Sa., 25.07.20 | 16:00 Uhr
Das Erste
Finanzmarkt: Gold als Krisenretter?
Woher kommt die deutsche Gier nach Gold? Seit jeher liebt der Mensch das edle Metall. Manche sprechen ihm gar magische Fähigkeiten zu. Auch heute noch sehnen sich viele nach dem edlen Metall. Mit fast 9.000 Tonnen privatem Goldbesitz gehören wir Deutschen zur Weltspitze. Doch warum? Die Deutschen lieben Sicherheit. Liegt die Gier nach Gold etwa an der "German Angst"? Der Finanzanalyst und Goldexperte Joachim Goldberg ist überzeugt: "Wir sind immer ein bisschen besorgt wegen der Zukunft und wollen diese Zukunft auch irgendwie unter Kontrolle halten und vor allen Dingen wollen wir diejenigen Dinge unter Kontrolle behalten, die nicht von heute auf Morgen passieren und die sich eventuell negativ entwickeln können."
Aber ist ein Goldschatz tatsächlich ein gutes Investment? Oder geben die Deutschen hier einem Gefühl nach, das sie in Wahrheit in die Irre führt? Dieser Frage gehen wir in Frankfurt am Main auf den Grund – der Stadt der Banken – und des Goldes. In den Kellern der Deutschen Bundesbank lagert mehr als die Hälfte des deutschen Goldschatzes: 3.400 Tonnen. Denn nicht nur Privatpersonen, auch Staaten investieren in Gold. "Wenn sie als Staat Geld ausgeben, Banknoten ausgeben, dann müssen sie Akzeptanz und Vertrauen schaffen. Das Vertrauen bekommen sie nur, wenn Sie etwas als Sicherheit als Hintergrund dagegen stellen, was von möglichst vielen Menschen akzeptiert wird. Und das ist eben Gold gewesen", erklärt Goldberg.
Für Banken und Staaten ist Gold seit Jahrhunderten extrem wichtig
Noch Ende des 19. Jahrhunderts gilt in Industriestaaten der Goldstandard. Für jede Banknote und Münze, die der Staat in Umlauf bringt, hält er eine gewisse Menge an Gold vor. Außerdem ist der Wechselkurs zwischen Geld und Gold festgeschrieben. Die Idee: Jeder Bürger kann auf der Bank sein Geld gegen Gold tauschen! Doch im 20. Jahrhundert drucken die Staaten immer mehr Geld, ohne ihren Goldschatz zu vergrößern. 1971 hebt US-Präsident Richard Nixon die Bindung des Dollar an den nationalen Goldschatz schließlich komplett auf – das Ende des Goldstandards.
Auch ohne Goldstandard ist das seltene Metall bei den Staaten weiterhin begehrt. Der deutsche Goldschatz wächst nach dem Zweiten Weltkrieg in nur 20 Jahren aus dem Nichts auf über 3.000 Tonnen. Das deutsche Wirtschaftswunder sorgt für hohe Einnahmen in fremden Währungen. Die tauschen die Bundesbanker in Gold um und lagern es bei sicheren Notenbanken – möglichst weit entfernt vom Eisernen Vorhang: in New York, London, Paris und Frankfurt.
Nach dem Kalten Krieg steht einem Umzug von New York nach Frankfurt nichts im Weg, doch es passiert bis 2012 nichts. Das befeuert Verschwörungstheorien: Es heißt, ein Teil des Goldes sei weg. Die Bundesbank muss handeln und beginnt den größten Goldbarrentransport der Welt– absolut geheim. Bei der Ankunft wird das Gold exakt untersucht: Nichts fehlt und alles ist echt.
Gold als privates Investment
Beim Degussa Goldhandel in Frankfurt kann man online und offline Gold kaufen. Preis und Nachfrage steigen seit Monaten. In Krisenzeiten setzen die Menschen auf Gold. Dazu kommt: Gold funktioniert auch als Schwarzgeld, denn sein Besitz hinterlässt auf Konten keine Spuren. Wobei die Obergrenze, wieviel Bargeld man in Gold umtauschen kann, seit Januar 2020 von 10.000 auf lediglich 2.000 Euro herabgesetzt wurde – eine Maßnahme gegen Geldwäsche im großen Stil.
Dass viele sich von ihrem Gold mehr Sicherheit versprechen, hindert sie nicht daran, ihren Schatz zu Hause zu lagern. Ein Drittel der Deutschen Goldbesitzer macht das. Vom Verstecken zwischen der Wäsche oder Bettkasten rät Experte Joachim Goldberg ab. Er empfiehlt ein versichertes Bankenschließfach und Nachweise über den Besitz, falls der Versicherungsfall eintritt. Aber ist das Goldinvestment auch aus wirtschaftlichen Gründen sinnvoll? Der Goldexperte sagt: "Ja, man kann, wenn es ganz hart auf hart kommt, dieses Gold umtauschen gegen Dinge, die ich vielleicht benötige. Gold als Rücklage in stürmischen Zeiten, in der Krise – das ist wohl der Hauptgrund, weshalb wir von dem Edelmetall nicht genug haben können."
Autor: Dirk Beppler (WDR)
Stand: 19.07.2020 17:56 Uhr