So., 29.06.08 | 17:03 Uhr
Das Erste
Apophis und die Abwehr
Vor 65 Millionen Jahren schlug ein riesiger Asteroid auf der Erde ein. Er löste eine Katastrophe aus, die fast alles Leben vernichtete.
Planetenforscher fürchten, dass solche galaktische Irrläufer auch in Zukunft unserem Globus gefährlich werden könnten. Astronomen richten deshalb ihre Teleskope in den Nachthimmel auf der Jagd nach Gesteinsbrocken aus dem All.
Eine überraschende Entdeckung
18. Juni 2004. Roy Tucker, Astronom am Kitt-Peak-Observatorium in Arizona, hat in dieser Nacht Dienst. Er nimmt mit der Kamera seines Teleskops in regelmäßigen Abständen immer wieder denselben Himmelsabschnitt auf. Roy sucht nach Punkten, die am Himmel rasch wandern. Diese wandernden Punkte könnten Asteroiden sein, die Kurs auf die Erde nehmen. Solche Objekte, die sich unserem Heimatplaneten nähern, werden etwa alle zehn bis zwanzig Nächte gesichtet.
Noch ahnt Roy Tucker nicht, dass er mit dem Asteroiden 2004 MN4 die größte Entdeckung seines Lebens gemacht hat.
Asteroid auf Kollisionskurs?
Der Asteroid wird in der Folgezeit auch von anderen Observatorien registriert. Die Bahnberechnungen sorgen für eine beunruhigende Sensation. Der Asteroid droht 2029 mit der Erde zu kollidieren mit einer Wahrscheinlichkeit von 1: 30.
Der Gesteinsbrocken ist von beachtlicher Größe. Er misst 350 Meter im Durchmesser und könnte mit der Wucht von dreitausend großen Atombomben einschlagen. Seiner Gefährlichkeit wegen erhält der Asteroid den Beinamen Apophis – nach dem ägyptischen Gott der Zerstörung.
Abtrünnige aus dem Asteroidengürtel
Apophis stammt aus dem Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter. Dort kreisen einige Millionen Gesteinsbrocken. Die meisten von ihnen auf einer Kreisbahn um die Sonne, weit entfernt von der Umlaufbahn der Erde. Einige dieser Kleinkörper werden aber von der Schwerkraft des Jupiter und anderer Planeten so stark angezogen, dass sie ihre Bahn im Lauf der Zeit verändern und die Erdbahn kreuzen.
Suche nach Abwehrmaßnahmen
Alan Harris vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt ist überzeugt, dass unser Planet auch künftig von Asteroiden bedroht wird.
Er sucht nach Abwehrmöglichkeiten. Vor 65 Millionen Jahren kollidierte ein Riesen-Asteroid mit etwa zehn Kilometern mit der Erde. Die Folgen waren verheerend, wie der Planetenforscher weiß: "Gegen so einen riesigen Asteroiden wie den, der vor 65 Millionen Jahren eingeschlagen ist, haben wir eigentlich keine Chance. Aber die kleineren Objekte, die sehr viel häufiger sind, sind auch sehr gefährlich. Ein Objekt zum Beispiel, mit einem Durchmesser von ein- oder zweihundert Metern, könnte im schlimmsten Fall eine Großstadt wie Berlin zerstören, oder auch ein kleines Land wie Belgien oder Holland."
Alan Harris und seine Kollegen haben mögliche Abwehrstrategien gegen solche Asteroiden der Apophis-Größe durchgespielt. Ihr Fazit: Eine Sprengung kommt nur in Frage, wenn die Vorwarnzeit sehr kurz ist. Das Problem: Zerbricht der Asteroid dabei nur in zwei große Teile, bleibt die Erde weiterhin in Gefahr. Bei längerer Vorwarnzeit kann eine solargetriebene Rakete den Brocken auf eine ungefährliche Bahn schieben. Doch das dauert Jahrzehnte.
Mission "Don Quijote"
Wissenschaftler der europäischen Weltraumagentur ESA wollen mit ihrem Projekt "Don Quijote" überprüfen, wie eine wirksame Asteroidenbekämpfung aussehen könnte. Alan Harris unterstützt das Vorhaben: "Um eine erfolgreiche Abwehr-Mission veranstalten zu können, muss man zum Beispiel wissen, wie die innere Struktur des Objekts aussieht, wie die Beschaffenheit der Oberfläche aussieht. Ist es porös, ist es eher Staub oder haben wir es mit einer glatten, harten Oberfläche zu tun. Und diese Information, die wichtig ist für eine Abwehr-Mission, würde 'Don Quijote' liefern."
Bei der geplanten Mission "Don Quijote" starten zwei Sonden gleichzeitig. Die eine nimmt direkt Kurs auf den Asteroidengürtel. Dort soll sie einen Asteroiden umkreisen, ihn vermessen und außerdem Sprengladungen und Messgeräte absetzen. Seismographen registrieren die ausgelösten Erschütterungen.
Das heraus geschleuderte Material wird ebenfalls analysiert. Sieben Monate später rast dann die zweite Sonde auf den Asteroiden zu und schlägt ein. Damit soll getestet werden, ob ein wuchtiger Raketen-Einschlag die Bahn des Asteroiden verändern kann.
Nur beobachten reicht nicht
Die Astronomen erhoffen sich von dem Projekt "Don Quijote" konkrete Erkenntnisse, wie man gefährliche Asteroiden wie Apophis abwehren könnte. Sie nur zu beobachten, ist letztlich nicht genug. Inzwischen ist zwar klar, dass Apophis die Erde 2029 knapp verfehlen wird. Doch schon 2036 kommt uns erneut der kosmische Vagabund bedrohlich nahe.
Autor: Hans Jürgen von der Burchard
Stand: 11.05.2012 13:03 Uhr