Fragen an Michael Proehl (Buch) und Till Endemann (Regie)
Herr Proehl, „Kälter als der Tod“ war der erste „Tatort“ von Janneke und Brix, das Buch dafür haben Sie ebenfalls geschrieben. Jetzt schließt sich der Kreis. Wie ist das für Sie?
Michael Proehl: Erschütternd. So viele Jahre sind wieder ins Land gezogen. Ich erinnere mich, wie ich in einer kalten Hütte auf dem schneeverwehten Rügen kettenrauchend eine Fassung schrieb. Die gute Nachricht: Ich rauche seit acht Jahren nicht mehr. Jetzt ist es, als würde man Janneke, Brix, Fanny und Jonas (damals hatte er noch keinen Nachnamen) beim Auszug helfen, nachdem man schon beim Einzug dabei war.
Herr Endemann, mit dem „Tatort“ haben Sie schon Erfahrung, aber den letzten Fall eines Ermittler-Teams zu filmen, ist auch für Sie neu. Was war Ihnen bei diesem Filmprojekt wichtig?
Till Endemann: Ganz grundsätzlich war es eine besondere Aufgabe und Ehre, dem gesamten Frankfurter Ermittler-Team das größtmögliche Finale zu bereiten. Ich habe mich sehr auf die Zusammenarbeit mit Margarita Broich, Wolfram Koch und Isaak Dentler gefreut, ebenso wie auf Matthias Brandt als „Gegenspieler“. Die Tonalität der Geschichte empfand ich für den „letzten Fall“ als überaus reizvoll. Zuvorderst die Wahl eines Widersachers und ehemaligen Wegbegleiters, der im Strudel der Ereignisse – ohne es zu wollen – zunächst sich selbst und später auch die Kommissare mit in seinen persönlichen Abgrund reißt. Ein „Tatort“, der Elemente des Thrillers, der Tragödie und einer hauchzarten Liebesgeschichte vereint - spannungsgeladen, kühn und nah an den Sehnsüchten der Figuren erzählt.
Herr Proehl, Sie waren auch bei der Entwicklung der beiden Charaktere für den ersten Film dabei. Zum Abschluss wird es jetzt noch ein klein wenig romantisch zwischen Janneke und Brix. War das von Anfang an eine Option?
Michael Proehl: Die Schauspieler Margarita Broich und Wolfram Koch sind meiner Meinung nach im richtigen Leben eher romantische Menschen, die mit Lebensfreude sich allen Herausforderungen stellen. Wenn man jahrelang immer wieder zu einer bestimmten Figur wie hier die „Tatort“-Kommissare zurückkehrt, kann man seine eigenen Hauptattribute im Spielcharakter kaum unterdrücken – sollte es nicht. Janneke und Brix waren beide Figuren, die am Anfang ihrer Reise im Umbruch waren und bis zum Ende Suchende sind. Dass wir dadurch „Romantik“ auf verschiedenen Ebenen bearbeiten durften, hat uns besonders gefreut.
Was zeichnete das Duo Janneke und Brix im „Tatort“-Universum aus?
Michael Proehl: Janneke und Brix gehören zu den „Tatort“-Duos, die auf Anhieb am besten in eine Großstadtatmosphäre passen. Unaufgeregte Ermittler, die ein Hauch Noir umgibt – darum gibt es auch am Ende ihres letzten Falles eine kleine Hommage an Humphrey Bogart und Lauren Bacall.
Till Endemann: Anna Janneke und Paul Brix sind sowohl sich selbst als auch den Zuschauern mit einer grundsätzlichen Offenheit für unkonventionelle Ermittlungsmethoden und der beiderseitigen Bereitschaft, Grenzen zu überschreiten, ans Herz gewachsen. Das wirkte dabei nie behauptet oder überfrachtend, was nicht zuletzt an der feinen, ehrlichen und gemeinschaftlichen Spielfreude von Margarita Broich und Wolfram Koch lag.
Was hat es mit der Kunst-Installation auf sich, in der der große Showdown stattfindet?Welche Idee steckt dahinter, dass in einer Landschaft, die an Caspar David Friedrich erinnert, Explosionen und ein Monster auftauchen?
Michael Proehl: Ich zitiere hier mal die Begründung des Co-Autors und Kunst- Spezialisten Dirk Morgenstern: „Die Installation ist der Spiegel der Seele der Hauptfigur. Das Vorbild war natürlich ‚Der Wanderer über dem Nebelmeer‘, das ein ikonografisches Bild der Sehnsucht der deutschen Seele nach Frieden und Ruhe ist, aber auch immer die Spannung vor dem Ungewissen (das Wolkenmeer) in sich trägt. Die Installation mit den Bomben und Monster stellt die Erschütterung und den Ausbruch dieser Seele, die von Matthias Brandt so wunderbar verkörpert wird, dar. Das Bild war von Anfang an ein Schlüssel, aus dem die Geschichte überhaupt entstanden ist. Es war eine wunderbare Möglichkeit, den inneren Druck von Tristan Grünfels sichtbar zu machen. Lustigerweise gab es das Bild in dem Buch schon, bevor der ganze Hype um Caspar David Friedrich mit den Ausstellungen und Florian Illies‘ Buch aufgekommen ist. Das hat uns in dem Gefühl bestätigt, wie stark das Bedürfnis der Menschen momentan nach Ruhe, Ausgeglichenheit und Stabilität ist und wie sehr Unsicherheit, Lärm und Wut in uns zurzeit tobt. Wir hoffen, dass der Zuschauer daran anknüpfen kann und mitfühlt.
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