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Mobiles Wohnen in der Zukunft

Immer mehr Menschen müssen berufsbedingt häufig den Wohnort wechseln. In den kommenden Jahren soll dieser Trend noch weiter an Fahrt gewinnen. Manche Zukunftsforscher prognostizieren, dass schon bald fünf bis zehn Prozent der Deutschen so leben werden.

Gefragt sind da Konzepte für mobiles Wohnen – die den Umzug und das Umgewöhnen einfacher machen. [W] wie Wissen blickt in die Zukunft des mobilen Wohnens und schickt einen fiktiven aber realistischen Berufsnomaden auf Wohnungssuche.

Eine Fiktion: Die Wohnungswelt 2021

Ingenieur ist er und deshalb ständig auf der Walz. Vor Aufträgen kann sich Tim Futur im Jahr 2021 kaum retten – der seit Jahren beklagte Mangel an Fachleuten hat sich verschärft. Allerdings wird Tim jeweils nur für die Dauer eines Projektes beauftragt; er muss regelmäßig umziehen. Nach Jahren des Kisteneinpackens, Kistenschleppens und Kistenauspackens hat er genug vom ständigen Tapetenwechsel: Er sucht diesmal vier Wände, die mit ihm umziehen. In den Wohnungsanzeigen hat er dafür einiges gefunden: zu Lande, zu Wasser und in der Luft.

Zu Wasser: Hausboote für Designliebhaber

Futuristisches langegeszogenes Haus mit überdimensionalen zweiten Stockwerk
Extravagante Stahlkonstruktion zu Wasser: Das Floating Home. | Bild: NDR

Als Norddeutscher fühlt Tim Futur sich sofort von den Anzeigen angesprochen, die das Wohnen auf dem Wasser anpreisen. Im Hamburger City Sporthafen hat er den ersten Besichtigungstermin. Floating Home, das schwimmende Zuhause, bietet rund ein Hundert Quadratmeter - zwei bis drei Zimmer in angesagtem Design, rundum mit unverbautem Seeblick. Von den deutschen Berufsnomaden lebt 2021 etwa die Hälfte auf dem Wasser – unter anderem aus Angst vor den steigenden Meeresspiegeln.

Tim ist überrascht von der Stahlkonstruktion mit der großzügigen Küche, dem Bad mit Wanne und separater Dusche, dem Gäste-WC und vor allem der Dachterrasse. Das alles erinnert ihn überhaupt nicht mehr an die Hausboote der Hippie-Aussteiger von einst: Es bietet ihm den ganzen Komfort, den er auch von einer Immobilie, also einem festsitzenden Heim, kennt und auch erwartet.

Besserverdiener wie er wünschen sich präsentable Domizile, die zu ihrem Lebensstil passen. Egal wo. Das Prinzip und den Grundriss kennt Tim von Großbaustellen, in denen Wohncontainer den Arbeitern ein Dach auf Zeit bieten. Hauptsache nah am Arbeitsplatz. "Wir sehen, dass die Idee des Containers übertragen auf Land und Wasser und gepaart mit Luxus etwas ist, das sehr attraktiv ist für Leute, die viel Geld haben und die gleichzeitig mobil sind", erklärte schon 2008 Peter Wippermann vom Hamburger Trendbüro. Viel Geld und mobiles Leben – diese Kombination trifft 2021 auf rund ein Viertel der Deutschen zu; wie auch auf Tim Futur.

Der Umzug mit dem Hausboot, so erfährt er aus einem kurzen Film, ist recht einfach: Das gesamte Gebäude, das auf einem Ponton aus Stahlbeton steht, wird mitsamt Inventar abgeschleppt. Das lästige Kistenpacken bleibt damit erspart. Allerdings könnte Tim nur an Orte ziehen, die entsprechende Liegeplätze bieten und über Wasserstraßen erreichbar sind. Diese müssen ausreichend breite Schleusen sowie ausreichend hohe Brücken haben. Also wird die Ortswahl mit einem Hausboot doch deutlich eingeschränkt.

Zu Land: Wohnmobile ohne Räder

Also kehrt Tim Futur an Land zurück. Sein nächster Besichtigungstermin ist in Bünde. Dort findet er das Smarthouse – einen der zahlreichen Entwürfe verschiedener Architekten auf dem Markt. Die ursprüngliche Idee stammt aus den USA. Dort werden jedoch die „mobile homes“ vor allem von denjenigen bewohnt, die sich nichts anderes leisten können.

Die europäischen Architekten dagegen zielen mit ihren mobilen Fertighäusern auf die besser verdienenden Berufsnomaden. Die sollen wie eine Schnecke ihr Haus überall hin mitnehmen. Eigene Räder haben die Mobilien grundsätzlich nicht. Stattdessen werden sie per Kran auf einen Lkw geladen und als Schwertransport zum nächsten (Miet-)Grundstück – oder beispielsweise auf das Flachdach eines Hochhauses – transportiert; für Familien auch gestapelt oder ebenerdig erweiterbar.

Auch hier findet Tim Futur Design und Komfort; diesmal in einem Niedrigenergiehaus aus Holz mit drei Zimmern, Küche, Bad und einem Kaminofen.

Um sich stets recht schnell einleben zu können, nutzt er die Angebote der Servicefirmen, die ihm helfen diese Mobilität zu leben – im praktischen Alltag aber auch bei der Suche nach neuen Bekanntschaften. In Kombination mit den mitziehenden vier Wänden wäre Tim also praktisch überall zuhause. Leider aber ist die Nachfrage nach den mobilen Heimen so groß, dass Tim Futur erst einmal auf einer Warteliste landet.

In der Luft: das Rucksackhaus

Ein Bild im Fertighaus macht Tim neugierig: ein Kubus – so groß wie ein Zimmer – mit Stahlseilen an die Außenwand eines Hochhauses angehängt. An allen fünf freien Seiten sind Fenster eingearbeitet – also auch im Boden. Nur etwas für Schwindelfreie.

Das Rucksackhaus muss zwar auch per Kran und Lkw transportiert werden, benötigt aber keinen Stellplatz und ist damit zunächst einmal mietfrei. Eine pfiffige Idee. Allerdings ist es nicht wirklich auf dem Wohnungsmarkt erhältlich; es ist eine Kunstinstallation aus der ersten Dekade des dritten Jahrtausends – vom Performancekünstler Stefan Eberstadt.

Für Zwischendurch: mobiles Mobiliar

Vom Leben auf dem Wasser vorerst verabschiedet; für seine mobilen vier Wände, das Wohnmobil ohne Räder, auf einer Warteliste – Tim Futur muss wohl doch erst einmal wieder einen Tapetenwechsel hinnehmen.

Von einem Kollegen hat er einen Tipp erhalten: kompaktes und mobiles Mobiliar. Aus einer etwa zwei Kubikmeter großen Kiste lassen sich Bett, Kleiderschrank, Schreibtisch, Bücherregal und Hocker ausklappen; mit etwas Übung in weniger als sieben Minuten. Die gesamte Kombination wiegt an die 200 Kilogramm. Der Vorteil: Tim kann diese Einrichtung mieten oder leasen, er muss sie nicht kaufen. Schließlich setzt er darauf, recht bald schon mitsamt seinem Zuhause umziehen zu können.

Autor: Kristal Davidson

Stand: 11.05.2012 13:02 Uhr

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