Aus dem Gerichtsverfahren: Die Verteidigung
Jürgen Resch (Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe) wird von der Klägeranwältin Meybach und dem Verteidiger Graf befragt
Larissa Meybach (Klägeranwältin): Deutschland hat seine selbstgesteckten Reduktionsziele wiederholt nicht erreicht. Die CO2- Werte im Straßenverkehr sind nicht gefallen, nein, sie sind gestiegen. (…) Umweltministerin Merkel schlägt 1998 eine freiwillige Beschränkung auf 140g/km bei Neuwagen bis 2008 vor. (…) Die Industrie war nicht gefordert nachzubessern. Es gab keine verbindlichen Grenzwerte, keine Sanktionen. (...) Der Verzicht auf Effizienzvorschriften führte die deutschen Hersteller in die technologische Sackgasse. Fakt ist, die Emissionsreduktionen bei PKWs konnten so nicht eingelöst werden. 2005 bringen BMW und Daimler die ersten SUVs auf den Markt. SUVs brauchen bis zu 50% mehr Sprit als vergleichbare Kompaktfahrzeuge, weil zu schwer, zu hoher Luftwiderstand, zu konventionelle Motorentechnik. Sie sind schon bei ihrer Einführung technisch überholt.
Jürgen Resch (Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe): BMW und Daimler peilten einen SUV-Anteil von 50% in ihrer Flotte an. Die SUVs hatten in der Premiumklasse besonders hohe Gewinnmargen. Sie waren die Cashcow. Daran sollte sich nichts ändern, und deshalb wurde Angela Merkel in Stellung gebracht.
Victor Graf (Verteidiger): Herr Resch, Sie haben eingeräumt, dass die Gewinnmargen von BMW und Daimler überwiegend im Hochpreissegment zu erwirtschaften sind. Gewinne zu erzielen, ist im Kern die Aufgabe dieser Konzerne!
Wiebke Kastager (Klägeranwältin): Herr Resch, Ihr Vorschlag, die Verschmutzer über eine CO2-Steuer bezahlen zu lassen, wurde nicht umgesetzt?
Jürgen Resch: Nein! Das Gesellenstück der Automobilkonzerne war eine Lex SUV, die die Bundesregierung 2009 gegen die EU-Kommission durchgesetzt hat. Die Berechnung des CO2-Grenzwertes wurde an das Fahrzeuggewicht gekoppelt: Je schwerer ein Fahrzeug ist, desto mehr CO2 darf es ausstoßen.
Wiebke Kastager: Wie wurde das für die VerbraucherInnen kenntlich gemacht?
Jürgen Resch: Mit einem Energieeffizienzlabel. Nur eben mit der Logik, dass es umso leichter war, das grüne Label zu erreichen, je schwerer das Auto ist. Die Autokonzerne hatten diese Regelung selbst verfasst und mit den beteiligten Ministerien die Behördenabstimmung übernommen. (...) De facto bekam dann ein VW-Golf mit gleich vielen Sitzen und deutlich niedrigerem Ausstoß ein gelbes oder rotes Label. Dem SUV-Käufer dagegen wurde suggeriert, er würde etwas für die Umwelt tun.