SENDETERMIN Sa., 29.05.21 | 16:00 Uhr | Das Erste

Auto gegen Fahrrad

Susanne Neumann und Ahmadullah Helmand im Taxi.
Was ilt eigentlich?  | Bild: hr

Auto gegen Fahrrad. Der Konflikt auf der Straße führt zu gefährlichen Situationen und Unfällen. Und zu Unverständnis, Wut, Beschimpfungen. Dabei wissen beide, Auto- und Radfahrende, oft gar nicht so genau, was eigentlich gilt.

Rollentausch

Taxifahrer Ahmadullah Helmand aus Frankfurt am Main und Radfahrerin Susanne Neumann, vom dortigen ADFC, tauschen heute mal die Rollen. Susanne Neumann fährt zunächst im Taxi mit. Danach wird Herr Helmand zusammen mit ihr eine größere Runde auf dem Fahrrad unterwegs sein.

Radfahrende halten sich oft nicht an die Regeln

Eine rote Ampel wird zum Rechtsabbiegen überfahren.
Häufige Rotlichtverstöße durch Radfahrende. | Bild: hr

Ahmadullah Helmand findet, dass sich viele Radfahrende nicht an die Regeln halten. Besonders häufig beobachtet er Rotlichtverstöße von Radlern. Den Taxifahrer nervt außerdem, dass die Radler ihn häufig ausbremsen. Besonders in engen Straßen in der Innenstadt hat er oft keine Chance, sie zu überholen. Dort gibt es auch etliche schmale Einbahnstraßen, in denen ihm Radler entgegenkommen. Das ist dort zwar erlaubt, aber da die von vielen Radlern frequentierte Route gleichzeitig eine viel genutzte Taxiroute ist, braucht Herr Helmand auf diesen Strecken mitunter viel Geduld. Da es wie bei allen Taxifahren schnell gehen soll, sind Stress und Ärger vorprogrammiert.

Nebeneinanderfahren ist erlaubt

Eine Kollegin von Herrn Helmand, die in Kassel Taxi fährt, hat für Radfahrende gar kein Verständnis mehr: Sie regt sich vor allem darüber auf, dass diese häufig nebeneinander fahren. Dabei ist das Nebeneinanderfahren sogar erlaubt. Allerdings dürfen Radfahrende andere dabei nicht behindern. Laut Straßenverkehrsordnung (STVO) ist zu zweit nebeneinander fahren erlaubt, solange der nachfolgende Verkehr nicht behindert wird. So muss etwa genug Platz vorhanden sein, damit Autos mit 1,50 Meter Abstand überholen können. . Geht das nicht, müssen Radfahrende Platz machen. Anders verhält es sich in ausgewiesenen Fahrradstraßen. Hier müssen Radler auf Kraftfahrzeuge keine Rücksicht nehmen und dürfen sogar immer nebeneinander fahren.

Der Lieferverkehr parkt oft die Radwege zu, obwohl schon das Halten verboten ist

Ein Bus parkt auf eine Radfahrstreifen.
Zugeparkte Radwege sind ein Sicherheitsproblem. | Bild: hr

Susanne Neumann vom ADFC kämpft für die Rechte der Fahrradfahrenden – und die haben einiges zu beklagen. Viele fühlen sich nicht sicher, wenn sie durch den städtischen Verkehr strampeln. Das größte Problem: Viele Autofahrende halten sich nicht an den seitlichen Mindestabstand beim Überholen. Eine Mutter berichtet außerdem, dass manche Autos zu dicht auf den Fahrradanhänger auffahren, in dem die Kinder sitzen. Andere Radler haben Angst wenn Lieferwagen die Fahrradwege blockieren und sie auf die Straße ausweichen müssen. Das Halten und Parken auf Radwegen und Radstreifen ist laut Straßenverkehrsordnung für Autos verboten.

Das blaue Schild entscheidet, ob ein Radweg befahren werden muss

Ahmadullah Helmand ist der Überzeugung, dass Radfahrende generell auf den dafür markierten Radwegen bleiben müssen und nicht einfach die Straße benutzen dürfen. Das stimmt so aber nicht. Die Straßenverkehrsordnung ist eindeutig: Wenn ein blaues Schild mit weißem Fahrrad (Verkehrszeichen 237) einen Radweg als Radweg ausweist, muss dieser befahren werden. Nur dann besteht die Benutzungspflicht. Das Problem dabei: Es gibt 3 verschiedene Arten von Radstreifen. Neben den meist baulich von der Straße getrennten Radwegen gibt es noch Schutzstreifen, die mit einer gestrichelten Linie von der Straße abgegrenzt werden. Auch auf ihnen findet sich das Fahrradsymbol. Dann gibt es noch Radfahrstreifen die mit einer durchgezogenen Linie gekennzeichnet sind. Auch sie sehen aus wie ein Radweg, müssen aber nur dann befahren werden, wenn ein blaues Schild am Straßenrand den Radstreifen eindeutig als Radweg markiert. Die Unterscheidung der drei Radstreifen fällt auch den meisten Radfahrenden schwer. Nur wenn ein blaues Schild einen Radweg als solchen ausweist, muss er auch befahren werden.

Den Mindestüberholabstand scheinen viele Autofahrende nicht zu kennen

Ahmadullah Helmand in einer Einbahnstraße.
Hier ist es viel zu eng.

Nach der Taxifahrt geht’s für Frau Neumann und Herrn Helmand aufs Fahrrad. Und schon nach wenigen Metern entsteht die erste brenzlige Situation, als ein Transporter rückwärts über den Fahrradweg einparkt, offensichtlich ohne sich um Radfahrende überhaupt zu kümmern. In der engen Einbahnstraße, die Herrn Helmands Blutdruck steigen lässt, ist es auch auf dem Rad alles andere als entspannend. Denn viele Autofahrende überholen einfach - auch wenn es noch so dicht ist. Vom Mindestabstand scheint hier noch niemand etwas gehört zu haben. Doch laut STVO müssen Autos innerorts mit einem seitlichen Mindestabstand von 1,50 Meter überholen, mit weniger Abstand ist es verboten. Außerorts sind es sogar 2 Meter. Wenn das nicht geht, müssen Autofahrende hinterherfahren, bis überholen möglich ist.

Schulterblick ist Pflicht!

Am Straßenrand hat jemand die Autotür sperrangelweit offen stehen lassen. Herr Helmand und Frau Neumann finden das rücksichtslos. Zum Glück wurde die Autotür nicht plötzlich geöffnet. Diese Situationen kommen leider oft genug vor und können für die Radler sehr böse enden. Je nachdem wie dicht sie schon an der Autotür angelangt sind, haben sie wenig bis keine Zeit mehr zu reagieren. Wenn hier ein Unfall passiert, liegt die Verantwortung eindeutig bei den Autofahrenden. Denn Schulterblick ist Pflicht! Besonders beim Ein- und Aussteigen müssen sie sich vergewissern, dass niemand gefährdet wird.

Am Ende des Experiments ist es tatsächlich so, dass Herr Helmand die Nöte der Radfahrenden jetzt auch gut verstehen kann. Ein Rollentausch ist schon eine gute Sache. Einfach mal versuchen die Perspektive des oder der anderen einzunehmen schafft auf jeden Fall mehr Verständnis füreinander.

Autor: Wolfgang Zündel (hr)

Hinweis: Der neue Bußgeldkatalog kommt wegen eines Verfahrensfehlers in den meisten Städten nicht zur Anwendung. Momentan wird noch nach dem alten Bußgeldkatalog verfahren. Der neue Bußgeldkatalog soll im September in Kraft treten.

Stand: 27.05.2021 14:31 Uhr

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