Gespräch mit Hinnerk Schönemann

Hauke Jacobs (Hinnerk Schönemann)
Hinnerk Schönemann spielt Hauke Jacobs  | Bild: NDR / Gordon Timpen

In "Estonia" treiben skrupellose Spione ihr Unwesen. Als Hauke Jacobs‘ Hund verletzt wird, reagiert der Tierarzt ungewohnt emotional. Ist der Hund sein bester Freund?

Das mit dem besten Freund haut schon hin, denn Hauke hat nicht gerade viele Freunde unter den Menschen. Er steht ziemlich isoliert in der Welt. Aber auch wenn er wirkliche, menschliche Freunde hätte, würde er so emotional reagieren. Einfach wegen der Ungerechtigkeit, dass da ein Tier verletzt wird für etwas, wofür es nichts kann. Jeder Mensch trägt Verantwortung für sein Tun, aber ein Hund eben nicht. Deshalb empfindet Hauke ein besonderes Verantwortungsgefühl ihm gegenüber.

Der Tiertrainer hatte in diesem Film einiges zu tun. Inwiefern ist dabei Ihre Mitarbeit gefragt?

Nehmen wir mal die Szene auf dem Schiff, in der Haukes Hund Holly angeschossen wird. So was wird in kleine Schritte aufgeteilt, die der Tiertrainer einzeln mit dem Hund einübt. Erst wird geübt, dass er sich auf die Hinterbeine stellt, dann, dass er an den Mann rangeht, dann, dass er mit Schwung an den Mann rangeht und immer so weiter. Hunde haben ein Kurzzeitgedächtnis und können sich nur auf kleinere Sachen konzentrieren, darum wird alles kurzfristig eingeübt; meist am Drehtag selbst, damit es noch frisch in Erinnerung ist.

Man staunt vor allem darüber, dass der Hund so still liegen bleibt.

Das ist Training. Er hat ein Kommando, bei dem er sich hinlegt. Es dauert eine Weile, bis er sich an die Situation gewöhnt. Man braucht natürlich viele, viele Anläufe, weil der Hund bei jedem kleinsten Geräusch gleich wieder in Habachtstellung ist und gucken will. Dann sagt der Tiertrainer: "Nein, leg dich ihn!", und man sieht genau, wie der Hund denkt: "Mann, so eine Scheiße, jetzt muss ich hier rumliegen, wo ich doch schnuppern will!" (lacht). Und bei der nächsten Gelegenheit springt er wieder auf. So ein Hund findet alles furchtbar spannend. Am Ende wird es so zusammengeschnitten, dass es aussieht, als würde der Hund sehr brav auf dem Boden liegen bleiben. Aber die Realität sieht anders aus.

Haben Sie selbst Hunde?

Ich hab schon mein Leben lang Hunde, und seit fünfzehn Jahren besitze ich einen Foxterrier. Ich liebe Foxterrier! Seit einem Jahr habe ich außerdem noch ein kleines Podenco-Mädchen, einen spanischen Windhund. Beide Hunde sind aus dem Tierheim. Eigentlich wollte ich zwei richtig große, gefährliche Hunde, zähnefletschende Dobermänner, die meinen Hof beschützen, aber dann sind es doch zwei liebe, zarte Mäuschen geworden.

Verfolgt Hauke Jacobs auch eigene Ziele, als er die Dorfpolizistin bei ihren Ermittlungen im Fall Kruse unterstützt?

Eigentlich will Hauke gar nicht ermitteln, weil er in einem Zeugenschutzprogramm ist und sich bedeckt halten muss. Aber er wird von Frau Vogt mehr oder weniger aufgefordert, sie zu unterstützen, und jetzt, wo der Hund ins Spiel kommt, ist das Ganze natürlich auch ein kleiner persönlicher Rachefeldzug für ihn. Er will es dem Typen zeigen, der sich an seinem Hund vergriffen hat.

Die Szenen im Hotel sind eine augenzwinkernde Referenz an James Bond. Was wohl in diesem Aufzug passiert?

Hier zeigt sich, dass Hauke ein echter Profi ist. Wir wollen natürlich immer wieder durchblitzen lassen, dass er nicht einfach nur einer ist, der mitläuft, sondern richtig was draufhat. Es ist schwierig für ihn, dass er sich immer so zurückhalten muss, und wenn sich ihm eine solche Gelegenheit bietet wie in diesem Hotel, lässt er „An ‚Nord bei Nordwest‘ liebe ich vor allem das Nordische, das Spröde, das Skurrile, den schwarzen Humor!“ Gespräch mit Hinnerk Schönemann Nord bei Nordwest sie natürlich nicht ungenutzt verstreichen. Aber auch hier muss er sich nicht outen. Wir sehen, dass er sein Ziel erreicht, aber wir sehen nicht, wie er es macht. Da kann jeder seine Fantasie spielen lassen. (lacht).

Dass er durchaus zuschlagen kann, sehen wir in den Zweikämpfen, in die er verwickelt wird. Mögen sie diese Art von Körpereinsatz?

Alles, was ich machen kann, mache ich selbst. Einfach weil’s mir Spaß bereitet. Wir haben die Choreographie mit einem Stuntman entwickelt. Da musste ich ganz schön arbeiten, denn diese Stuntmänner schlagen natürlich auch halbwegs drauf. Wenn zwei Männer miteinander kämpfen, wird so eine physische Kraft freigesetzt, die ich selber von mir aus nicht kenne, außer aus dem Sport. Das ist schon spannend. Aber auch wenn es nicht besonders aufwändig aussieht, kostet es ein paar Stunden Zeit, das zu erarbeiten, und danach fühlt man sich wie nach einem Dauerlauf.

Mit Dagmar Seume hat erstmals eine Frau bei "Nord bei Nordwest§ Regie geführt. Macht es für Sie als Schauspieler einen Unterschied, ob ein Mann oder eine Frau inszeniert?

Nein, im Grunde nicht. Ich könnte zehn Filme hintereinander mit Frauen machen oder zehn Filme hintereinander mit Männern. Das ist mir völlig egal. Für mich kommt es eher darauf an, wie man miteinander arbeiten kann und was am Ende dabei rauskommt.

Wie erleben Sie den Regiewechsel bei jeder Folge?

Es ist immer spannend, denn jeder Regisseur hat eine andere Herangehensweise an die Figuren. Ich arbeite gern mit jungen wilden Regisseuren, aber auch mit sehr erfahrenen. Für mich als Schauspieler ist es das Größte, wenn ich kein Limit bekomme, sondern frei spielen kann. Bei „Nord bei Nordwest“ habe ich das Glück, dass mich der Autor Holger Karsten Schmidt sehr gut kennt und mir kurze Monologe beziehungsweise Sätze schreibt. Je knapper diese sind, desto größer ist für mich die Herausforderung, desto mehr kann ich mich entfalten!

Hauke ist in erster Linie Tierarzt, das Ermitteln kann der Ex-Polizist aber nicht lassen. Ist es diese Mischung, die Ihnen an Ihrer Rolle und an dieser Reihe gefällt?

Ich freue mich natürlich, dass ich einen Tierarzt spiele, weil ich selbst eine besondere Beziehung zu Tieren habe. Ich hätte in dieser Reihe aber auch einen Metzger oder Bauern spielen können. Der Reiz liegt für mich nicht an der Kombination Arzt / Ermittler, zumal Hauke die Dorfpolizistin Lona Vogt ja nur unterstützt und nicht als Kommissar auftritt. Eine TV-Reihe gibt mir die Möglichkeit, meine Figuren immer weiter entwickeln zu können, mich immer wieder aufs Neue auszuprobieren. Meine Figur darf nie langweilig sein, sie muss mich und den Zuschauer immer wieder aufs Neue überraschen. An der Reihe "Nord bei Nordwest" liebe ich vor allem das Nordische, das Spröde, das Skurrile, den schwarzen Humor!

Hauke wird von seiner Assistentin Jule umschwärmt. In der Folge „Der Transport“ hat man den Eindruck, er sei eifersüchtig, als Jule von dem schwedischen Motorradfahrer zum Date abgeholt wird. Bahnt sich da endlich etwas zwischen Hauke und Jule an?

Hauke mag Jule ganz doll und unter anderen Zeichen würde er vielleicht auch mal privat eine Brause mit ihr trinken. Aber er kann nicht. Warum, das weiß er gar nicht so genau. Er fühlt sich eher wie ihr Bruder und passt wie eine Nuss auf sie auf, denn Jule ist ihm ganz wichtig.

Auch Lona Vogt braucht ihn …

Dass Jule und Lona Vogt um ihn buhlen und sich eifersüchtig beobachten, schmeichelt Hauke natürlich.

In "Der Transport“ wird Hauke von seiner Vergangenheit eingeholt. Ist er in Gefahr?

Haukes Leben wird immer in Gefahr bleiben. Er ist nach Schwanitz gezogen, um seiner Vergangenheit zu entfliehen. Diese holt ihn aber immer wieder ein, schließlich lassen ihn, den Hamburger Ex-Polizisten, noch immer nicht alle in Ruhe. Aber er weiß: Es bringt nichts, zurückzublicken.

(Interview: Birgit Schmitz)

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