So., 29.06.08 | 17:03 Uhr
Das Erste
Leben aus dem All
Mit riesigem Aufwand suchen Astronomen nach fremdem Leben im All. Alleine in den vergangenen dreieinhalb Jahren haben sie mehr als 290 neue Planeten außerhalb unseres Sonnensystems – so genannte Exoplaneten – gefunden.
Die meisten bislang entdeckten Exoplaneten sind Gasriesen, auf denen lebensfeindliche Bedingungen vorherrschen. Als aussichtsreichster Kandidat für extraterrestrisches Leben in unserem Sonnensystem gilt der Mars, weil die dortigen Bedingungen denen der Erde ähneln.
Leben auf dem Mars?
Seit Mai sucht die Sonde Phoenix unter anderem nach gefrorenem Wasser auf dem roten Planeten. 2013 will die Europäische Raumfahrtbehörde ESA ein eigenes Roboter-Labor – den ExoMars - zum Mars fliegen, das nach Spuren von organischen Molekülen suchen soll. Würden tatsächlich auf dem Mars Lebensspuren gefunden, wäre das ein deutliches Indiz dafür, dass das Leben nicht nur einmal – wie auf der Erde – entstanden ist. Das könnte viel über den Ursprung des Lebens verraten, worüber die Wissenschaftler nach wie vor noch rätseln.
Schattenbiosphäre auf der Erde?
Doch ob Leben mehrfach entstanden ist, ließe sich womöglich sogar auf der Erde nachweisen. Vor einiger Zeit wagten amerikanische Wissenschaftler ein bizarr anmutendes Gedankenexperiment: Außerirdisches Leben könnte vor langer Zeit auf die Erde gelangt sein und bis heute überlebt haben. Als eine Art Schattenbiosphäre. Die nicht auffällt, weil sie genauso aussieht wie unsere bekannte Biosphäre, sich aber in ihren chemischen Eigenschaften grundlegend unterscheidet.
Links- und rechtsdrehende Eiweiße
Diese zweite Biosphäre könnte nach ihren Vermutungen nur im Reich der Bakterien existieren. Denn alle bislang bekannten Bakterien verwenden – genau wie alle anderen Lebewesen – für ihren Stoffwechsel fast ausschließlich linksdrehende Eiweiße. Mit rechtsdrehenden können sie nichts anfangen. Der Grund dafür ist bis heute ein Rätsel. Das Leben in der Schattenbiosphäre – so die Idee - könnte aus rechtsdrehenden Eiweißen aufgebaut sein. Auch wäre denkbar, dass es aus völlig anderen Eiweißen aufgebaut ist oder statt Kohlenstoff, ein anders Atom als zentralen Baustein nutzt – Silizium etwa.
Extraterrestrisches Leben in extremen Erdregionen?
Wenn überhaupt, so vermuten Wissenschaftler, könnten die fremden Bakterien in extremen Umwelten wie Wüsten oder Salzseen noch existieren. Dass ein Transport von Leben durchs All theoretisch möglich ist, gilt inzwischen als sehr wahrscheinlich. Im Inneren eines großen Meteoriten könnten komplexe organische Moleküle eine Reise durchs All überleben.
Allerdings, bislang ist die Schattenbiosphäre nur eine Idee, gefunden hat man noch keine "außerirdischen" Bakterien. Der Bremer Chemiker Wolfram Thiemann bezweifelt, wie viele andere Wissenschaftler auch, dass man jemals welche findet. "Eine interessante Theorie", findet er, "nicht ausgeschlossen, aber wenig plausibel". Weil, so Thiemann, hätte es tatsächlich irgendwann eine andere Biosphäre auf der Welt gegeben, sie wäre von der dominierenden – also unserer – wahrscheinlich aufgefressen worden.
Wolfram Thiemann hat mit seinen Kollegen ein Gerät entwickelt, das 2013 mit zum Mars fliegen soll und messen soll, ob Spuren von Leben – wenn es denn überhaupt welche gibt – rechts- oder linksdrehend sind.
Entstehung des Lebens ausschließlich durch Umweltfaktoren?
Wenn rechts- und linksdrehende Eiweiße in gleichem Maße vorhanden wären, würde das bedeuten, dass sie wohl abiotisch entstanden sind, also keinen Hinweis auf vergangenes Leben liefern. Würde eine Drehrichtung der Eiweiße bevorzugt – so wie auf der Erde – wäre das ein deutliches Indiz dafür, dass es zumindest Leben auf dem Mars gegeben hat. Denn die Bevorzugung einer Drehrichtung gilt inzwischen als unabdingbare Voraussetzung für Leben.
Hätten dann organische Moleküle dieselbe Drehrichtung wie auf der Erde, dann, so Thiemann, wäre es wahrscheinlich, dass das Leben im All gleichzeitig mit dem auf der Erde entstanden sein könnte. Und vielleicht sogar doch durch den Weltraum gereist ist.
Autor: Daniel Schwenk
Stand: 11.05.2012 13:06 Uhr