Interview mit Christina Athenstädt
Interview mit Christina Athenstädt
Wie war die Zusammenarbeit mit der blinden Strafverteidigerin Pamela Pabst, von deren Geschichte die Serie inspiriert wurde?
Pamela Pabst ist eine bemerkenswerte Frau. Sie ist sehr herzlich und offen. Von Anfang an war kein Thema tabu. Sie war meine erste Anlaufstelle sowohl bei Fragen zur Sehbehinderung und Blindheit als auch bei juristischen Themen. Ich konnte ihr bei der Arbeit in der Kanzlei über die Schulter gucken und sie zu Verhandlungen ins Gericht begleiten. Pamela Pabst hat mich nachhaltig beeindruckt und inspiriert.
Hatten Sie einen Blinden- oder Schauspielcoach, der Sie auf die Rolle vorbereitet hat?
Das Training mit einem Blindentrainer war ein wichtiger Teil der Vorbereitung. Wir haben das Laufen mit dem Langstock geübt und ich habe viel darüber gelernt, wie sehbehinderte Menschen sich in einer Stadt wie Berlin zurechtfinden und welche Möglichkeiten zur Orientierung es überhaupt gibt. Und ich habe mir erklären lassen, welche technischen Hilfsmittel es für das Arbeiten und Lernen gibt und wie sie funktionieren. Das war sehr interessant.
Wie hat die Rolle Ihren Blick auf blinde Menschen verändert? Hat die Vorbereitung auf die Rolle dazu beigetragen, dass Sie die Welt bewusster wahrnehmen?
Als ich zum ersten Mal mit Augenbinde und Langstock für eine längere Zeit durch die Stadt gelaufen bin, habe ich nach einer Weile viel genauer hingehört, was um mich herum geschieht. Mir wurde bewusst, wie sehr wir uns als Sehende auf das Sehen verlassen. Wenn ich mich aber mit Hilfe von Hören und Tasten durch den Raum bewegen muss, werden diese Sinne zwangsläufig wichtiger. Mir ist jetzt zum Beispiel klar, wie das mit dem Klacken und Summen an Ampeln wirklich funktioniert. Ich sehe in öffentlichen Gebäuden plötzlich Noppen oder Rillen im Boden, die mir vorher nicht aufgefallen sind bzw. deren Funktion ich nicht kannte. Man kann die unterschiedliche Beschaffenheit des Bodens mit dem Langstock sehr gut „erfühlen“, das ist eine wichtige Orientierungshilfe. Dass man als nicht gut sehender Mensch auf einer freien Fläche mit ununterbrochenem Untergrund völlig orientierungslos ist, wurde mir erst durch die Drehvorbereitung wirklich bewusst. Umso mehr weiß ich jetzt einige bauliche Maßnahmen für Blinde und Sehbehinderte, beispielsweise an Bahnhöfen, zu schätzen, die sind wirklich gut durchdacht – wenn sie an anderen Orten fehlen, fällt es mir nun auf. Was sich auf jeden Fall geändert hat, ist meine Wahrnehmung von Menschen mit Langstock. Ich muss jetzt jedes Mal kurz stehenbleiben und wundere mich, wie gut die meisten zurechtkommen. Dafür haben sie meinen allergrößten Respekt.
Ihr Mann Peter Fieseler spielt Ben Ritter, den Ex von Romy Heiland. Haben Sie bereits vorher gemeinsam vor der Kamera gestanden? Und wie war die Zusammenarbeit?
Wir haben bisher nur einmal in einem Kurzfilm zusammen gearbeitet, aber das ist eine Weile her. Es war schön, als Peter nach der ersten Drehwoche ans Set kam. Ich hatte das nicht so erwartet, aber es fühlte sich gut an. So vertraut.
Wie sind Sie mit der Herausforderung umgegangen, eine Figur zu spielen, die zuvor von der auf tragische Weise verstorbenen Lisa Martinek verkörpert wurde? Wie haben Sie sich die Rolle erarbeitet? Welche Gedanken hatten Sie zur Anlage der Figur?
Ich habe lange darüber nachgedacht, ob ich überhaupt zum Casting gehen soll oder nicht. Es fühlte sich seltsam an und definitiv ganz anders als sonst, wenn man zum Casting eingeladen wird oder in ein neues Projekt startet. Anstatt Vorfreude waren da viele Zweifel. Als ich dann aber angefangen habe zu arbeiten, hat sich vieles von selbst ergeben. Ich habe gemerkt, dass jeder, dem ich begegne, um genau diesen Fakt weiß und mich dabei unterstützt, das Beste aus der Rolle und der Situation zu machen. Es gab traurige Momente während der Arbeit, da einige Menschen sowohl an der ersten Staffel als auch an der zweiten Staffel gearbeitet haben. Und selbstverständlich haben sie Lisa Martinek vermisst. So wie das Publikum sie vermissen wird. Ich bin nicht in der Lage, sie zu ersetzen, aber das hat auch niemand von mir erwartet. Und das hat mir die Freiheit gegeben, diese Rolle für mich zu entdecken. Ich habe sie nicht extra anders angelegt oder neu interpretiert oder bewusst verändert. Ich bin einfach ein anderer Mensch, eine andere Schauspielerin, und deshalb ist es automatisch anders geworden. Ich hoffe sehr, dass die Zuschauer dies sehen und es auch so funktioniert.
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