerissen haben - aber als diejenigen, die die Ziegelsteine entfernt haben, damit andere die Mauer einreißen konnten“, erklärt Julia Quinn.
So schreibt sie die Figur der Eloise Bridgerton als eine, die gegen die ihr zugedachte Rolle als Frau aufbegehrt.
Eloise: „Weißt du, was ein Verdienst wäre? Haha! An einer Universität zu studieren. Als Mann könnte ich genau das tun, weißt du. Stattdessen soll ich dabei zusehen, wie Mama vor Stolz fast platzt. Weil einem Mann das Gesicht meiner Schwester gefällt und er sie mit Erben beglücken will.“
In Büchern und Serie werden ausschweifende Sexszenen erzählt, im Fokus steht die weibliche Lust und: ganz modern wird hier zuerst die Zustimmung der Partnerin abgewartet.
Schmuckausgaben der Reihe sind begehrte Sammelobjekte. Ihre Ästhetik spielt mit historischer Authentizität. Dabei ist die Autorin auch damit sehr freizügig umgegangen.
„Es soll gar nicht zu 100 Prozent historisch korrekt sein. Ich sage immer: Wenn Du Liebesromane liest, glaubst Du wirklich es habe 500 Herzöge gegeben? Die gab es nicht. Und sie waren sicher nicht alle 30, gutaussehend und hatten gerade Zähne. Sie hatten wahrscheinlich auch Syphilis. Das machen wir nicht! Wir haben hier also nicht das wahre Leben!“, sagt Julia Quinn.
„Ja, vielleicht ist das besser so.“
„Ja, wer will schon Herzöge mit Syphilis?“, fragt Julia Quinn.
Seit der Serie gibt es eine weltweite „Bridgerton“ Community. Julia Quinn trifft sich mit ihr zum Beispiel auf den Lesereisen, stilecht beim English Afternoon Tea.
Engagement für Bücher und Vielfalt in den USA
Geschrieben hat sie schon länger nicht mehr. Im Moment setzt sie sich in ihrem Heimatland USA für die Bücher anderer ein.
„Wir erleben dort gerade eine schlimme Zunahme an Bücherverboten. Deshalb bin ich jetzt nationale Botschafterin für eine Organisation namens 'Every Library', die gegründet wurde, um Unterstützung für öffentliche Bibliotheken und Schulbibliotheken zu sammeln. Bei den meisten der angefochtenen oder verbotenen Bücher geht es um nicht-weiße Protagonisten, geschrieben von nicht-weißen Autoren, oder um queere Charaktere. Aber diese Repräsentation ist so wichtig. Menschen müssen sich in Büchern wiederfinden können. Vielleicht sehen sie sich nicht in meinen Büchern, aber sie müssen sich in Büchern wiederfinden können. Dafür werde ich immer kämpfen“, sagt Julia Quinn.
Beitrag: Sara Willems
Stand: 20.10.2024 19:59 Uhr
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