Interview mit Regisseurin Dagmar Seume
Wer oder was dreht durch im neuen "Tatort" aus Köln?
"Durchgedreht" zeigt Menschen, die die Struktur in ihrem Leben verlieren und an existenzbedrohende Grenzen stoßen. Wie der Unternehmer, der Pleite geht und dann auch noch unter Mordverdacht gerät. Oder der Journalist, der den Eindruck gewinnt, dass der Staat ihm alles anhängen könnte. Auslöser von außen tragen dazu bei, dass Menschen an einen Punkt kommen, an dem sie die Kontrolle verlieren. Dieses Spannungsfeld hat mich interessiert. Vor dem Dreh habe ich mit Psychologen gesprochen. Ich wollte herauszufinden, wie es darstellbar ist, dass eine Person an ihre Grenze gelangt. Es sind ganz kleine Anzeichen, für Andere oft kaum wahrnehmbar, die uns zeigen: Da könnte gleich jemand durchdrehen. Das ist auch aus filmischer Sicht reizvoll.
Welche Rolle hat das Mädchen Anna, die einzige Zeugin, für die Handlung?
Die kleine Anna schweigt, sie ist traumatisiert. Als Zeugin ist sie für die Kommissare sehr wichtig, aber gleichzeitig kann sie ihnen keine Hilfe sein. Daraus entstehen Spannungen zwischen Ballauf und Schenk: Sie wissen nicht, wie sie mit dem Mädchen umgehen sollen. Und das entspricht auch den realen Erfahrungen, die Psychologen mit traumatisierten Kindern machen. Jedes reagiert anders, es gibt kein Schema, das bei allen funktioniert. Julie-Helena, die die Anna spielt, gelingt es großartig, das Trauma im Film darzustellen, nur mit ihren Blicken. Beim Dreh ist sie in eine harmlose Phantasiewelt geschlüpft. So konnte sie spielerisch zum Ausdruck bringen, was im Drehbuch steht. Vor den grausamen Momenten, vor dem Krimi-Plot, haben wir sie geschützt. Für sie war der Dreh ein Spiel, das mit der Realität nichts zu tun hat.
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