"Das ist alles ein bisschen viel für den Guten."

Interview mit dem Schauspieler Oliver Mommsen

Oliver Mommsen spielt den Kommissar Stedefreund. Der Schauspieler wurde 1969 in Düsseldorf geboren, lebt in Berlin. Neben seiner Rolle als "Tatort"-Kommissar ist er regelmäßig in anderen deutschen Fernsehfilmproduktionen zu sehen, voraussichtlich im Herbst 2013 etwa im Spielfilm "Stiller Abschied" an der Seite Christiane Hörbigers.

Stedefreund
Überraschendes Comeback: Kommissar Stedefreund zurück in Bremen. | Bild: Radio Bremen / Jörg Landsberg

Herr Mommsen, im Radio-Bremen-"Tatort" "Puppenspieler" sah es ganz so aus, als würde man Sie nicht als Kommissar Stedefreund wiedersehen. Sie hatten eine Sinnkrise und sind deshalb nach Afghanistan geflogen, um dort von nun an Polizisten auszubilden. Nun ist Stedefreund zurückgekehrt, aber verändert. Der Zuschauer erlebt ihn ungewohnt ernst und schweigsam, dann wieder reagiert er heftig und brutal, zum Beispiel als er eine Gruppe von Jugendlichen schlägt. Was ist passiert?

Stedefreund kommt schwer angeschlagen aus Afghanistan zurück. Was er dort erlebt hat, hat ihn sehr getroffen. Seine Nerven liegen blank und er hat noch keinen Weg gefunden, mit dem Erlebten umzugehen. Gleichzeitig erfährt Inga ein so schweres Schicksal, dass sie ihm auf keinen Fall helfen kann. Im Gegenteil! Sie ist es, die Hilfe braucht. Das ist alles ein bisschen viel für den Guten. Und ich glaube, dass er einfach auch spürt, wie einsam er eigentlich ist.

Wie haben Sie sich auf diesen traumatisierten Zustand, in dem sich Stedefreund offensichtlich befindet, vorbereitet?

Dem Regisseur Florian Baxmeyer und mir war es enorm wichtig, dass Stedefreund nicht apathisch ist. Er sollte handeln. Mit einer gewissen Härte sein Ziel verfolgen, denn eigentlich ist er ja jemand, der Probleme nicht lange mit sich rumschleppt. Ich habe viel gelesen, auch Bücher von Soldaten, die im Krieg waren. "Soldatenglück" von Robert Sedlatzek-Müller, "War" von Sebastian Junger oder "Das Knurren der Panzer im Frühling" von Sebastian Christ. Aber am meisten beeindruckt hat mich das Buch "Sturz ins Chaos" von Ahmed Rashid, in dem furchtbar klar beschrieben wird, dass wir Europäer nicht den blassesten Schimmer von dieser Region haben.

Wie war es für Sie, die Rolle so zu spielen?

Ungewohnt. Ich musste mich oft zurücknehmen und Florian vertrauen, dass Stedefreund nicht zu sehr den Bach runter geht. Was einen Riesenspaß gemacht hat, war, diese ungewohnte Brutalität in Stedefreund zu entdecken. Erst schießen, dann fragen. Oder auch diese vollkommen emotionslose Sicht der Ereignisse. Es macht Spaß, mal nicht freundlich sein zu müssen. Allgemein habe ich das Gefühl, dass durch die zwei Filme eine neue Tür für den Knaben aufgegangen ist.

Wie wird es mit Stedefreund weitergehen?

Es wäre toll, wenn "Afghanistan-Stedefreund", wie wir ihn scherzhaft am Set genannt haben, und der "alte" Stedefreund sich gegenseitig befruchten könnten. Es ist mir klar, dass Stedefreund nicht jede Nacht einsam durch die Gegend fahren kann, um auf eigene Faust für Ordnung zu sorgen. Aber dass er etwas sperriger und weniger durchschaubar ist und auch mal sein eigenes Ding durchzieht, gefällt mir gut. Das bietet meiner Meinung nach auch wieder Zündstoff zwischen Inga und ihm. Ansonsten bin ich der Meinung, dass der Mann sich dringend mal verlieben muss.

Herr Mommsen, vielen Dank für das Gespräch.

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