So., 22.04.12 | 17:00 Uhr
Das Erste
Wassertest: Wo schmeckt's am besten?
W wie Wissen macht den Test
Deutsches Leitungswasser hat einen hervorragenden Ruf: Das am besten kontrollierte Lebensmittel, sauber, sicher, gut. Laut Trinkwasserverordnung soll das gelieferte Wasser hygienisch einwandfrei, dazu geruchs- und geschmacksneutral sein. Einige Wasserversorger und Städte sind besonders stolz auf ihr Wasser – um den ersten Platz in Deutschland wetteifern zum Beispiel München und Berlin. München bezieht sein Wasser aus idyllischen Voralpentälern, Berlin rühmt sein Grundwasser, das durch den sandigen Untergrund in Brandenburg besonders klar und rein sein soll. Von ausgezeichneter Qualität sind sicher beide, doch gibt es auch Geschmacksunterschiede? Das wollten wir in vier großen deutschen Städten testen: In Berlin, München, Hamburg und Köln.
"Dat Wasser von Kölle is jot"
Die Kölner besingen ihr "gutes Wasser" sogar in einem Karnevalsschlager, allerdings kommt die Domstadt oft nicht bei allen so gut weg: Es sei aufbereitete Brühe aus dem Rhein, wird gemunkelt, und schmecke scheußlich. Allerdings stimmt das so nicht – in den Stadtvierteln links des Rheins stammt das Wasser zum Teil tatsächlich aus dem Rhein, ist aber jahrelang durch den Boden gesickert, dadurch gefiltert worden und vermischt sich mit dem Grundwasser - so genanntes Uferfiltrat. Aus 60 Prozent Uferfiltrat und 40 Prozent Grundwasser besteht das Kölner Wasser, das links des Rheins aus dem Hahn läuft. In Hamburg wiederum kommt das Wasser in einigen Vierteln von weit her, aus der Lüneburger Heide oder aus Schleswig Holstein, die meisten der 17 Hamburger Wasserwerke fördern aber Trinkwasser im Stadtgebiet.
Der WwW-Wassertest
Wir wollten also wissen: Wie schmeckt das Leitungswasser in Berlin, Hamburg, Köln und München? In allen vier Städten haben wir jeweils eine Wasserprobe entnommen und in gekühlten Flaschen in ein Spezial-Labor geschickt: Im Technologie-Transfer-Zentrum Bremerhaven verkosten Sensorik-Prüfer normalerweise Lebensmittel und testen neue Produkte aus dem Kosmetik- oder Haushaltsbereich. Alle sind geschulte Profis und trainiert auf feine Wahrnehmung.
Blind verkostet: Keiner weiß, welches Wasser im Glas ist
Die Leiterin des Sensorik-Labors, Imke Mattulat, leitete den Test, der auf Basis einer so genannten "Unterschiedsprüfung" nach DIN-Norm durchgeführt wird: Die Prüfer hatten die Aufgabe, die Wässer voneinander zu unterscheiden. Dazu erhielten sie pro Durchgang drei Gläser mit Wasser, in denen zwei Proben identisch waren, eine dritte aber abwich: Köln-Berlin-Köln etwa, dann Berlin-Hamburg-Berlin. Sie mussten dazu aufschreiben, welche einzelne Probe anders war als die zwei weiteren und ihren Geschmackseindruck beschreiben. Alle Gläser waren mit einem dreistelligen Nummerncode versehen, sodass kein Prüfer wusste, welches Wasser im Glas war und aus welcher Stadt es stammte.
Erstaunliches Ergebnis
Das Ergebnis war erstaunlich: Es gab kaum Unterschiede! Alle Wässer wurden ähnlich häufig erkannt oder eben nicht erkannt, sodass keines besonders herausragte. Und das trotz der verschiedenen Landschaften, aus denen sie stammten. Berlin oder München schmeckten weder besonders gut, noch fielen im Vergleich dazu Köln oder Hamburg völlig ab. Mit haarscharf einer Stimme mehr wurde einzig ein Unterschied zwischen Hamburg und München festgestellt, so Laborleiterin Imke Mattulat.
Geschmackseindrücke sind subjektiv
Sie erklärt die Ähnlichkeit damit, dass alle vier Wässer zufällig denselben Härtegrad hatten: "Das heißt, es ist ähnlich viel Kalzium und Magnesium darin gelöst. Diese Stoffe sind wichtige Geschmacksträger." Wäre ein Wasser mit einem weichen Härtegrad dabei gewesen, hätte das Ergebnis anders ausfallen können, meint die Expertin. So aber gab es nur subjektive Eindrücke der Prüfer. Da wurde zum Beispiel das Hamburger Wasser im Unterschied zum Münchner Wasser als "komisch schmeckend", "mit chemischer Note", als "bitterer" oder als "weicher" bezeichnet - tatsächlich ist es sogar etwas härter. Auch können sich sogar innerhalb der Städte die Wässer unterscheiden, denn eine Großstadt bezieht ihr Wasser in der Regel aus unterschiedlichen Quellen.
Erkennen die Münchner ihr Wasser wieder?
Insgesamt war das Fazit, dass sich die Proben aus den vier Städten geschmacklich praktisch nicht unterschieden – von der leichten Tendenz zwischen Hamburg und München mal abgesehen. Das wollte das WwW-Team genauer wissen: Können Menschen, die ein bestimmtes Leitungswasser ständig trinken, dieses auch wiedererkennen und einen Unterschied feststellen? Das sollte ein Straßentest in München zeigen: Heimisches Münchner Wasser im Vergleich zu Wasser aus Hamburg. Auf dem Münchner Viktualienmarkt baute das WwW-Team einen Probierstand auf und bot Wasserproben an. Die freiwilligen Teilnehmer, alles Einwohner Münchens, bekamen zwei nummerierte Becher mit Wasser und sollten herausschmecken, welche der beiden Proben ihr Alpenwasser enthielt. Alle Befragten hatten vorher angegeben, das hiesige Wasser oft und gerne zu trinken.
"Preußenwasser" schmeckt auch nicht schlecht
Am Ende hatten 31 Freiwillige mitgemacht – Ergebnis: 16 von ihnen hatten das Münchner Wasser richtig erkannt, 15 hielten das Hamburger Wasser für ihr gewohntes Nass. Rein rechnerisch also Gleichstand, in diesem Test zumindest war kein erkennbarer Unterschied vorhanden. Für das WwW-Team war das überraschend: Offensichtlich schmecken auch regelmäßige Wassertrinker ein Wasser, das sie gut kennen, nicht heraus. Fazit des WwW-Wassertests: Zwar ist Wasser nicht gleich Wasser, das weiß eigentlich jeder. Und doch ist es erstaunlich, wie ähnlich sich die Proben aus so unterschiedlichen Städten geschmacklich waren. Man kann also vorbehaltlos das Wasser in Berlin, Hamburg, Köln und München aus der Leitung genießen.
Autorin: Johanna Bayer (WDR)
Stand: 13.11.2015 14:07 Uhr