Interview mit Regisseurin und Drehbuchautorin Aelrun Goette
Der letzte Film eines Tatort-Teams ist ja etwas besonderes, was hat Sie dabei bewegt?
Ich wollte gern eine radikale Geschichte über unsere Zeit erzählen, die aus den Fugen ist und sich den bösen Mantel der humorvollen Leichtigkeit überwirft. Eine poetische Parabel, die in der Frage mündet, wem und warum man sich beugt.
Was sollte Klara Blum bewegen? Was wollten Sie über die Figur erzählen?
Wenn ich das jetzt erzähle, verrate ich ja alles! Vielleicht soviel: Ich wünsche mir, dass man sie am Ende vermisst.
Sie haben den "Tatort: Wofür es sich zu leben lohnt" gemeinsam mit Sathyan Ramesh geschrieben, wie kam es dazu? Hatten Sie schon einmal miteinander gearbeitet?
Nein. Ich bin auf ihn zugegangen, weil ich mir von der Zusammenarbeit beim Drehbuch schreiben eben diese Mischung aus Leichtigkeit und Tiefe – Humor und Poesie versprochen habe.
War es eine Lust, Klara Blum und ihre Kollegen mit ganz grundsätzlichen Fragen zu konfrontieren? Wie schon der Titel sagt, geht es ums große Ganze bei diesem Film?
Ich konfrontiere in meinen Filmen die Figuren immer mit den grundsätzlichen Fragen; das ist einer der wesentlichen Gründe, warum ich Filme mache.
Wie schwierig war es, zu der speziellen Mischung zwischen Ernsthaftigkeit, Poesie und Humor zu finden, die den Film auszeichnet?
Ich wollte bei diesem Film eine andere Erzählform ausprobieren. Und nein, das war nicht so schwierig. Ich hatte den Geschmack von Anfang an auf der Zunge. Man kriegt ja immer auch Geschenke, wie von diesen außergewöhnlichen Schauspielern, die wir uns schon beim Schreiben vorgestellt haben. Von denen jeder Einzelne eine Welt verkörpert, die es zu einem Ganzen zu führen galt. Das war eine Herausforderung, auf die ich mich gefreut habe. Ganz wesentlich war das Team. Mit dem konnte ich zaubern. Wenn vom Szenenbildner bis zum Innenrequisiteur, von der Kamerafrau, der Kostümbildnerin bis zum Oberbeleuchter, Schnittmeisterin und Redakteurin –. wenn alle in Lust und Freude entzündet sind, dann trägt das. Dann kommen am Morgen die Schauspieler in ein Set, das vor kurzem noch ein nacktes, leeres Haus war und finden sich plötzlich in einer Welt wieder, die bis ins kleinste Detail dem Inneren ihrer Figur entspricht. Diese Sorgfalt wirkt auf sie, ist Inspirationsquelle und definiert nicht zuletzt das Niveau, auf dem gearbeitet wird. Alle diese Elemente spielen ja ineinander. Ich nenne das immer: 'ein flüssiges Mosaik'. Wenn sich ein Element ändert, ändert sich das ganze Bild. Film ist immer die Summer aller Details.
Der Film hat einen außergewöhnlichen Cast, Eva Mattes, Irm Herrmann, Hanna Schygulla und Margit Carstensen verbindet ihre Erfahrung als Teil der Fassbinder-Familie. Wie hat diese Besetzung Ihr Schreiben und Ihre Inszenierung beeinflusst?
Martina Zöllner kam mit der wunderbaren Idee auf mich zu, die großen Fassbinder-Frauen zum ersten Mal zusammen vor die Kamera zu holen. Ich konnte Sathyan Ramesh als Koautor gewinnen und hatte recht schnell eine Idee, die überzeugt hat. Und beim Schreiben schwebten uns dann auch Matthias Habich und Julia Jäger durch den Sinn, für die wir diese Rollen erfunden haben. Es ging im Wesentlichen darum, wie es Hanna Schygulla einmal sehr schön in der Frage formuliert hat, 'ob ihr das Format wohl steht?' Ich wollte, dass allen der Film 'gut steht'.
Und wie war das Arbeiten mit dieser Truppe?
Großartig war's. Da sind Welten aufeinander getroffen, die es galt, zu einer gemeinsamen zu machen. Da gab es so manches, was im Voraus nicht zu berechnen war. Ich liebe das. Ich lasse mich gern überraschen.
Im Film gibt es Anspielungen auf andere Filme, hat dabei auch Fassbinder eine Rolle gespielt?
Fassbinder war gestern – wir sind heute.
Kommentare