Fragen an Dominic Raacke

Dominic Raacke spielt Ivica Strugar "Vice"

Dominic Raacke spielt Ivica Strugar "Vice"
Dominic Raacke spielt Ivica Strugar "Vice" | Bild: ARD Degeto / Erika Hauri

"Split First": Mit klaren Aussagen zu Drogenhändlern, Kriminalität, Minderheiten, Flüchtlingen und Andersdenkenden ist Ivica Strugar klarer Favorit bei der Bürgermeisterwahl. Als er einen Angreifer in Notwehr erschießt und damit prahlt, ist er uneinholbar geworden. Als sich herausstellt, dass Strugar einst der sadistische Aufseher in einem Jungenheim war, nutzt er dies offensiv für sich und schärft damit sein Profil als "starker Mann". Er ist unangreifbar und die Polizei erscheint parteiisch. Aber Strugar ist auch eitel und selbstsüchtig. Sein Sadismus braucht einen Gegenpart, den seine masochistische Wahlkampfleiterin nur zu gerne einnimmt – bis er mit seiner Liebe zu Messern einen Millimeter zu weit geht.

Fragen an Dominic Raacke

Herr Raacke, Ihr Charakter Ivica Strugar ist ein Sadist und Populist. War es schwierig, den Charakter angesichts real existierender Politiker zu greifen und darzustellen?

Wenn ich eine Rolle spiele, versuche ich, sie so integer wie möglich zu spielen, also dem Charakter treu zu sein. Es ist nicht meine Aufgabe, ihn dabei gleichzeitig zu kommentieren. Den Kommentar, wenn überhaupt, macht das Drehbuch, die Haltung der anderen Figuren zu ihm und eben auch die Inszenierung, sprich, die Art und Weise, wie die Figur "von außen" behandelt wird.

Was für ein Typ ist Strugar?

Strugar stellt sich nie infrage, er ist überzeugt davon, dass er richtig handelt. Der Hass und die Angst, die ihm entgegen gebracht werden, treiben ihn an und befeuern seinen Narzissmus. Er ist skrupellos und will seine Macht sichern. Als Strugar von der Gegenseite mit dem Vorwurf des Kindesmissbrauchs konfrontiert wird, dementiert er nicht, sondern gibt es zu und findet Argumente für sein Fehlverhalten. Damit trifft er einen Nerv bei den Leuten. Lügen und Vertuschen wird bestraft. Ehrlichkeit, auch wenn sie grausam ist, wird belohnt. Das ist eine Art von Machtinstinkt, die Populisten wie Strugar nutzen, wenn sie eigenes Fehlverhalten und Angriffe der Presse ummünzen und in die Opferrolle schlüpfen. Aus einem Angreifer wird ein Opfer, das daraufhin wieder eine Legitimität für einen neuen Angriff findet.

Haben Sie es genossen, einen richtigen Bösewicht zu spielen?

Nicht nur für Schauspieler ist es ein Vergnügen, einen Fiesling zu spielen, auch Zuschauer finden Gefallen an einem starken Bösewicht. Das liegt daran, dass sie, wenn sie gut geschrieben sind, eine Raffinesse aufweisen, d.h. ihrem "guten" Gegenüber immer wieder Paroli bieten, kreativ sind ihrer Taktik und der Wahl der Waffen, bis zum bitteren Ende. Und sie müssen sich für nichts entschuldigen, nicht nachgeben, keine Kompromisse machen. Mit anderen Worten: Bösewichte dürfen all das, was wir im richtigen Leben nicht dürfen.

Sadist, Selfmade-Man, Unternehmer, Politiker: Kommt man nur noch als eitler, selbstbezogener Macher in die Politik?

Ich glaube, Eitelkeit und Narzissmus sind Voraussetzungen für Menschen, die an die Macht wollen. Da gibt es diverse Variationen – von still bis laut, von Merkel bis Trump. Aber die Lust an der Macht, das Empfinden, wichtig zu sein, geliebt und gefürchtet zu werden, das verbindet sie alle. Bei Schauspielern ist das übrigens nicht anders. Glücklicherweise gibt es in einer Demokratie aber auch Platz für Menschen ohne Machtstreben, die dennoch an politischen Entscheidungsprozessen beteiligt sind.

Wenn Populismus so leicht verfängt, lässt sich das auch damit begründen, dass die Welt für manche Menschen so komplex und hoffnungslos ist, das es die einfachen Antworten und Lösungen sind, die sie suchen. Kann man das Image und das Vertrauen in die Politik wieder aufpolieren?

So leicht verfängt Populismus ja gar nicht, und es gibt sehr viele Menschen, die dem sehr kritisch gegenüberstehen. Aber klar, da wo er wirkt, fühlen sich die Menschen missverstanden, ausgeschlossen. Denen hilft dann ein vereinfachtes Weltbild, das sie zu Opfern werden lässt, die Hilfe brauchen von einer Partei, die sie beschützt vor Fremden und Andersartigen, oder eben auch vor denen, die gerade an der Macht sind und für das eigene Elend verantwortlich gemacht werden. Ich glaube, es bringt nichts, die rechten Strömungen zu verfluchen und auszugrenzen. Wenn sie gewählt wurden, dann müssen sie auch mitmachen. Eine Demokratie muss das aushalten.

Glaubt Strugar wirklich, was er im Wahlkampf verbreitet – oder ist das nur Strategie, um seine Eitelkeit mit einem politischen Amt zu krönen?

Strugar ist Unternehmer, der sogenannte Baumarktkönig, der jetzt "König von Split" werden will. Er hat also keine politische Vorgeschichte. Er appelliert an das Heimatgefühl, die Angst vor Fremden, er will die Wirtschaft fördern und härter gegen Kriminalität und Drogen vorgehen. Er wirft dem politischen Gegner einen Kuschelkurs vor und sieht sich selbst als Kämpfer. Er emotionalisiert die politischen Themen. Ich denke schon, dass er daran auch glaubt, aber sein Antrieb ist nicht politisch. Es geht ihm nicht darum, die Welt zu verbessern und den Menschen ein besseres Leben zu ermöglichen – am Ende geht es ihm einzig und allein darum, sich durchzusetzen und der Gewinner zu sein.

Was haben Sie von Kroatien abseits der Touristenorte mitnehmen können?

Dass da noch immer Konflikte zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen lodern. Ich hatte den Eindruck, dass sich die Kroaten als Gewinner des aufgelösten Jugoslawiens empfinden und hörte auch, dass es gerade in und um Split eine starke rechte Szene gibt. Ganz unwahrscheinlich scheint so einer wie Strugar gar nicht zu sein.

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