Fragen an Regisseurin Friederike Jehn
Sie haben den 25. Fall des Stuttgarter "Tatorts" mit den Kommissaren Lannert und Bootz inszeniert, in einem Fall, in dem die Kommissare sehr präsent sind. Was ist für Sie das Charakteristische an diesem Team?
Lannert und Bootz sind ein super Team – sie sind eine gelungene Kombination aus zwei unterschiedlichen "guten Typen", denen man gerne dabei zuschaut, wie sie ihre Fälle lösen. Lannert ist eher analytisch, Bootz etwas emotionaler, mehr aus dem Bauch heraus. Sie lösen die Fälle auf Augenhöhe, immer professionell und immer menschlich empathisch. Nie handeln sie künstlich oder effektverliebt. Nie drängen sie sich in den Vordergrund, nie verstricken sie sich ins Persönliche. Ihre eigene – zum Teil harte Geschichte – bleibt im Hintergrund, das finde ich berührend und beruhigend zugleich. Sie agieren, wie wir es uns von zwei guten Polizisten wünschen. Und sie haben keine Superkräfte, auch das finde ich gut.
Was hat Sie an der Geschichte von "Du allein" gereizt, als sie an Sie herangetragen wurde? War es Ihre erste Begegnung mit dem Genre Krimi?
"Du allein" war meine erste Begegnung mit dem Genre "Krimi", und sofort hat mich das Drama dahinter gereizt. Es hat mir sozusagen den Weg zu dem Krimi gezeigt. Während beim Drama zählt "was am emotionalsten ist", ist beim Krimi die Spannung ausschlaggebend. Ich fand es hier spannend, darüber nachzudenken, was "am gemeinsten " ist. Also die Kombination aus Spannung und Emotion. Krimi ist ein tolles Genre, weil man hinter der Spannung die Emotion verstecken kann.
Am Anfang des Films steht die anonyme Sniper-Atmosphäre, die Kommissare haben keine konkreten Verdächtigen. Was bedeutete das für die Inszenierung sowohl der Kommissare als auch der Orte und Räume? Wie habt Ihr die Motive ausgesucht, wie sind Sie mit dem Präsidium umgegangen?
Am Anfang des Films wollten wir bewusst die Potenz des Snipers unter Beweis stellen. Wir haben uns Motive mit großen Distanzen und Höhenunterschieden gesucht, um den Täter so gefährlich wie möglich zu zeigen. Stuttgart eignet sich durch die Kessellage hervorragend als Revier für einen Sniper, wenn man das so sagen kann. Die Gefahr von oben sieht man schwerer. Wenn ein Sniper dich hier kriegen will, kriegt er dich. Die absolute Unberechenbarkeit. Das war das Gefühl, was wir erzeugen wollten.
Im zweiten Teil des Films kommt das Drama zum Vorschein, die Gewichtung verändert sich, Figuren treten in den Vordergrund. Wie haben Sie die Atmosphäre im Gesamtfilm dosiert? Welche Rolle spielt dabei die Musik vor allem "Sunrise"?
Musik spielt in meinen Filmen oft eine wichtige Rolle, "Sunrise" war eine echte Entdeckung im Schneideraum. Mir war schnell klar, dass sich das Lied toll als "Mördermelodie" eignet. Durch das Zarte im Lied wirkt die Absicht zu Töten einerseits boshafter, andererseits ahnt man möglicherweise, dass hinter der bloßen Tat noch mehr Hintergrund steckt. Mir war es sehr wichtig, hinter dem Monströsen der Tat das Menschliche spürbar zu machen.
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