Fragen an Drehbuchautor Jan Braren
Auf den ersten Blick geht es in „Ronny“ um ein verschwundenes Kind. Auf den zweiten Blick scheint es aber um etwas ganz anderes zu gehen?
Das verschwundene Kind ist ein häufig genutzter Topos des Kriminalfilms. Das Verschwinden setzt eine Dynamik in Gang, die Suche nach Opfer und Täter, das Katz- und Mausspiel mit der Polizei, etc. „Ronny“ richtet den Blick weniger auf dieses unvermeidliche Double des Krimis als vielmehr auf die Kollateral-Schäden einer unfassbaren Tat. Das Verbrechen explodiert wie eine Splittergranate in der Menge und tötet nicht nur das Opfer, sondern verletzt die Umstehenden. Um die geht es. Um die Menschen, die dem Opfer und dem Täter nahestanden und von der Tat nachhaltig beschädigt oder gezeichnet werden.
Es heißt „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“. Dieses Motto scheinen auch die Figuren in „Ronny“ zu beherzigen? (Anmerkung: Sie sind wortkarg, wirken geradezu verstockt.)
Das Ziel ist hier Naturalismus. Nur in Filmen reden Menschen ohne Punkt und Komma, sprechen in grammatikalisch korrektem Schriftdeutsch, erklären sich Dinge, die sie eigentlich längst voneinander wissen müssten, klingen dabei alle gleich und unterbrechen sich niemals. Naturalismus in den Dialogen ist aber wirklich schwer herzustellen, gelingt trotz guten Willens nicht immer.
Zwei wichtige Figuren sind Sabine Hartwig, die Mutter von Ronny, und Gaby Kleinschmidt, die Mutter von Gordon. Warum ist „Ronny“ auch die Geschichte von zwei Müttern?
Eigentlich kommt noch eine dritte Mutter hinzu. Die Ermittlerin, Brasch, hat ja einen erwachsenen Sohn, der den Kontakt zu ihr abgebrochen hat. Mein geheimer Arbeitstitel war „Mütter am Rande des Nervenzusammenbruchs“ (nicht ganz ernst gemeint). Es fällt mir allerdings ein wenig schwer bei dieser Frage ins Detail zu gehen, ohne zu viel zu verraten. Vielleicht nur so viel: Da ja ein Kind verschwindet, liegt es ein wenig auf der Hand, dass Mütter eine große Rolle spielen. Kein Affront gegen Väter, aber die Statistik gibt mir recht.
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