So., 15.06.08 | 17:03 Uhr
Das Erste
Tauchgang in Italien
Italien leidet unter Wassermangel. Im Hitzesommer 2007 war fast der gesamte „Stiefel“ ausgetrocknet. Nach Zukunftsprognosen wird sich die Trockenheit verschärfen.
Wegen maroder Rohre versickert zusätzlich Jahr für Jahr tonnenweise Wasser. Doch jetzt gibt es Hoffnung: Forscher entdeckten eine riesige unterirdische Wassergrotte in der Nähe von Rom. Jetzt erforschen Taucher die Höhle.
Höhlentaucher entdecken nassen Schatz in den Abruzzen
Wissenschaftler der Uni Rom sind unterwegs in unwegsamem Gelände. In einem Waldgebiet schleppen der Geologie Giorgio Caramanna und sein Team schwere Tauchausrüstungen. Sie wollen zu einer Grotte, in der sie große Mengen Wasser entdeckt haben. Giorgio Caramanna, Taucher und Geologe an der Uni Rom, erklärt: "Unser erstes Ziel ist die Erforschung der Höhle. Dann wollen wir wissen, wie gut das Wasser ist, also ob es trinkbar ist. Und es interessiert uns, wie viel Wasser in der Grotte ist." Wenn genug in der Grotte vorhanden ist, wäre das für Italien ein Schatz.
Trockenheit trifft vor allem Poebene und Süditalien
Im Hitzesommer 2007 schrumpfte der italienische Fluss Po schon im April zu einem Rinnsal. Dürre Sommer werden häufiger und dauern länger. In Mittelitalien gibt es zwar noch genügend Wasser, aber die Grotte "La Foce" soll die Versorgung auch in der Zukunft sicherstellen.
Glasklares Wasser tief im Berg
Die Forscher haben schon mehrere Tauchgänge in die Grotte unternommen. Und je tiefer sie vorstoßen, umso spannender wird es. Im Juni 2006 erreichen sie in der Höhle ungeahnte Tiefen. Sie dringen etwa einen Kilometer in die Grotte vor und tauchen dabei über einhundert Höhenmeter hinab - in glasklarem Wasser. Die Taucher schätzen den kühlen Schatz auf zehn Millionen Kubikmeter Wasser – für Mittelitalien wäre das eine Sensation.
Magische Höhlenwelt
Marco Giordani war am tiefsten unten in der Höhle: "Ich glaube, ich habe etwa bis 120 Meter Tiefe gesehen. Und wahrscheinlich geht die Höhle noch weiter runter." Diese magische Welt der unterirdischen Höhlen begeistert viele Taucher – wie auch Marco Giordani: "Manchmal nenne ich es das 'Star Trek'-Syndrom: Denn Du erreichst als erster Mensch überhaupt einen Ort, den davor noch keiner gesehen hat. Dazu kommt auch etwas Angst, die einen im richtigen Moment wieder aus der Höhle raustreibt."
Doch wie viel Wasser steckt nun in der Höhle? Das wollen sie herausfinden. Giorgio Caramanna erklärt: "Es ist unser Hauptziel, die Wassergeschwindigkeit zu messen. Dazu benutzen wir einen farbigen Marker oder Tracer, den wir in der Höhle frei setzen. Außerdem messen wir das Profil der Höhle und können daraus den Wasserfluss berechnen, also wie viel Wasser durch die Höhle fließt."
Lebensgefährliche Arbeit bei Kälte, Nässe und Dunkelheit
Die beiden ausgebildeten Wissenschaftstaucher schleppen ihre fünfzig Kilogramm schwere Ausrüstung in den Eingang der Grotte. Ein Trockentauchanzug und ein wollartiger, wärmeisolierender Unteranzug schützen die Taucher vor dem acht Grad kalten Wasser. Lebenswichtige Ausrüstung wie Luftdruckflaschen, Lampen oder Atemgeräte haben sie zweifach dabei – zur Sicherheit.
Immense Fließgeschwindigkeit
Mit einer farbigen Flüssigkeit können die beiden Taucher messen, wie schnell das Wasser durch die Höhle fließt. Außerdem bestimmen sie an vielen Punkten Breite und Höhe der Grotte. Nach zwei Stunden tauchen sie durchgefroren wieder auf.
Direkt im Anschluss werten sie im Camp ihre Messdaten aus: Nach ihren Berechnungen sprudelt die Quelle mit etwa 1.000 Liter pro Sekunde. Ein guter Wert, finden die Taucher.
Sehr mineralhaltiges Wasser
Jetzt muss die Wasserqualität überprüft werden. Giorgio Caramanna untersucht eine Wasserprobe. Und er stellt fest, das Wasser ist trinkbar. Spätere exakte Analysen an der Uni Rom werden das bestätigen. Aber auch der gemessene Anteil an Mineralien ist bemerkenswert. "Dieser Gehalt an Mineralien bedeutet, zusammen mit der hohen Fließgeschwindigkeit, dass das Wasser sehr lange in Berührung mit Gestein war und so die Mineralien aufnehmen konnte. Das bedeutet, dass das Wasserreservoir sehr groß sein muss. Außerdem hat das Wasser eine gute Qualität. Es ist Trinkwasser", so Giorgio Caramanna.
Kann das Wasser aus "La Foce" Italien retten?
Wenn alles klappt, kann es dazu beitragen. Die Forscher hoffen, zusammen mit dem lokalen Wasserversorger, das Wasser in Zukunft von oben her anzuzapfen und hoch zu pumpen. Giorgio Caramanna und sein Team werden sicher noch öfters in "La Foce" abtauchen müssen.
Autor: Dirk Beppler
Stand: 11.05.2012 13:00 Uhr