Di., 09.06.20 | 22:50 Uhr
Das Erste
Geheimsache Doping – "Hau rein die Pille!"
Schmerzmittel "verteilt wie Smarties" und wie Dopingmittel genutzt
Sie werden "verteilt wie Smarties" und oft wie Dopingmittel genutzt: Der deutsche Fußball hat ein großes Problem mit Schmerzmitteln. Von der Kreisklasse bis zur Bundesliga sind die nur vermeintlich harmlosen Substanzen für viele Spieler zu unverzichtbaren Begleitern geworden – mit zum Teil dramatischen gesundheitlichen Folgen. In der Dokumentation "Geheimsache Doping – 'Hau rein die Pille!'“ zeigen die ARD-Dopingredaktion und das gemeinnützige Recherchezentrum Correctiv nach über einjähriger gemeinsamer Recherche, dass der Lieblingssport im Land des viermaligen Weltmeisters häufig auch ein "Pillenkick" ist. Und dass viele Fußballer Schmerzmittel vor allem aus einem Grund nehmen: Sie wollen ihre Leistungsfähigkeit steigern.
Das Rechercheteam hat im Rahmen des Projekts mit mehr als 150 Bundesliga-Spielern, Ex-Profis, Trainern, Teamärzten, Wissenschaftlern und Funktionären gesprochen. Die alarmierenden Verhältnisse dokumentiert auch eine Befragung, an der sich deutschlandweit mehr als 1100 Fußballerinnen und Fußballer beteiligt haben. Mehr als 40 Prozent der genannten Gründe für die Einnahme von Schmerzmitteln beziehen sich auf die Motivation, im Spiel eine bessere Leistung abrufen zu wollen – unabhängig von Schmerzen oder Verletzungen.
Gehören Schmerzmittel auf die Dopingverbotsliste?
Auch vor dem Hintergrund dieser Umfrageergebnisse stellt sich für Experten die Frage, ob Schmerzmittel auf die Dopingverbotsliste gehören. Der Deutsche Fußball-Bund zeigt sich angesichts der Zahlen ebenso besorgt.
Die wenigen Profis, die sich zum Thema vor der Kamera äußern wollten, beschreiben den Profifußball als ein oft gnadenloses Geschäft und geben dem Milliarden-Business eine Mitschuld an den Verhältnissen. Neven Subotic (Union Berlin), einer der erfahrensten Bundesligaspieler, fordert mehr Aufklärung: "Was ich in den letzten 14 Jahren mitbekommen habe, ist, dass Ibuprofen wie Smarties verteilt wird. Für jedes kleine Aua gibt es quasi pauschal Ibuprofen". Subotic: "Für die Spieler ist es nicht offensichtlich, welche Folgen es haben kann, darüber werden sie in der Regel auch nicht informiert."
TV-Dokumentation im Anschluss an das DFB-Pokal-Halbfinale
Das Erste zeigt die TV-Dokumentation im Anschluss an das DFB-Pokal-Halbfinale Saarbrücken – Leverkusen am Dienstag, 9. Juni 2020 ab 22.45 Uhr, online ist das gesamte Feature bereits am Dienstagmorgen auf sportschau.de und in der ARD-Mediathek abrufbar. Federführer für die Dokumentation innerhalb der ARD ist der Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb).
Pillenkick
Die zentralen Ergebnisse der Recherche von ARD-Dopingredaktion und Correctiv werden darüber hinaus am Dienstag, 9. Juni 2020, ab 7:00 Uhr auf der Internetseite pillenkick.de veröffentlicht. Außerdem bietet sportschau.de/pillenkick weiterführende Informationen.