So., 05.09.10 | 17:03 Uhr
Das Erste
Urwälder und Weltnaturerbe
Ein Stück Amazonas in Kroatien: Jede Bootsfahrt ist wie eine Safari am anderen Ende der Welt – aber wir sind mitten in Europa, in den Donau-Auen. Die Reise der Donau entlang beginnt am Naturpark Kopacki Rit in Kroatien, Flusskilometer 1382. Hier mündet die Drau in die Donau, und hier liegt eines der letzten großen Überflutungsgebiete Europas. Solche Überschwemmungsflächen sind wichtig: Für Tiere und Pflanzen, weil jede Flut nahrhafte Sedimente liefert. Aber auch für den Menschen, weil sie so vor Hochwasser geschützt sind.
Rastplatz für Zugvögel
In den Altarmen bei Osijek in Kroatien sind letzte Urwaldbestände zu bewundern: riesige Bäume mit 40 Metern Höhe und zehn Metern Durchmesser. Anfang der 90er Jahre war hier Krieg, bis heute besteht Minengefahr. Für die Natur ist das ein makabrer Schutz vor dem Menschen. Aber er funktioniert. "Kopacki Rit" ist einer der wichtigsten Rastplätze für Zugvögel von und nach Europa. Hier können sie Halt machen, sich auf ihrer langen Reise ausruhen. Manche bleiben auch ganz hier.
4.300 Quadratkilometer Natur pur
Die Donau-Reise führt weiter nach Rumänien, nach Enisala, Flusskilometer 70. Rumänien hat von allen zehn Anrainerländern den größten Anteil am Donau-Ufer. Am Ende kommt hier das Delta in Sicht, das Mündungsgebiet ins Schwarze Meer.
Das Donau-Delta besteht aus hunderten Seen, Altarmen, Kanälen und Flüssen, die eine Fläche von fast 4.300 Quadratkilometern durchziehen. Ein Raritätenkabinett der Artenvielfalt mit alleine 320 verschiedenen Brut- und Zugvögeln. Deshalb ist das Delta Biosphärenreservat und Weltnaturerbe der UNESCO.
Marcel Iacovici ist Park-Ranger im Donau-Delta. Er kennt die Schätze dieses Paradieses, er kennt vor allem aber die Gefahren: In den 80er-Jahren ließ das Ceausescu-Regime ein Fünftel des Deltas zerstören, um Ackerland zu gewinnen. Heute schlägt sich Marcel Iacovici mit illegalen Bauvorhaben, Pestiziden aus der Landwirtschaft und Schwarzfischerei herum. Er ist froh darüber, dass die Kontrollen verbessert wurden, Baugenehmigungen und Fischereilizenzen viel restriktiver vergeben werden. Aber er weiß auch, dass man das noch verbessern muss.
Umweltprobleme durch Tourismus
Früher lebte halb Rumänien vom Fisch, jetzt sind die meist arbeitslosen Fischer froh, wenn sie eine neue Einkommensquelle haben. In Uzlina wurden Hotels mitten ins Delta hineingebaut. Die wachsende Neugier auf ein unvergessliches Naturerlebnis fördert aber Umweltprobleme. Eine Folge: Der Schwarzmarkt nach gefragten Arten wie dem Stör blüht. Die Ranger haben alle Hände voll zu tun – aber es ist ein Kampf gegen Windmühlen. Für Marcel Iacovic liegt ein Hauptproblem darin, dass es zu wenig Personal gibt, um das riesige Gebiet zu überwachen und den expandierenden Tourismus unter Kontrolle zu halten.
Erfolge der Naturschützer
Naturschutz braucht einen langen Atem und finanzielle Unterstützung - etwa durch nachhaltigen Öko-Tourismus. Umweltverbände wie der WWF engagieren sich in solchen Projekten, die mitgeholfen haben, dass bereits 10.000 Hektar des Donau-Deltas renaturiert werden konnten. Ein sichtbarer Erfolg: Im rumänischen Delta ist die Lebensader Europas inzwischen wieder so sauber, dass man aus ihr trinken kann.
Adressen & Links
WWF-Auen-Institut an der Universität Karlsruhe
Josefstraße 1
76437 Rastatt
Tel.: (07222) 38 07-0
Fax: (07222) 38 07-99
Autor: Thomas Morawski (BR)
Stand: 08.04.2014 10:00 Uhr