Interview mit Maren Eggert zum "Tatort: Mann über Bord"

Maren Eggert alias Frieda Jung
Maren Eggert alias Frieda Jung | Bild: NDR / Marion von der Mehden

Das Erste: "Mann über Bord" ist der erste "Tatort", in dem Kommissar Borowski ohne Assistenten ermittelt. Kommt Frieda Jung dadurch eine andere Funktion, eine andere Rolle zu?

Maren Eggert: Ja. Frieda Jung fängt jetzt an, vorsichtig mit zu ermitteln. Sie wird jedoch keine Assistentenstelle einnehmen, sondern Kommissar Borowski immer dann unterstützen, wenn es tatsächlich sinnvoll ist. Wir wollen dabei bleiben, dass die beiden unterschiedliche Methoden und Sichtweisen verfolgen und sich so ergänzen.

Sind Sie intensiv in die Figuren- und Drehbuchentwicklung eingebunden?

Das bin ich. Uns beschäftigt die Frage, wie sich das Verhältnis zwischen Borowski und Jung weiterentwickelt, ohne dass man zuviel macht. Wenn sie plötzlich ein Paar wären, wäre es für uns langweilig, aber auch für die Zuschauer.

Fällt es Ihnen leicht, der Figur Frieda Jung mehr "Fleisch" zu geben?

Es war für mich ein großer Schritt, die Figur zu vergrößern. Vorher waren es kleine Auftritte, die man aufblitzen lassen konnte. Es ist schon etwas anderes, wenn Frieda Jung mehr auftritt und man mehr von ihr erfährt. Ich habe die Figur bislang immer eher auf Distanz zu mir gehalten, jetzt muss ich mich stärker selbst einbringen. Dabei hat mir der Regisseur Lars Becker sehr geholfen. Er hat mir gute Impulse gegeben, was die Weiterentwicklung der Figur angeht. Es war überhaupt eine sehr schöne Zusammenarbeit. Lars Becker ist ruhig und konzentriert bei der Arbeit, was ich sehr angenehm finde. Er arbeitet sehr genau und sehr fein.

In diesem Fall verhält sich Borowski beinahe gefühlskalt, wenn er die beiden Witwen an der Leiche des Ehemannes zusammenführt. Dafür wird er von Frieda Jung heftig kritisiert.

Klaus Borowski benimmt sich wie ein Kind, das beim "Was passiert dann"-Spiel nicht aufgepasst hat. Er ist begeistert von seiner Idee und will unbedingt etwas herausfinden. Deshalb denkt er nicht darüber nach, was er den beiden Frauen damit antut und oder ob sein Vorgehen geschmackvoll ist oder nicht.

Borowski und Jung geraten erneut aneinander, als er ihr ein wichtiges Gespräch mit der Verdächtigen Greta Karlsson überlässt und Frieda Jung letztlich die Ermittlungen weiterführen muss.

In dieser Situation hat sie das Gefühl, dass Borowski ihr in den Rücken fällt. Nicht nur, dass er ihr nicht sagt, was er vorhat – er lässt sie auch noch mit der Verdächtigen allein! Dabei darf man nicht vergessen, dass sie in diesen Verhörsituationen noch nicht so viel Übung hat; er ist der Erfahrene, was das angeht.

Trotzdem zeigt Frieda Jung eine gewisse Härte Greta Karlsson gegenüber.

Man denkt ja immer, Psychologe und Frau, da muss man gefühlvoll und zart an die Sachen herangehen. Aber wahrscheinlich gibt es Taktiken in der Psychologie, bei denen man über ein härteres Vorgehen versucht, an jemanden heran zu kommen.

Auf der privaten Ebene wird das Verhältnis zwischen Klaus Borowski und Frieda Jung durch diesen Film eher undurchsichtiger, weil man erfährt, dass sie verheiratet ist. Geht das Rätselraten um Frieda Jung auch in den nächsten Filmen weiter?

Ich denke schon. Man spürt zwar, dass Borowski und Jung mehr Vertrauen zueinander fassen, mehr zu Partnern werden - aber weniger geheimnisvoll wird es dadurch nicht.

Lehnt Borowski ihre Mitarbeit zunächst ab, weil er sich von Frieda Jung nicht in Versuchung führen lassen möchte?

Kann sein. Borowski bemüht sich durchgehend um sie, er ist schon hinter ihr her. Es ist schon etwas im Busch zwischen den beiden. Er weiß aber nicht so genau, wie er damit umgehen soll. Auf der anderen Seite hat er keine Lust, sich von Frieda Jung ins Handwerk reden zu lassen. Da er ein Einzelgänger ist und dazu noch ein bisschen eitel, will er niemanden haben, der partnerschaftlich mithilft.

Am Schluss des Films gerät Frieda Jung in Gefahr. Merkt sie in diesem Moment zum ersten Mal wirklich, auf was sie sich eingelassen hat?

Ich glaube schon. Sie gibt danach zu, dass sie weiche Knie bekommen hat – und das ist kein koketter Spruch. Diese Situation ist auch eine Vertrauensprobe zwischen Borowski und ihr, denn sie sind kein eingespieltes Team und deshalb weiß sie nicht, ob er ihr zu Hilfe kommen wird. Aber ich glaube trotzdem, dass bei ihr die Neugier überwiegt.

Wie waren die Dreharbeiten auf See?

Es war eine besondere Atmosphäre. Aber am Spannendsten war es, als wir auf der Förde mit dem Polizeiboot an die fahrende Fähre herangefahren sind. Es war sehr beeindruckend, wie dieses riesige Schiff plötzlich vor uns aufragte.

Sind Sie seefest?

Ich hatte mir vor den Dreharbeiten Akupunktur-Bänder für die Handgelenke gekauft - entweder haben die sehr gut gewirkt oder ich bin seefest, keine Ahnung (lacht).

Sie haben ohnehin eine Affinität zum Wasser: Sie sind Wassermann, Ihr erstes Stück war das Kindermärchen "Der goldene Karpfen", in Hamburg leben Sie in der Nähe der Elbe und ihre Texte lernen Sie angeblich in der Badewanne ...

Nicht nur, aber auch in der Badewanne! Ich habe keine einheitliche Methode, meine Texte zu lernen. Aber es ist richtig: ohne Wasser würde mir etwas fehlen Ich bin als Kind sehr viel Boot gefahren und gesegelt. Wir haben damals immer in Skandinavien die Sommerferien verbracht. Deshalb haben mir die Drehorte bei diesem "Tatort" auch besonders gut gefallen. Vor allem die Szenen bei Greta Karlsson, die wir auf den Schäreninseln gedreht haben.

Das Thema Bigamie ist in letzter Zeit häufiger im Fernsehfilm aufgetaucht. Was fasziniert daran?

Das Doppelleben fasziniert. Dass man ständig Lügen und Verbergen muss und dass es hinter der scheinbaren Realität noch so viel gibt, was selbst die Partner nicht wissen. Für die anderen Beteiligten ist es ein maximaler Schock, aber hauptsächlich belastend ist es für den, der das macht. Wenn man sich vorstellt, über acht bis zehn Jahre immer nur die Hälfte zu erzählen, fragt man sich schon, wie ein Mensch das aushält. Das muss wahnsinnig viel Kraft kosten.

Wie hat sich die Arbeit mit den schwedischen Schauspielern gestaltet?

Ganz unterschiedlich. Peter Haber ist ein sehr erfahrener Mensch, der sehr bei sich ist und seinen eigenen Arbeitsrhythmus hat. Mit Ewa Fröling hatte ich nur kurz zu tun, aber sie hat die Aura von Jahrzehnten Film und ist noch immer eine wahnsinnig schöne und sehr lebendige Frau. Bei der sehr angenehmen Zusammenarbeit mit Ingar Sigvardsdotter habe ich festgestellt, dass die Verständigung wenig damit zu tun hat, welche Sprache man spricht.

Wie gewichten Sie Ihre Arbeit zwischen Fernsehen, Kino und Theater?

Rein praktisch gesehen hat das Theater noch Priorität, aber im Prinzip ist es fast schon Halbe-Halbe. So würde ich es auch weiterhin gerne halten. Wenn sich Theater und die Arbeit vor der Kamera abwechseln, wäre es schön.

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