So., 28.03.10 | 17:03 Uhr
Das Erste
Der Eier-Wettbewerb
Was ein Hühnerei wirklich aushält
"Wir haben früher Eier übers Haus geworfen und wenn sie auf dem Rasen gelandet sind, sind sie nicht kaputt gegangen." Die Geschichte, die der WDR-Kameramann erzählt, klingt nach einem Scherz, doch er meint es ernst. Eigentlich wollte das W wie Wissen-Team nur testen, bei welcher statischen Belastung ein rohes Hühnerei kaputt geht. Doch nach dieser Behauptung will W wie Wissen es genau wissen: Wann überlebt ein Ei einen Sturz aus großer Höhe? Maschinenbau-Studenten der Ruhr-Universität Bochum unterstützen W wie Wissen bei dem Experiment. Sie haben verschiedene Konstruktionen gebaut, die ein rohes Ei nach einem Fall aus fünf Metern Höhe auffangen sollen - ohne dass es kaputt geht natürlich. Vier verschiedene Ideen treten gegen einander an.
Clever aufgefangen
Erstens: eine Umlenkkonstruktion. Das Ei fällt in einen Korb, der an einer Art Schaukel aufgehängt ist und zur Seite wegfliegen kann. Dadurch wird die Bewegung des Eis nach unten in eine seitliche Bewegung umgewandelt. Dabei kann es dann langsam auf einer Strecke von rund einem halben Meter abgebremst werden. Während des Bremsvorgangs lastet auf dem Ei die zehnfache Erdbeschleunigung, das bedeutet: das zehnfache Eigengewicht. Das Ei bleibt ganz.
Zweitens: eine Art Eimer. Die Studenten haben mehrere Pappteller übereinander gestapelt und in der Mitte eingeschnitten. Auf diese Weise soll der Sturz langsam auf einer Strecke von etwa 30 Zentimetern abgebremst werden. Belastung für das Ei: die 17-fache Erdbeschleunigung, also das 17-fache Eigengewicht. Das Ei bleibt ganz.
Drittens: ein Becher, der mit Gel gefüllt ist. Bremsweg für das Ei: gerade mal neun Zentimeter. Das bedeutet 55-fache Erdbeschleunigung. Das Ei bleibt ganz.
Viertens: Ein Stück Rollrasen. Jetzt zeigt sich, was an der Geschichte des Kameramanns dran ist. Er versucht kurzfristig zurück zur rudern, behauptet, der Rasen sei zu kurz geschnitten und die Erdschicht darunter zu dünn. Wir versuchen es trotzdem. Mit 36 Kilometern pro Stunde schlägt das Ei auf dem Gras auf. Bremsweg gerade mal fünf Zentimeter. Auf dem Ei lastet für kurze Zeit die 100-fache Erdbeschleunigung, das entspricht dem 100-fachen Gewicht des Eis! Und es bleibt tatsächlich ganz. Erst als wir das Ei ganz von der Hallendecke (Höhe 6,70 Meter) fallen lassen wird die Belastung zu groß und das Ei geht kaputt.
Clever gestanden
Eine beeindruckende Leistung des Eis. Doch wie sieht es mit der statischen Belastung aus? W wie Wissen macht noch einen zweiten Test: Kann ein Mensch auf nur drei rohen Eiern stehen? Die Maschinenbau-Studenten nutzen dabei die Geometrie des Eis. Sie stellen die Person nicht direkt auf die Eier, sondern verteilen den Druck. Die Eier bekommen von oben und unten eine Art Hütchen auf: einen kleinen, mit Sand gefüllten Plastikbecher. Der Sand passt sich genau der Eiform an, so dass die Schale gleichmäßig belastet wird. Die Studenten sind vorsichtig und haben extra die leichteste unter ihnen als Testgewicht auserkoren: Die 50 Kilogramm schwere Sarah. Mit einem Seilzug wird Sarah langsam auf die Glasplatte abgelassen, die nur von den drei Eiern getragen wird. Auf jedem Ei lastet also ein Gewicht von fast 17 Kilogramm. Doch die Eier halten. In 10-Kilogramm-Schritten wird die Belastung mit zusätzlichen Gewichten aus Stahl erhöht. Insgesamt auf 110 Kilogramm. Und immer noch halten die rohen Eier. Das bedeutet jedes Ei trägt fast 37 Kilogramm!
Erst bei 120 Kilogramm bricht die Konstruktion ein. Die Zeitlupe zeigt jedoch überraschenderweise: Nicht die Eier sind kaputt gegangen, sondern die Plastikbecher sind auseinander gebrochen.
Fazit: Wenn man das Ei nicht punktuell belastet, hält es erstaunlich viel aus. Das Ei ist eine echte Meisterleistung der Natur.
Adressen & Links
Jährlicher Wettbewerb "Flying Ei" des Fachbereichs Maschinenbau der Ruhr-Universität Bochum. Die Studenten bauen ausgefeilte Konstruktionen mit denen rohe Hühnerei, beschleunigt, geworfen, aufgefangen oder umgelenkt werden.
Autor: Uli Grünewald (WDR)
Stand: 29.10.2015 14:34 Uhr