73 % der Deutschen machen sich Sorgen, dass viele Wälder vertrocknen
Auch wenn Deutschland noch ein wasserreiches Land ist, unsere Wasserressourcen bleiben von der Klimaerwärmung nicht verschont. Die Sorge um den Wald steht dabei an erster Stelle. Das ergab eine repräsentative Umfrage im Auftrag des SWR. Etwa die Hälfte der Menschen macht sich Gedanken um einen Mangel an Trinkwasser in Deutschland. Zukünftig sehen sie die Wasserversorgung lieber weiterhin in öffentlicher Hand.
73 Prozent sehen den Wald in Gefahr
Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative bundesweite Meinungsumfrage vom 11.-12. April 2022 im Auftrag des SWR. Nach den Wäldern befragt, stimmen fast drei Viertel der Befragten zu, dass sie sich über die Folgen des Klimawandels sorgen. Und der ist nach drei Dürre-Sommern in manchen Regionen mit dem bloßen Auge erkennbar: Lichte Baumkronen, trockener Boden und von Insekten befallenes Totholz. Seit 2018 ist der deutsche Wald im Trockenstress. Etwa 277.000 Hektar Wald sind abgestorben: Eine Fläche größer als das Saarland. Den Bund deutscher Forstleute (BDF) überraschen die Ergebnisse nicht. Ulrich Dohle, Bundesvorsitzender des BDF: "In unseren Wäldern ist für die Bevölkerung am deutlichsten sichtbar, dass der menschengemachte Klimawandel bereits angekommen ist. Die Menschen machen sich deshalb zu Recht Sorgen darum, dass unsere Wälder vertrocknen."
Sorge um den Wald: Keine Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland
Dabei machen sich Männer weniger Sorgen als Frauen, Junge weniger als Alte. #unserWasser-Experte Dr. Hans Jürgen Hahn erklärt sich das so: „Dass sich die Altersgruppe zwischen 18 und 36 Jahren etwas weniger Sorgen über den Klimawandel macht als Ältere, mag damit zusammenhängen, dass viele sich nicht mehr an die feuchteren Zeiten vor 2003 erinnern und mit Trockenheit und Hitzewellen großgeworden sind.“
Gewässer und Landwirtschaft ungefähr gleichauf
Die Ertragsausfälle in der Landwirtschaft und das Schwinden der Bäche und Teiche spielen ebenfalls eine Rolle bei den Befragten. Jeweils über 60 Prozent sehen die Gefahr, dass der Landwirtschaft bald weniger Wasser zur Verfügung stehen wird. Heute sind bereits die Regionen Norddeutschland, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Teile von Bayern betroffen.
Droht ein Kampf ums Wasser?
Tobias Schäfer, Gewässerschutz-Referent beim WWF befürchtet eine Wasserkonkurrenz zwischen Natur und Landwirtschaft und sieht die dortige Wasserknappheit als Folge eines verfehlten Umgangs: „Vor allem die Agrarlandschaft ist noch immer auf möglichst schnelle Entwässerung getrimmt. Angesichts der Erderhitzung müssen wir umdenken. Es muss darum gehen, mehr Wasser in der Landschaft zu halten, statt es schnell abzuleiten. Und es gilt, durch die Renaturierung von Fließgewässern und Feuchtgebieten sowie durch schattenspendende Vegetation die Landschaft zu kühlen.“ Und weiter erläutert er, dass ein naturnaher Wasserhaushalt die Basis für die Klimaanpassung mit der Natur sei.
Der Forschungsbedarf bei den Gewässern ist hoch
Und auch, dass immer mehr Gewässer zeitweise austrocknen oder dauerhaft verschwinden, ist bei über der Hälfte der Deutschen eine Sorge, die mit dem Klimawandel zusammenhängt. Das Ausmaß ist noch nicht erforscht. Bis jetzt weiß niemand genau, wie sehr Bäche, Teiche und Quellen von der Trockenheit betroffen sind. Je mehr Menschen beim ARD-Event #unser Wasser mitmachen und online ein Formular ausfüllen, desto aussagekräftiger wird auch die interaktive Karte, in der die Meldungen erfasst werden.
Und plötzlich kommt kein Wasser mehr aus der Leitung
Etwa die Hälfte der Befragten hat Angst, dass durch den Klimawandel bald weniger Trinkwasser zur Verfügung stehen wird. Für Manfred Santen, Chemieexperte von Greenpeace, sorgen sich die Menschen zu Recht: „Die Klimakrise verändert die Wasserversorgung für Natur und Mensch auch bei uns grundlegend. Wiederkehrende Dürreperioden schaden Landwirtschaft und Wäldern und senken die Pegel in Talsperren und Stauseen – den Reservoiren unserer Trinkwasserversorgung. Dazu kommt, dass das Trinkwasser in Teilen der Republik inzwischen aufwendig gefiltert werden muss, um Pestizide, Mikroplastik, Rückstände aus Arzneimitteln und andere Chemikalien zu entfernen.“
Trinkwasser: Verantwortung soll in den Kommunen bleiben
Denn in Deutschland erhalten 99 Prozent der Bevölkerung ihr Trinkwasser durch die öffentliche Wasserversorgung. Wenn es nach den Befragten der Umfrage von Infratest dimap geht, soll das auch so bleiben. 86 Prozent ziehen öffentliche den privaten Unternehmen vor. Bei den über 65-Jährigen sind es 90 Prozent. Verena Göppert, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Städtetages, sieht in dem Ergebnis das Vertrauen der Menschen in die kommunale Wasserwirtschaft bestätigt: „Wasser ist lebensnotwendig und kein Gut, um Gewinne zu erzielen. Kriege, Krisen und Pandemien verstärken den Wunsch nach sicherer, nachhaltiger und demokratisch legitimierter Daseinsvorsorge. Das leisten Städte und ihre Betriebe.“