Interview mit Axel Milberg
Beim neuen Ermittler-Duo Borowski/Sahin geht es geradezu harmonisch zu. Ungewöhnlich, auch im Vergleich zu anderen "Tatort"-Kommissaren.
Ja, aber gerade das hat uns alle neugierig gemacht auf was Neues. Muss man sich immer anpflaumen? Schlecht gelaunt runtermachen? Spricht man mit echten Ermittlern, wird immer das Team betont, ohne dass man nicht erfolgreich arbeiten kann. Von Mosaiksteinchen ist die Rede, die die Fahnder zusammentragen. Harmonisch sind wir nicht um jeden Preis. Eher respektvoll-zugewandt, aufeinander angewiesen. Was der eine herausfindet, teilt er dem anderen mit. Oder man tauscht Beobachtungen aus und kommt auf ein Detail zu sprechen. Oder man widerspricht sich leidenschaftlich und beide sind danach klüger. Ach, wäre das utopisch, wenn man so etwas wie Streitkultur hinbekäme. Wo es eben um die Sache, den Fall geht, nicht aber die andere Person runtergeputzt wird, weil sie eine andere Meinung hat. Also, so etwa ist das, was wir uns vorgenommen haben. Mit Almila kann ich mir das auch extrem gut vorstellen, unsere Geschichten in dieser Richtung zu entwickeln. Über Altersunterschiede oder Familienhintergründe der Figuren denke ich ehrlich nicht nach. Außer, wenn es in einem Kriminalfall irgendwie Thema wird.
Der "Tatort: Borowski und das Haus der Geister" erzählt eine mysteriöse Geschichte. Was hat Sie an dem Stoff gepackt?
An dem Stoff mochte ich, dass Klaus Borowski von seiner Patentochter eingeladen wird. Wie in einem französischen Film in der Provence sind die Farben und Dekors heiter und vermitteln ewige Ferien. Wir sind im Paradies.
Lässt Borowski sich von Anna Voigt zum Bleiben überreden, weil es um alte Rivalitäten und Eitelkeiten geht?
Es gab lange eine enge Freundschaft zu der Familie eines Richters. Dessen Frau verschwand vor Jahren auf ungeklärte Weise. Wurde sie getötet? Was hatte ihr Mann damit zu tun? Borowski hatte ihn immer im Verdacht, es gab aber keine Leiche und keine Beweise. Dieser Freund, Thomas Loibl spielt ihn, ist ein ehemaliger Richter, der nun Krimi-Bestseller schreibt und mit zwei hübschen Töchtern und seiner neuen Frau auf seinem weitläufigen Landsitz lebt, den er von der Verstorbenen geerbt hat.
Übrigens: An diesem Hauptmotiv, dem Landsitz, lebt die Familie von Hollander. Als ich Kind war, hörte ich einmal die Woche in meinem nächtlichen Kinderzimmer im NDR Radio die Sprechstunde "Was wollen Sie wissen?" mit Walter von Hollander, der den Anrufern, die oft in großer Not waren, mit ruhiger Stimme Fragen beantwortete. Lebenshilfe gab. Die Nummer war, glaube ich, Hamburg und dann: 441777. Nach seinem Tod gab es einen Dr. Marcus, der diese Telefonsprechstunde fortsetzte. Und die genialen Erfindungen eines Heino Jägers haben da ihr Material gefunden.
In "Haus der Geister" ist Borowski aufgrund seiner Vergangenheit befangen und umgeben von komplexen weiblichen Charakteren. Was ist seine Strategie bei diesen Ermittlungen?
Tja, seine Strategie scheint – ich versuche mich zu erinnern – zu sein, dass Borowski das schöne Landhaus verlässt, im Wald auf einen Reifen seines Volvos schießt, zurückkommt mit Reifenpanne und eine Nacht im Haus verbringt, um die Geister und den Spuk zu erleben. Ein anderes Mal findet er einen Vorwand, den Hausherrn wegzulocken. Er macht eine Geisterbeschwörung, fragt in der Séance nach der Toten. Außerdem: Nach all den Jahren lernen wir, ich auch, Borowskis Exfrau kennen, er hört viel zu, ist freundlich und glaubt doch keinem. Am Ende erkennt er, dass sein ursprünglicher Verdacht falsch war. Eine winzige Geste verrät es ihm. Aber mehr kann ich jetzt wirklich nicht ausplaudern.
Können Sie die psychischen Grenzsituationen in der Familie nachvollziehen?
Die seelische Not dieser jüngeren Ehefrau lässt Borowski aufhorchen, und er beginnt heimlich mit neuen Ermittlungen.
Trotz aller Dramatik spielen Sie einen ungewöhnlich charmanten und manchmal geradezu gelösten Borowski. Kommt da eine neue Seite zum Vorschein?
Ich kenne keinen warmherzigeren Ermittler als ihn, als Borowski, Klaus Borowski.
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