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Wie der Container die Fabrik verändert hat

Der Container als Motor der Globalisierung oder Die Allerwelts-Matratze

Ein Kassenscanner setzt eine weltweite Prozesskette für den Nachschub in Gang
Ein Kassenscanner setzt eine weltweite Prozesskette für den Nachschub in Gang | Bild: WDR

Egal, ob Auto, Elektrogerät oder ein Haushaltsgegenstand: Wenn der Scanner an der Kasse einen Verkauf registriert, wird irgendwo auf der Welt bereits am Nachschub gearbeitet. Denn der Zentralrechner ordert sofort neue Ware. Wer auf diese Weise den Warenstrom kontrolliert, benötigt kein eigenes Lager mehr, denn geliefert wird genau nach Bedarf, auch wenn es rund um den Globus geht - dank des Containers ist das kein Problem. Er ist das Herzstück der Globalisierung. Durch ihn haben sich auch die Fabriken verändert. Sie können bei minimalen Transportkosten Vorprodukte in dem Winkel der Erde produzieren lassen, in dem das am billigsten geht. Solche Vor- oder Zwischenprodukte machen etwa 70 Prozent des weltweiten Transportaufkommens aus, schätzen Experten. Die fertigen Artikel werden dann wieder rund um den Globus verteilt. Dafür sind etwa elf Millionen Standardcontainer ständig auf den Weltmeeren unterwegs. Und ein Vielfaches davon fährt oder parkt noch einmal auf dem Festland. Diese stählernen mobilen Kleinst-Lager haben die klassischen Lagerhäuser längst verdrängt.

Ein Produkt unter der Lupe: Matratze

Die Matratzenfabrik liegt mitten im Ruhrgebiet. Bis zu 2000 Matratzen verlassen das mittelständische Traditionsunternehmen in Wattenscheid an jedem Tag. In dem großen Logistikzentrum kommen ständig Lieferungen für die Matratzenherstellung an. W wie Wissen hat sich genau angesehen, wie eine Federkernmatratze Schritt für Schritt gefertigt wird. Wir haben jede "Zutat" genau nachverfolgt: Wo auf der Welt wird welches Vorprodukt oder Zwischenprodukt hergestellt, und wie viel Kilometer hat es dann bis in die Matratzenfabrik zurückgelegt?

1. Zutat: Der Draht für den Federkern

Der Draht für den Federkern
Der Draht für den Federkern | Bild: WDR

Die Komponenten für die Herstellung des Drahts kommen von weit her: Kokskohle kommt mit Massengutfrachtern aus dem australischen Bundesstaat Queensland zum dortigen Hafen Dalrymple Bay und über Rotterdam nach Dillingen an der Saar.
Fahrtstrecke: 21.919 Kilometer.
Die zweite wichtige Komponente ist Eisenerz aus Brasilien. Das wird von der Erzstätte Itabira im Südosten Brasiliens zum Hafen Tubarão gebracht und von da aus ebenfalls mit Massengutfrachtern (Ein Massengutfrachter transportiert seine Fracht unverpackt in loser Schüttung. Bsp. Kohle, Eisenerz, Sand) zum Saarhafen Saarlouis-Dillingen.
Fahrtstrecke: 10.132 Kilometer.
Aus Eisenerz wird Stahl: gegossen in dicke Knüppel. Die werden dann zu einem Roh-Draht gezogen. Per Lkw geht es weiter nach Altena in Westfalen. Hier wird aus dem Roh-Draht ein Spezialdraht gezogen: Schwer zu biegen – aber trotzdem elastisch: geeignet zum Polstern von Möbeln. Der Draht wird dann weiter nach Wattenscheid transportiert.
Gesamtfahrtstrecke für den Draht: 32.429 Kilometer.

2. Zutat: Der Fließ, der den Federkern umhüllt

Weg der Vorprodukte: Kuwait – Rotterdam – Prato (Italien) – Wattenscheid
Wegstrecke in Kilometern: 14.861

3. Zutat: Schaumstoff

Weg der Vorprodukte: Vereinigte Arabische Emirate – Rotterdam (Niederlande) – Kesteren (Niederlande) – Wattenscheid
Wegstrecke in Kilometern: 11.946

4. Zutat: Heißkleber

Weg der Vorprodukte: Saudi Arabien – Le Havre (Frankreich) – Pirmasens (Deutschland) – Wattenscheid
Wegstrecke in Kilometern: 12.704

5. Zutat: Elastischer Überziehstrumpf

Weg der Vorprodukte: Kuwait – Jakarta (Indonesien) – Meßstetten-Tieringen (Deutschland) – Wattenscheid
Wegstrecke in Kilometern: 24.844

6. Zutat: Die Materialien für den Bezugsstoff

Weg der Vorprodukte:
a) Weg der Vorprodukte: Kuwait – Rotterdam – Prato (Italien) – Wattenscheid
Wegstrecke in Kilometern: 14.861
b) Iran – Shanghai – Meulebeke (Belgien) – Wattenscheid
Wegstrecke in Kilometern: 30.873
c) Indien – Jakarta (Indonesien) – Meßstetten-Tieringen (Deutschland) – Wattenscheid
Wegstrecke in Kilometern: 21.723
d) Indien – Rotterdam – Wattenscheid
Wegstrecke in Kilometern: 12.024

7. Zutat: Reißverschluss

Weg der Vorprodukte: Katar – Tongxiang (China) – Shanghai (China) – Wattenscheid
Wegstrecke in Kilometern: 30.920

8. Zutat: Verpackungsfolie

Der Weg der Matratze
Der Weg der Matratze | Bild: WDR

Weg der Vorprodukte: Saudi Arabien – Rotterdam – Weidhausen (Deutschland) - Wattenscheid
Wegstrecke in Kilometern: 13.217

Obwohl wir nur die wichtigsten Vorprodukte eingerechnet haben, legen die Vorprodukte und die Vor-Vorprodukte insgesamt 220.914 Kilometer zurück, bis alles zur Montage im Wattenscheider Matratzenwerk zusammengekommen ist! Eine Matratze entsteht heutzutage also in einem weltumspannenden Fabriken-Netzwerk und nicht in einer einzelnen Fabrik. Trotzdem macht der Transport nur einen Bruchteil der Gesamtkosten aus. Die Federkernmatratze ist übrigens kein Extrembeispiel: Auch bei anderen Produkten aus Übersee macht der Transport im Durchschnitt gerade mal drei Prozent des Preises im Kaufhaus aus.

Autor: Reinhart Brüning (WDR)

Stand: 24.09.2015 13:58 Uhr

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