Porträt des Drehbuchautors Peter Zingler
Lange Zeit hielt Peter seine Großmutter für seine leibliche Mutter und wusste nicht, dass er einst zur Adoption freigegeben wurde. Als Sohn einer halbjüdischen Mutter konnte er nicht vermittelt werden und kam ins Heim. Von dort holte ihn seine Großmutter zu sich und adoptierte den Kleinen.
Peter wuchs in einer Zeit auf, in der Deutschland in Trümmern lag, Schutthaufen die Straßen säumten und die Menschen ihre letzten Habseligkeiten gegen Lebensmittel tauschten. Mit seiner Großmutter sammelte und stahl er Metalle und Nahrungsmittel, von dieser "Freibeutergesinnung" kam er nicht mehr los. Als Heranwachsender schlug Peter eine kriminelle Laufbahn ein, als Einbrecher. Zwölf Jahre verbrachte er im Gefängnis. Doch seine Lebensgeschichte machte ihn zu einem der erfolgreichsten Krimi-Drehbuchautoren.
Sein Talent, das Schreiben, sollte sein Leben verändern. "Ich muss das Ende wissen und wann es aufhört und Gags gleich notieren, sonst schreibe ich 3000 Seiten." Auf dem Schreibtisch, an dem der offene und erzählfreudige Peter Zingler heute arbeitet, findet man auf den ersten Blick nichts Außergewöhnliches: eine Ablage und einen Computer. Doch etwas unterscheidet den Arbeitsplatz des 70-Jährigen dann doch von anderen, sein Diktiergerät. Wenn ein Auftrag ruft, ist das Diktiergerät sein erster Zuhörer.
Zingler ist Drehbuchautor. "Ein Drehbuch ist erst perfekt, wenn der Regisseur daraus einen guten Film gemacht hat. Das kommt vor, aber manchmal auch nicht", so beschreibt es der gebürtige Chemnitzer. Darum saß er auch schon selbst auf dem Regiestuhl, sein Urteil: "Erschöpfend!"
Seit 1985 hat er für mehr als 80 Kino- und Fernsehfilme das Drehbuch geschrieben, darunter "Tatort", "Schimanski" oder "Ein Fall für Zwei". Geschichten finden, recherchieren und festhalten. Mit "Die Himmelsleiter – Sehnsucht nach morgen" will Zingler nun endlich einen historischen Film machen. Seit 2008 arbeitete er an diesem Werk: "Himmelsleiter ist meine Kindheitsgeschichte", erzählt er mit rauer Stimme.
Der Film spielt in der Nachkriegszeit. Hunger und Armut bestimmten das Leben der Menschen. "Fringsen" gehörte zum Alltag des Jungen Peter Zingler und seiner Großmutter. "Ich bin mit vier Jahren mit meiner Oma zum Hamstern gegangen und habe alles gesammelt und gestohlen, was es damals gab, Buntmetalle und Fressalien", erzählt er weiter. "Kein Wunder, dass ich die Freibeutergesinnung beibehalten habe", stellt er mit verschmitztem Lachen fest. Bevor Zingler Autor wurde, kam er auf kriminelle Abwege. Einbrüche im großen Stil finanzierten ihm den eigenen Porsche. Er saß in verschiedenen internationalen Gefängnissen. In Haft begann er erotische Kurzgeschichten an Mitinsassen gegen Tabak einzutauschen, später interessierten sich Magazine wie Penthouse und Playboy für seine Texte. Bis heute hat er 15 Romane und Erzählbände veröffentlicht. Preise wie der Grimme-Preis für den Tatort "Kinderspiel", der Goldene Löwe für den Fernsehfilm "Tödliche Wende" und der Ingeborg Drewitz Literaturpreis krönen seine Laufbahn.
Wenn er gerade nicht schreibt, reist Peter Zingler gerne um die Welt oder liest ein gutes Buch. Bis ihm die nächste Idee für ein Drehbuch durch seinen kreativen Kopf geistert, schnappt sich der in Frankfurt Lebende sein Diktiergerät, und schlendert am Main entlang.