Sa., 15.02.20 | 16:00 Uhr
Das Erste
Feuerwerk 2.0 – so spektakulär sind Drohnen-Lichtershows mit LEDs
Verbot macht erfinderisch: Eigentlich war das chinesische Neujahrsfest ohne Feuerwerke undenkbar. Dennoch wurde im Jahr 2018 ein umfassendes Verbot für Raketen und Knallkörper in China beschlossen. Das Ziel dieser Maßnahme war es, die mit dem Fest einhergehende Umweltverschmutzung und Feinstaubbelastung einzudämmen. 400 Städte waren von dem Verbot betroffen. Auch Xi'an, die Hauptstadt der Provinz Shaanxi, gehörte dazu. Anstatt Trübsal zu blasen standen am 29. April 2018 in Xi'an weit über 1.000 Drohnen für einen Weltrekordversuch bereit. Auf einer Breite von 1,2 Kilometern, sollten die jeweils mit einem LED-Licht ausgestatten Flugobjekte, ein Lichtspektakel veranstalten.
Die Seidenstraße, der Dayan-Turm und die für Xi’an symbolträchtige Granatapfelblüte sollten in den Himmel gezaubert werden. Voraussetzung dafür war: Jede Drohne musste genau wissen, was sie zu tun hat. 1.374 Drohnen befanden sich gleichzeitig in der Luft. In Xi'an war der Weltrekordversuch erfolgreich. Dass die Bestmarke nur zwei Monate später in Kalifornien mit 2018 Drohnen pulverisiert wurde, konnte da noch keiner ahnen.
Ein technisch komplexes Unterfangen, das so erst seit wenigen Jahren möglich ist. Heute geht das sogar nicht mehr nur unter freiem Himmel – sondern sogar in geschlossenen Räumen.
Lichtershows mit autonom fliegenden Drohnen
Dass Schweizer Uhrwerke höchste Präzision liefern ist schon lange bekannt. Dass Zürich der Ausgangspunkt für die Erfindung von Drohnenlichtershows in geschlossenen Hallen ist, weniger. Und auch für diese Hightech-Vorführungen gilt: Absolute Genauigkeit ist ein Muss. Prof. Raffaello D’Andrea hatte die Firma Verity Studios im Jahr 2014 gegründet – und zwar mit einem eigenen System für Lichtershows mit autonom fliegenden Drohnen. Seit 2015 ist Federico Augugliaro im Unternehmen mit dabei. Der aus der italienischen Schweiz stammende Wissenschaftler machte zuvor seinen Doktor an der ETH Zürich in dem Studiengang Robotics. Er weiß, warum Drohnenlichtershows eine besondere Anziehungskraft haben: "Diese Kombination aus Technologie und Kunst fasziniert die Menschen von je her. Denn es steckt immer auch ein kleines bisschen Zauberei hinter dem, was sie sehen." Letztlich ist es aber die Technik, die Nacht für Nacht dafür sorgt, dass die Drohnen bei den Live-Veranstaltungen zuverlässig ihren Dienst tun.
Das von Verity Studios dafür entwickelte System muss dafür sehr anpassungsfähig sein. Und das ist es. Es kann an die räumlichen Besonderheiten jedes Veranstaltungsortes adaptiert werden. Sogar auf Kreuzfahrtschiffen fliegen die Drohnen sicher ihr Programm. Federico Augugliaro, der bei Verity Studios Head of Live Events ist, erklärt, wie das möglich ist: "Damit die Drohnen autonom navigieren können, müssen sie ihre Position im Raum kennen. Zu diesem Zweck haben wir unser Indoor-Positionierungssystem entwickelt. Es funktioniert im Grunde so ähnlich wie ein GPS-System. Und damit können wir Hunderte Drohnen gleichzeitig koordinieren."
Kernelement des Systems sind mehrere Ortungseinheiten. Diese sogenannten Kedges kalibrieren sich nach ihrem Aufstellen selbstständig und legen dann den erlaubten Flugraum fest. Sollte es dazu kommen, dass eine Drohne diesen Bereich verlässt, dann wird entweder eine Sicherheitslandung veranlasst oder ihre Propeller schalten sich ab.
Millionen von Lichtfarben
Für Sicherheit sorgt auch die Tatsache, dass die Drohnen echte Leichtgewichte sind. Gerade mal 50 Gramm, wiegen sie. So wenig, wie ein Scheibe Brot. Daher können sie gefahrlos sogar über den Köpfen der Künstler oder der Zuschauer fliegen. Die Leuchtkraft der Drohnen ist dennoch enorm: "Oben gibt es einen Diffuser, der es ermöglicht, dass man das Licht von überall sehen kann. Wir haben dafür eine sehr helle RGB LED-Lampe ausgewählt. Sie erlaubt es uns zu jeder Zeit nicht nur die Farbe, sondern auch die Lichtintensität zu kontrollieren“, erklärt Federico Augugliaro. RGB steht für die drei Primärfarben Rot, Grün, Blau. Aus ihnen können Millionen verschiedener Lichtfarben erzeugt werden.
Bei Verity Studios ist der Luxemburger Drohnen-Choreograf Steve Maassen dafür zuständig, dass die Drohnenlichter auf der Bühne dann auch richtig zum Strahlen kommen. Das ist viel Programmierarbeit. Die Flugbahn jeder einzelnen Drohne muss berechnet werden. Die Bewegungen müssen zur Story und zur Rhythmik passen. "Die größte Herausforderung, die es gibt, beim Arbeiten mit dem Licht und dem Medium der Drohne, welches ein recht neues Medium ist, ist es, sie zu integrieren in andere Lichtquellen auf der Bühne", sagt Augugliaro. Erst wenn das gelingt, wird aus abstrakten Algorithmen Kunst.
Ist eine Show fertiggestellt, kann der Kunde sie per Knopfdruck selbst bedienen. Mehr als eine Einweisung braucht es dafür nicht. Einzig auf die Ladestation müssen die Drohnen per Hand gelegt werden. Und das leider ziemlich oft: Alle drei Minuten geht den kleinen Fluggeräten der Saft aus. Die damit verbundene kurze Batterielebensdauer ist dann auch ein Negativpunkt, wenn man an die Umweltbilanz der Drohnenlichtershows denkt.
Autor: Markus Plawszewski (SWR)
Stand: 17.02.2020 19:52 Uhr