Interview mit Sebastian Ko
Regisseur
Was ist im "Tatort" die Ursache dafür, dass eine Bürgerwehr gegründet wird?
Wenn der Ruf nach einer Bürgerwehr laut wird, spricht daraus ein mangelndes Vertrauen in die Ordnungsmacht, sprich in die Polizei und den Rechtsstaat – und das Gefühl, bedroht zu sein. Nur: Bedroht von wem eigentlich? Fast alle Figuren in der "Wacht am Rhein" empfinden sich als Opfer – und leiten genau daraus ihre Bereitschaft zur Gewalt ab. Sie fühlen sich bedroht und beginnen deshalb zu drohen. Doch egal, ob sie Täter sind oder Opfer – oder oft auch beides zugleich: Gutes erwächst daraus für keinen von Ihnen.
Woher kommt die Angst unter der die Figuren im "Tatort" leiden?
Es droht eine neue Variante des Lügens – die teuflischste, die man sich denken kann: nämlich das "Wahrlügen", hat eine kluge Frau einmal gesagt. Und tatsächlich stehen wir momentan auf wankendem Boden. Sicher ist nur eines: Die Angst. Die Anschläge in Paris, die Silvesternacht 2015 in Köln, die Attentate in Nizza und Brüssel, flüchtende Menschen in Richtung Europa, der so genannte IS, die Überforderung der Polizei, eine stetig steigende Einbruchsrate. All das wird in einen Topf geworfen, durchgerührt, kräftig gewürzt mit Irrationalem und Vorurteilen, mit Halbwissen und Halbverstandenem. Wer diese giftige Suppe isst, dessen Herz wird vergiftet. Die "Wacht am Rhein" erzählt davon. Zwar wird hier nur ein Stadtviertel, ein Mikrokosmos, kontaminiert – aber dieses Stadtviertel könnte überall sein.
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