Statement von Thorsten Näter

Er schrieb das Buch zu "Die Kanzlei"

Thorsten Näter
Thorsten Näter schrieb das Buch zu "Die Kanzlei". | Bild: picture alliance / rtn - radio tele nord

Vor langer Zeit, als Isabel von Brede zum ersten Mal die Kanzlei betreten hat, mochte sie ihren Beruf noch vor allem deshalb, weil er ihr die Möglichkeit zum Kämpfen gegeben hat. Sie hatte ihre ganze Jugend hindurch gekämpft, hatte gegen ihre Familie rebelliert, und im Grunde hat sie später die Rebellion fortgesetzt, indem sie den Kampf zu ihrem Beruf gemacht hat. Dabei waren diese Kämpfe oft reiner Selbstzweck. Aber ihre Zusammenarbeit mit Ehrenberg und seinen Leuten hat sie verändert. Heute ist es ihr nicht mehr egal, für wen oder was sie kämpft. Sie setzt ihre Kraft ein, um Leuten zu helfen, die es aus eigener Kraft nicht können.

Als Markus Gellert in der Kanzlei auftaucht ...

Zuerst noch als Gegner, ist es für Isa ein bisschen, als würde ihr ein Zerrbild ihres früheren Ichs vorgeführt. Denn auch Gellert liebt den Kampf. Aber bei ihm hat das nichts mit Rebellion zu tun. Für ihn ist es ein Spiel. Gellerts größte Qualitäten sind sein Tempo und seine Eloquenz. Gellert hat nie eine Strategie oder eine Meinung zu einem Fall. Sondern eine ganze Reihe von Strategien und grundsätzlich nie nur eine Meinung oder Haltung.

Die Kanzlei: Gudrun (Katrin Pollitt) und Yasmin (Sophie) betrachten Anwalt Markus Gellert (Herbert Knaup) kritisch.
Gudrun und Yasmin betrachten Anwalt Markus Gellert als Eindringling, der lieber heute als morgen Ehrenbergs Platz einnehmen will.  | Bild: ARD / Georges Pauly

Er ist wie ein Florettfechter, der nichts anderes tut, als nach einer ungedeckten Stelle seines Gegenübers zu suchen. Er liebt es, seine Gegner aufs Glatteis zu führen, wechselt gern von einer auf die andere Sekunde seine Haltung, um seinen Kontrahenten zu verwirren. Ebenso wie Isa liebt er es auch zu gewinnen, aber ihm ist wichtig, dass der Weg dahin Spaß macht. Und, was Isa noch mehr auf die Palme bringt: Es muss "was dabei herausspringen".

Gellert liebt Geld und schöne Dinge. Etwas, das Isa völlig fremd ist. Sie hat sich schon früh von ihrem reichen Elternhaus losgesagt, hat ihr Erbe ausgeschlagen. Die Welt, aus der Gellert kommt, hat Isa immer abgelehnt. Für sie sind Leute, denen Geld wichtig ist, ein Graus. Aber auch Gellert fühlt sich in seiner Welt irgendwann nicht mehr wohl. Nicht etwa, weil er moralische Bedenken hat, das Geld anzunehmen, das er in seiner Nobelkanzlei verdient. Er langweilt sich einfach. Also tut er, was typisch für ihn ist. Er steigt einfach aus, als würde er alles auf eine Zahl setzen, sucht sich ein neues Spiel, das mehr Spaß verspricht. Und das ist Isas Kanzlei.

Für Gellert ist die Kanzlei eine kleine Offenbarung. Denn hier trifft er – in seinen Augen – einen Haufen Verrückter. Eine Anwältin mit jeder Menge Spleens, eine Putzfrau, die ermittelt, die Tochter eines türkischen Gemüsehändlers ohne die geringste Qualifikation, die den Laden schmeißt. Schräge Mandanten. Hier wird gestritten, gekämpft, da fliegen die Fetzen. Für Isa und ihre Truppe, die selbst bei den skurrilsten Fällen mit großem Engagement und großer Ernsthaftigkeit vorgehen, ist er allerdings erst einmal ein rotes Tuch.

Gellert hat zwar zu keinem Zeitpunkt die Absicht, Ehrenbergs Platz einzunehmen, aber natürlich sieht das für Yasmin und Gudrun ganz so aus. Also verhalten sie sich erst einmal wie Kinder, denen ein Stiefvater vor die Nase gesetzt wird. Aber nach und nach lassen sich nicht nur Isa, sondern auch Yasmin und Gudrun auf seine spielerische Art ein, mit den Fällen umzugehen. Allerdings bleibt für alle die Tatsache, dass Gellert immer über seine Verhältnisse lebt und ihn das gar nicht zu kümmern scheint, ein Quell ständiger Besorgnis.

Gellerts Motto

"Wenn meine Kreditkarte gesperrt wird, nehm ich die andere. Und wenn die auch gesperrt wird, hab ich noch zwei", passt nicht so ganz zu einer soliden Kanzlei. Aber dafür hält Gellert Isas "Verein" ja auch gar nicht. Genau deshalb hat er sich da ja auch eingenistet und hat nicht vor, so schnell wieder zu gehen.

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