Vier Fragen an Ulrich Tukur
In "Die Ferien des Monsieur Murot" sind Sie gleich zwei Mal zu sehen – als Kommissar Felix Murot und als Gebrauchtwagenhändler Walter Boenfeld. Letztendlich schlüpfen Sie im Film als der eine sogar in die Rolle des anderen. Was ist das Besondere, was das Schwierige an solch einer Doppel-, ja fast Trippelrolle?
Man muss dem Doppelgänger eine scharfe Kontur geben, die sich deutlich vom Original abhebt. Das eigentliche Problem bestand darin, Herrn Murot in der Rolle seines Doppelgängers so zu spielen, dass er sowohl als er selbst, wie auch als Walter Boenfeld funktionierte. Das war am Ende reine Gefühlssache, hat aber – glaube ich – ganz gut funktioniert.
Als Oldtimerfan und Ro-80-Fahrer darf Murot nun also – zwischen alten Saabs und Alfas schwadronierend – einen Gebrauchtwagenhändler spielen. Zufall? Und welchen Wagen fahren Sie eigentlich privat?
Ein kurioser Zufall katapultiert unseren Kommissar in das Paradies eines Autohauses, das bestückt ist mit traumhaften Fahrzeugen. Das Glanzstück: ein offener BMW-Sportwagen von 1939. Nur ist es ein Paradies voller Menschen, die sich das Leben gegenseitig zur Hölle machen. Also ungefähr das, was auch wir mit uns und unserer Erde anstellen. Ich selbst besitze kein Automobil; ich hasse alles, was sich bewegt und Krach macht: Rasenmäher, Baumaschinen, Flugzeuge, Motorräder, Autos, Laubbläser und Staubsauger. Nur der Ro 80 bildet eine Ausnahme; er ist kein Auto, er ist eine elegante Ingenieursidee.
"Die Ferien des Monsieur Murot" spielt mit auffälligen Referenzen an Jacques Tati. Was verbindet Sie persönlich mit Tati?
Die Abneigung gegen die sinnlosen Umtriebe der Moderne. Für mich ist Tati – neben Chaplin, Keaton, Bergmann und Fellini – ein Künstler, der ein cineastisches Gesamtkunstwerk hinterlassen hat, dessen Sinn sich erst mit Kenntnis all seiner Filme erschließt. Er ist ein zärtlicher Romantiker, ein Zivilisationskritiker, der mit liebenswürdigem Humor die Absurditäten unserer Existenz aufzeigt.
Murot gilt als Einzelgänger. In diesem Fall aber taucht er – als er in die Rolle seines Doppelgängers Walter Boenfeld schlüpft – in ein komplett anderes Leben ein, findet sich plötzlich in einer langjährigen Beziehung wieder. Wie war es für Murot, erstmals in eine "Ehesituation" zu geraten?
Er hat es sich insgeheim immer gewünscht. Er liebt Menschen, erträgt aber ihre Nähe nicht. Zu Magda Wächter hat er ein platonisches Liebesverhältnis, und die mörderisch-schöne Frau Boenfeld ist im wirklichen Leben nicht zu haben. Nur im Unerreichbaren findet er seine Erfüllung, im Traum.
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