Sa., 27.07.19 | 23:45 Uhr
Das Erste
Zu den Sternen!
Indien ist auf dem Weg zum Mond! China will die Rückseite des Mondes erforschen, die NASA Touristen zur Raumstation bringen, die ESA ein ganzes Dorf auf dem Mond errichten und Trump, der will direkt zum Mars. Es scheint einen neuen Wettlauf ins All zu geben und eine neue Begeisterung für das, was fünfzig Jahre nach der ersten Mondlandung alles möglich zu sein scheint.
Ich habe mich in den letzten Tagen etwas anstecken lassen von dieser Begeisterung, habe mir die Mondlandung noch mal angeschaut und auch eine ganze Reihe anderer Dokumentationen… bis mir aufgefallen ist, dass bei all den Plänen, die es da gibt, von einem Stern so gut wie gar nicht die Rede ist. Obwohl der für uns Menschen noch viel wichtiger wäre als der Mond, der Mars oder andere Gestirne.
Ich meine den kleinen funkelnden Stern im Auge eines Kindes, das sich nicht mehr vor Granateinschlägen fürchten muss. Ich meine das Leuchten in den Augen einer Mutter, die endlich genug Nahrung für ihre Kinder hat. Ich meine den Glanz im Auge eines Klimaexperten, der sagen kann: "Wir haben es geschafft!".
Sind die Sterne, nach denen wir greifen, die richtigen Sterne? Und warum faszinieren uns diese fernen Gestirne gerade jetzt so stark, da wir vor so vielen ungelösten Problemen auf unserem eigenen Planeten stehen? Es ist sicher nicht mehr so wie vor fünfzig Jahren: West gegen Ost, Amerikaner gegen Russen. Dazu ist unsere Welt zu komplex geworden, da spielen auch Forschungsprojekte und privatwirtschaftliche Interessen eine Rolle. Aber der Erste zu sein und die anderen hinter sich zu lassen, zu siegen und nicht hinterherzuhinken: das scheint nach wie vor das Wichtigste zu sein. Vom Stolz der Nation ist wieder die Rede, vom Nutzen für das eigene Volk und auch vom eigenen Profit.
Von den Kosten ist wenig die Rede. Und damit meine ich nicht nur das Finanzielle, sondern auch den moralischen Preis, den wir zahlen werden, wenn wir so viel Energie in die Ferne lenken und dabei das Nächste übersehen: die Herausforderung direkt vor unserer Haustür und die Not des Menschen nebenan. Ich weiß: es könnte beides zusammen gehen. Aber ich höre so wenig davon.
In der Bibel schaut einer zu den Sternen hinauf und kommt dabei ins Nachsinnen über sich selbst, das Ganze und über Gott: "Seh ich den Himmel, das Werk deiner Finger; Mond und Sterne, die du befestigt: Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst; des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst?" (Ps 8,4-5).
Staunen darüber, dass Gott bei all seiner Macht einen Blick für den einzelnen Menschen hat. Dass er zusammen bekommt, was wir so schwer zusammen bekommen: Macht und Liebe, Größe und Rücksicht, Streben und Helfen…
Warum versuchen wir es nicht zumindest? Warum brechen wir nicht gemeinsam ins All auf, anstatt wieder einen Wettlauf daraus zu machen? Warum tun wir es nicht um des Klimas, der Gerechtigkeit und des Friedens willen, anstatt wieder der Erste sein zu wollen? Und warum nehmen wir nicht zumindest einen Teil der Milliardenbeträge für die Bekämpfung des Hungers in die Hand?
Wir würden einen ganz neuen Stern entdecken. Den, von dem ich gerade schon sprach. Den kleinen funkelnden Stern im Auge eines Kindes, das keine Angst mehr vor der Zukunft hat. Für einen solchen Griff nach den Sternen könnte ich mich noch viel mehr begeistern als für das, was gerade in Planung ist.