So., 13.12.09 | 17:03 Uhr
Das Erste
Konfliktdiamanten – Tödliches Geschäft
Diamanten: Fluch und Segen Afrikas
Mehr als fünfzig Prozent der weltweiten Schmuck-Diamanten werden in Afrika gefördert. Der Reichtum an Diamanten ist ein Segen für den Kontinent – aber auch ein Fluch: Um keinen anderen Rohstoff wurden so grausame Kriege geführt wie um diesen Edelstein. Auch wenn die Kriege in Sierra Leone und Angola inzwischen beendet sind: Der Handel mit Diamanten ist auch heute noch verbunden mit massiven Menschenrechtsverletzungen.
Treibstoff für blutige Kriege
In den 1990er-Jahren toben in den westafrikanischen Ländern Sierra Leone und Angola brutale Bürgerkriege mit Millionen von Todesopfern. In beiden Konflikten spielen die Diamantenminen eine entscheidende Rolle: Mit Diamanten finanzieren die Rebellen ihre Waffen. Diamanten sind klein und damit leicht zu schmuggeln. Die günstigen Rohdiamanten der Rebellen erzielen immense Gewinne in den Zentren des Diamantenhandels wie Antwerpen. Die blutige Herkunft der Steine interessiert niemanden, denn die Konflikte in Afrika spielen kaum eine Rolle in den westlichen Medien. Zwischen 1995 und 2000 sind nach Schätzungen der UNO 15 Prozent der weltweit gehandelten Diamanten sogenannte Konfliktdiamanten – Diamanten, mit denen Kriege finanziert werden.
Kampf gegen Konfliktdiamanten
Erst Ende der 90er-Jahre wird die Weltöffentlichkeit auf die Kriege in Afrika und die Rolle der Diamanten aufmerksam. Auf Druck von Menschenrechts-Organisationen schließen sich Industrie und Herkunftsländer im Kimberley Prozess zusammen. Der Handel mit Konfliktdiamanten wird für illegal erklärt: Jeder Rohdiamant muss ab 2003 durch ein staatliches Herkunftszertifikat zu seinem legalen Ursprung zurückverfolgt werden können. Die Ächtung der Konfliktdiamanten trägt dazu bei, den vierzigjährigen Bürgerkrieg in Angola zu beenden. Trotzdem kritisieren Menschenrechts-Organisationen die unzureichende Umsetzung des Kimberley-Abkommens. Vielfach sind die Regierungen nicht willens oder aber in der Lage, effektive Kontrollen durchzuführen. Nach Angaben von Greenpeace macht der illegale Diamantenhandel 2009 immer noch 20 Prozent des Welthandels aus.
Neue Konfliktdiamanten
Nach offiziellen Statistiken ist im Jahr 2009 unter den weltweit gehandelten Diamanten weniger als ein Prozent Konfliktdiamanten. Allerdings, so die Kritik von Menschenrechts-Organisationen, sind damit nur diejenigen Steine erfasst, mit denen Rebellen ihren Kampf finanzieren. Diamanten, die zwar legal, aber unter schweren Menschenrechtsverletzungen abgebaut werden, fallen nicht in diese Statistik. Jüngstes Beispiel ist Simbabwe: Seitdem im Osten des Landes riesige Diamantenfelder entdeckt wurden, versucht die Regierung mit brutalen Mitteln, das Gebiet unter Kontrolle zu bekommen. Im Oktober 2008 kam es zu einem Massaker an Hunderten von illegalen Diamantensuchern durch die Armee. Ähnliche Meldungen von Enteignungen und Deportationen durch die Regierung kommen aus Sierra Leone und Angola. Diese Diamanten gelten aber offiziell nicht als Konfliktdiamanten.
Faire Diamanten sind möglich
Das Thema Konfliktdiamanten ist also noch längst nicht Geschichte. Allerdings gibt es Länder, die zeigen, dass es auch anders funktionieren kann. Botswana, der größte Diamantenexporteur Afrikas, ist so etwas wie ein Musterland der Diamantenproduktion. Denn hier profitiert auch die Bevölkerung vom Diamantenhandel: Die Erlöse fließen in Gesundheitssystem, Bildung und Infrastruktur. Ob auch andere Länder Afrikas dem Beispiel Botswanas folgen werden, entscheiden letztlich die Kunden – denn das Produkt Diamanten lebt zuallererst vom positiven Image. Wenn die Verbraucher darauf bestehen, Diamanten aus legaler und menschenwürdiger Produktion zu kaufen, wird die Industrie diese Bedingungen schaffen. Und dann könnten die Diamanten Afrikas tatsächlich statt Treibstoff für Krieg und Zerstörung Motor für eine friedliche Entwicklung des Kontinents sein.
Autor: Jakob Kneser (WDR)
Stand: 22.11.2012 16:41 Uhr