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Wissen im Alltag - Gewürze und Verdauung

Chili, Zimt und Sternanis. Gewürze riechen und schmecken nicht nur gut – viele sind auch noch gesund.

Schon seit tausenden Jahren nutzen die Chinesen und Inder die heilsame Wirkung von Gewürzen in ihrer traditionellen Medizin.

Ingwer und Zimt helfen bei Erkältung und Übelkeit, Knoblauch kann den Blutdruck senken, die Verdauung ankurbeln und lindert sogar die Symptome bei Diabetikern. In der Volksmedizin
schon lange genutzt, und von Naturmedizinern wie Hildegard von Bingen oder Sebastian Kneipp wieder entdeckt, stießen solche Rezepte in der Schulmedizin lange auf Skepsis.

Denn bis heute ist weitgehend ungeklärt, warum der Genuss mancher Kräuter wirklich eine medizinische Wirkung entfaltet. Forscher aus München sind nun einen entscheidenden Schritt weitergekommen, die Geheimnisse der Gewürze zu lüften.

Gewürze gegen Durchfall?

Zeichnung von den Verdauungsorganen
Der Verdauungstrakt des Menschen | Bild: dpa

So leidet jeder siebte Deutsche unter Verdauungsstörungen – oft sind sie chronisch und schwer zu behandeln. Für viele sind die Beschwerden wie Durchfall oder Verstopfung peinlich und unangenehm. Medikamente bekämpfen häufig nur die Symptome. Mit den richtigen Gewürzen – so behauptet zumindest die Naturmedizin – könnte man die Beschwerden dagegen wirklich heilen. An der Universität München (LMU) haben sich Forscher deshalb Gewürze und ihre Wirkung auf den Magen-Darm-Trakt genauer unter die Lupe genommen.

Was passiert überhaupt mit Gewürzen in Magen und Darm? Können Sensorzellen in der Darmwand etwa Gewürze ebenso erkennen, wie die Riechzellen in der Nase? "Man kennt ja in der Nase beim Menschen werden 300 verschiedene Rezeptoren benutzt, um die vielen verschiedenen Düfte und Gerüche, die auf einen eintreffen, zu analysieren. Von den Rezeptoren haben wir einige wenige, die sehr gut bekannt sind, herausgegriffen und überprüft, ob sie tatsächlich im Darm des Menschen exprimiert werden und ob sie dort eine physiologische Funktion haben," sagt Prof. Dr. Manfred Gratzl, Internist und Leiter des Forschungsprojektes an der Uni München.

Thymol regt Darmtätigkeit an

"Thymol" beispielsweise gibt dem Thymian seinen charakteristischen Duft. Mehrere Kilogramm Thymian sind notwendig, um so eine Löffelspitze des ätherischen Öls zu produzieren. Darin ist der Wirkstoff hochkonzentriert. Im Experiment werden Darmzellen mit dem Aromastoff Thymol besprüht. Laserstrahlen machen sichtbar, dass bestimmte Zellen auf den Wirkstoff des Thymians reagieren. Nimmt der Mensch mit der Nahrung Thymian zu sich, wird das Gewürz zunächst im Darm in seine
Bestandteile zerlegt. Thymol wird dabei freigesetzt.

Trifft dieser Aromastoff auf spezielle Rezeptorzellen in der Darmwand, wird die Produktion des Botenstoffes Serotonin gesteigert. Je mehr Serotonin freigesetzt wird, desto mehr Verdauungssäfte werden ausgeschüttet und die Muskelbewegungen im Darm angeregt. Die Verdauung kommt in Schwung. Thymian hilft also bei trägem Darm oder Verstopfung.

Suche nach weiteren Wirkstoffen

Bei Thymian oder Gewürznelken waren die Ergebnisse der Münchner Forscher eindeutig. Die Wissenschaftler versuchen nun weitere Wirkstoffe aufzuspüren, die gegen Durchhelfen helfen könnten, aber auch solche, die beim Menschen für gesundheitliche Beschwerden verantwortlich sein können. "Wir kommen täglich mit diesen Stoffen in Berührung und wissen gar nicht, was dann im Körper passiert," beklagt Gratzl. "Und jetzt können wir sagen: da passiert etwas im Darm und Menschen die dort Beschwerden haben, müssen sich überlegen, ob sie dauernd diese Stoffe auf sich einwirken lassen.“

Autor: Wolfgang Karg

Literatur

Physiologie: Bewegendes Aroma

In Magen und Darm sitzen Duftsensoren. Bloß, was tun sie dort?
GEO Magazin Nr. 08/07

Stand: 29.11.2012 11:31 Uhr

Sendetermin

So., 03.02.08 | 17:03 Uhr
Das Erste

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