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30 Jahre Kommissarin Odenthal

TOD IM HÄCKSLER | 1991 I Im Fall "Die Neue", ausgestrahlt am 29.10.1989, ermittelte Ulrike Folkerts (hier mit Michael Mendl als Koslowski) zum ersten Mal in einem Tatort als Kommissarin Odenthal. SWF Fernsehfilmchef Peter Schulze-Rohr hatte als Kommissarin eine junge Schauspielerin gesucht, ein bisschen französisch wirkend und mit großer Lust an einer modernen Spielweise. Vom Theater Oldenburg kommt die 27-jährige Ulrike Folkerts zum Casting. Sie wird genommen und erspielt sich schon in ihrem ersten Fernsehauftritt eine große Frangemeinde.  | Bild: SWR

TOD IM HÄCKSLER | 1991 I Im Fall "Die Neue", ausgestrahlt am 29.10.1989, ermittelte Ulrike Folkerts (hier mit Michael Mendl als Koslowski) zum ersten Mal in einem Tatort als Kommissarin Odenthal. SWF Fernsehfilmchef Peter Schulze-Rohr hatte als Kommissarin eine junge Schauspielerin gesucht, ein bisschen französisch wirkend und mit großer Lust an einer modernen Spielweise. Vom Theater Oldenburg kommt die 27-jährige Ulrike Folkerts zum Casting. Sie wird genommen und erspielt sich schon in ihrem ersten Fernsehauftritt eine große Frangemeinde.

Der dritte Fall verschlägt Lena Odenthal in die Westpfalz, in ein abgelegenes Dorf mit ganz eigenen Regeln und Methoden. Der Film, die einzige "Tatort"-Regie Nico Hofmanns, machte ob seiner archaischen Wucht Furore. Nicht zu jedermanns Freude, der ein oder andere Pfälzer nahm die spannende Geschichte um Selbstjustiz der Dorfbewohner gar zu ernst.

Odenthal in der Gewalt von Carsdorff (Manfred Zapatka) in "Die Zärtlichkeit des Monsters" (1993). Außerdem wird in dieser Folge Lenas Katze Opfer eines besonders perfiden Verbrechens. Damit ist die Katzengeschichte aber nicht beendet, schwarze Katzen wechselnder Namen gehören von nun an zu Lena. Und auch Ulrike Folkerts schätzt diese Möglichkeit, ihrer Figur anschmiegsame Momente zu gönnen.

Die Zeit der wechselnden Mitarbeiter ist für Lena Odenthal mit dem Fall "Der kalte Tod" (1996) zu Ende: Nach Michael Schreiner als Seidel und einigen kurzfristigen MitarbeiterInnen tritt nun Mario Kopper in ihr Leben, gespielt von Andreas Hoppe, der mit Ulrike Folkerts studiert hatte. Der neue Mann an ihrer Seite bringt Lena einen von den Kollegen nicht gerade geliebten Halbitaliener mit schlechten Manieren ein, mit dem sie sich erstmal auseinandersetzen muss. Und das bei einem besonders harten Fall, den sich Sascha Arango und Nina Grosse als Autor und Regisseurin einfielen ließen.

"Tod im All" (1997) ist einer von Lenas bekanntesten Fällen, der zum Klassiker wurde. Nicht zuletzt, weil in der Schlussszene ein Wasserturm als Ufo ins All startete. Bis zu diesem Moment hatte Lena gegenüber den Ufologen, gespielt von Dietmar Schönherr und Nina Hagen, immer an ihrer Vernunft festgehalten. Dieser Anblick jedoch gibt ihr dann doch zu denken …

Mit "Engelchen flieg" von 1998 erhalten Lena und Kopper regionale Unterstützung durch die gebürtige Wormserin Frau Keller und den Kurpfälzer Kriminaltechniker Peter Becker. Eingeführt werden die beiden in einer ergreifenden Geschichte von Dorothee Schön, dem ersten ihrer vier Drehbücher für Lena Odenthal.

Auch zum 15. Dienstjubiläum im Jahr 1999 wurde gefeiert.

"Die kleine Zeugin" (2000): Eigentlich ist Kopper schon so gut wie bei Lena eingezogen – seine Mamma siedelt nämlich nach Italien um. Aber zunächst mal muss er die Wohnung wieder räumen, weil Lena die widerspenstige und in ihrem Seelenleben ziemlich verletzte Tanja bei sich aufnimmt. Wie immer wenn es um Kinder oder Jugendliche geht, kennt Lenas Einsatz kaum Grenzen.

Lena Odenthal ermittelt in "Fette Krieger" (2001) in der Ludwigshafener Hip Hop-Szene und im gleichen Jahr ...

auch im "Tatort: Gewaltfieber" am Puls der Zeit: Ein Schüler läuft im Lehrerzimmer Amok. In dem Film von Fred Breinersdorfer (Drehbuch) und Martin Eigler (Regie), der nicht vorgibt, einer Erklärung parat zu haben, spiegelt sich auf beklemmende Weise die aktuelle Diskussion um vernachlässigte Jugendliche.

Lena Odenthal gehört nicht zu den Kommissarfiguren, die ihr persönliches Rechtsempfinden über das kodifizierte Recht stellen. In "Romeo und Julia" (2003) allerdings, in dem man jede Menge von Koppers italienischer Verwandtschaft kennenlernen kann, nehmen sie und Mario Kopper das mögliche Urteil voraus und lassen das anrührende junge Liebespaar Marcello und Julia in den Sonnenuntergang ziehen.

Beim Fall "Große Liebe" aus dem Jahr 2004 gönnt sich das Team einen der seltenen Blicke in Lenas Vergangenheit. Sie trifft ihre Jugendliebe und hat dabei die Gelegenheit, nicht nur ihre damalige Beziehung, sondern auch die Trauer und Aggressionen um eine frühe Abtreibung zu bearbeiten und zu einer Versöhnung zu kommen. Dem von Uwe Bohm gespielten Ex-Freund nutzt das allerdings nichts, er wird trotzdem verhaftet …

"Am Abgrund" (2005): Die Heiratsschwindlergeschichte aus der Feder von Richard Reitinger macht Lena melancholisch. Begegnungen mit alleinstehenden Frauen, die sich auf der Suche nach Zweisamkeit mehr oder weniger offenen Auges von einem jungen Charmeur einwickeln lassen, geben ihr zu denken. Und so endet der Film mit einer Selbstrefleexion der ebenfalls alleinstehenden Kommissarin.

"Tod im All" ist lange her, es wird Zeit, dass Lena in "Sterben für die Erben" (2007) mal wieder eine richtig kuriose Geschichte erlebt. Dorothee Schön schreibt, Lars Montag inszeniert und die Schauspieler haben sichtlich viel Spaß daran, in einem Pirmasenser Hotel die klaustrophobische Hoteliersfamilienfehde so richtig lustvoll zugespitzt in Szene zu setzen.

Der Fall "Schatten der Angst" von 2008 geht auf einen Impuls von Ulrike Folkerts zurück, der das Thema der Zwangsverheiratung von türkischen Frauen, die in Deutschland in einer Parallelkultur leben, sehr am Herzen liegt. Der "Tatort" ruft ein großes Echo hervor und wird von Zuschauern, Betroffenen und Experten heftig und durchaus kontrovers diskutiert.

"Der glückliche Tod" (2008) ist Krimi und Melodram zugleich: Das Thema Sterbehilfe steht im Mittelpunkt des von Aelrun Goette inszenierten Tatorts, der das Publikum genauso stark mitnimmt wie Lena Odenthal. In intensiven Bildern wird eine Geschichte erzählt, die tief berührt und doch jedem die Chance lassen will, sich seine eigene Meinung zu bilden.

Und gleich wieder ein viel diskutierter "Tatort" aus dem Jahr 2009: "Kassensturz". Man könnte denken, dass Stephan Falk und Lars Montag ihrem Film über die Arbeitsverhältnisse im Discountermilieu übertreiben. Aber spätestens der Lidl-Skandal, der pünktlich zum Drehbeginn bekannt wird, zeigt, dass der Fall den Nerv einer Branche trifft.

Da wäre mal ein Mann, der Lena wirklich interessieren könnte – attraktiv, cool, zugewandt. Nick hat wegen Mordes gesessen, aber Lena erkennt, dass er unschuldig verurteilt wurde. Doch auch zum 20. Geburtstag der Lena-Odenthal-Tatorte bleibt die Kommissarin einsame Wölfin: Am Ende von "Vermisst" findet sie heraus, dass Nick aus Rache nun doch zum Mörder geworden ist. Trotz aller Versuchung: Keine Frage, wie eine Lena Odenthal in dieser Situation handelt.

Lena Odenthal und Kopper sind im Fall "Hauch des Todes" (2010) im Katz-und-Maus-Spiel mit einem Täter, der sich ganz besonders raffiniert vorkommt. Am Ende kann sie ihn dingfest machen – aber bis es soweit ist, erlebt sie einige äußerst unangenehme Stunden als Gefangene eines Plastikfolienfetischisten.

Der Pfälzerwald hat im Fall "Der Wald steht schwarz und schweiget" (2012) einen großen Auftritt. Fünf unberechenbare junge Straffällige nehmen auf ihrer Flucht Lena Odenthal als Geisel. In den 18.000 m² Waldgebiet kann es ziemlich beängstigend werden, zumal die jungen Männer einen Betreuer getötet haben und von der Situation so überfordert sind, dass mit Kurzschlussreaktionen zu rechnen ist. Während Lena versucht, einen Keil in die Gruppe zu treiben, sucht Kopper nach der Tannennadel in den Baumweiten.

Im Jahr 2014 verstärkt im Fall "Blackout" erstmals eine neue Kollegin das Ludwigshafener Team: Johanna Stern kommt vom LKA, ist zum ersten Mal mit der "Feldarbeit" konfrontiert und ihre aufgeräumte Art steht in starkem Kontrast zu Lena Odenthals gerade eher erschöpfter Stimmung. Es wird ein Weilchen dauern, bis die unterschiedlichen Frauen gelernt haben, produktiv zusammenzuarbeiten. Aufgeklärt wird natürlich trotzdem, in diesem Fall ein nur vorgeschobenes Sexualverbrechen.

Die Titelfigur in "LU" (2015) spielt Jürgen Vogel, der damit zum dritten Mail Lena Odenthals Gegenspieler gibt. Er verkörpert einen ehemaligen Geldeintreiber, von dem Lena ahnt, dass er nicht unschuldig in ihren aktuellen Fall verwickelt ist. Trotzdem entsteht zwischen ihr und Lu eine Nähe, der sie sich nur schwer entziehen kann – und die Mario Kopper und Johanna Stern für unprofessionell und gefährlich halten. Und so ganz unrecht haben sie dabei nicht …

Soviel Pfälzisch wie 2017 in "Babbeldasch" war nie im Ludwigshafener Tatort: Die Chefin einer Dialektbühne wird ermordet, an Verdächtigen ist kein Mangel und Lena Odenthal ist fast schon Mitglied der Truppe, als herauskommt, dass sie eigentlich ermittelt. Für viele Zuschauer war der improvisierte Tatort zu experimentell, andere freuten sich an der erfrischenden Unmittelbarkeit der Figuren.

Wehmütiger Moment: Nach mehr als zwanzig Jahren verlässt Mario Kopper das Ludwigshafener Ermittlerteam. Sein Abschiedsfall bringt ihn in einen Loyalitätskonflikt, denn er will einen Freund aus seiner Kindheit in Italien schützen – und gerät dadurch näher an die illegalen Umtriebe der Mafia als er Lena erzählen kann. Am Ende von "Kopper" (2018) kommt er zwar mit heiler Haut davon, aber weiter Dienst zu tun, ist nicht mehr drin.

Reminiszenz an 1991: In ihrem Jubiläumsfall 2019 begegnet Kommissarin Lena Odenthal dem Provinzpolizisten Stefan Tries, gespielt von Ben Becker, wieder.