Im Gespräch mit "Stay"-Komponist Leslie Mandoki
"Ich bin kein Schauspieler, ich kann nur mich selbst spielen"
Die Fans von Sturm der Liebe wissen es sowieso – alle anderen erfahren es spätestens jetzt: Der romantische Titelsong "Stay" stammt aus der Feder eines ganz besonderen Komponisten, nämlich des ungarisch-deutschen Musikers Leslie Mandoki. Als Frontmann der Chartstürmer-Kombo Dschingis Khan wurde er berühmt, nutzte dann sein Glück, um selbst das Musikbusiness als Komponist und Produzent zu bestimmen. Die Krönung seiner Karriere erfolgt allerdings erst in diesen Tagen – bei einem Gastauftritt im "Sturm"! Als was? Natürlich als Musikproduzent. Wir sprachen mit Leslie Mandoki über seinen Ausflug in die Filmwelt.
Herr Mandoki, kommt das Gespräch gerade unpassend?
Nein, überhaupt nicht! Einen Moment aber bitte – ich habe hier gerade noch einen Freund sitzen, mit dem ich ein Konzert durchsprechen muss. Wenn Sie entschuldigen, spreche ich kurz Ungarisch weiter...
Sie sind gerade in Budapest, Ungarn ist Ihre Heimat. Haben Sie dort noch einen Wohnsitz?
Nein, nein. Überhaupt nicht. Wenn ich hierherkomme, dann nur für zwei bis drei Tage, ich wohne dann in einem Budapester Hotel. Aber immerhin bekomme ich dort immer dasselbe Zimmer. Ich lebe fest in Deutschland. Als waschechter illegaler Einwanderer!
Sie? Ein illegaler Einwanderer?
Ja, ich bin ein Asylant. Ich bin als Asylant nach Deutschland gekommen. Ich sprach kein Wort Deutsch, als ich mit 22 Jahren mit zwei Freunden nach Deutschland reiste. Es war nicht meine Absicht, in Deutschland zu bleiben – wissen Sie, ich dachte Amerika sei das Traumland. Ich hatte es anders geplant, aber ich habe mich in die deutsche Mentalität und Kultur verliebt! Ich liebe dieses Land!
Kein Wunder, Sie leben auch an einem wunderschönen Flecken Bayerns am Starnberger See...
Ja, ich lebe da in so einer Art "Flüchtlingsecke": Mein Freund Peter Maffay wohnt da auch. Wir sind Nachbarn.
Sie fahren oft mit dem Boot auf den See und komponieren dort. War es auch so bei dem Titelsong "Stay" für "Sturm der Liebe"?
Ah, nein, aber das war "one of those magical moments". Es gibt diese ganz seltenen Momente im Leben, wo alles passt. Das war so: Mich rief die Produzentin der damals geplanten Serie an und sagte, sie bräuchte einen Titelsong für eine neue Telenovela. Ich arbeite ja viel mit der Bavaria Film zusammen, das war also noch nicht so ungewöhnlich. Der Geschäftsführer und sie kamen also zu mir und sprachen mit mir über dieses Projekt, zu dem es noch keine gedrehten Szenen gab. Die beiden erklärten mir dieses Projekt aber so intensiv, einnehmend und emotional, dass ich mich am nächsten Tag mit dem, was ich da rausgehört hatte, hinsetzte und den Song in einem Rutsch mit meinem Musen-Zwilling Laszlo geschrieben habe. Das war so ein 20-Minuten-Momentum!
Gibt´s das nicht öfters?
Nein. Es gibt Sachen, an denen ich Wochen rumschraube. Aber hier: Ich habe verstanden und geschrieben. In unserer Branche sagt man: Ein Berufssongschreiber ist immer so gut wie sein Briefing...
Wie war denn das Briefing?
Es war ja wie gesagt nur verbal. Aber die beiden erzählten mir, es solle um Bayern gehen, um schöne Bilder von Landschaften, der große emotionale Aspekt – ich bin ja als Zugezogener begeistert von Bayern und konnte das direkt umsetzen. Ich liebe Bayern wirklich – wenn ich von meinen vielen Konzerten wiederkomme, ist das für mich Paradies pur. Die Menschen, die Mentalität – ich liebe es.
Spüren Sie denn eine Nähe zur Telenovela?
Bis dahin kannte ich dieses Format nur aus Brasilien, auch in China hatte es sehr viele Menschen berührt. Hier war das Format noch ganz neu. Aber ich hatte gewisse Berührungspunkte: Denn meine Großmutter hörte früher jeden Abend im Radio so eine Geschichte. Jeden Abend, zwanzig Minuten. Und ich hörte das als Kleinkind – dieses Format des fortgesetzten Märchens kannte ich also aus frühester Kindheit.
Es gibt aber noch weitere familiäre Bande zum Sturm, oder?
Ja, meine Tochter Lara hatte hier ein Jahr lang eine Rolle und spielte das Dienstmädchen "Mandy Meier". Und als meine Kinder klein waren, habe ich sie immer mitgenommen zu allen musikalischen Einsätzen. Auch ins Studio.
Wie kam es dazu?
Ich habe lange für Janosch oder für andere Bavaria-Projekte die Musik gemacht. Meine Kinder haben quasi entlang der Klaviertastatur das Laufen gelernt. Ich hatte meine Kinder immer bei mir, zum Beispiel begleiteten sie mich auch auf Michael Jacksons Neverland Ranch, sehr oft nach L. A. zu Disney oder nach New York und London. Sie haben also viel gesehen – und so sagte mir meine Tochter schon als kleines Mädchen, dass sie Schauspielerin werden wolle. Und tatsächlich ist sie eine wunderbare Schauspielerin mit enormer künstlerischer Kraft geworden.
Unter anderem beim "Sturm" …
Ja, als sie gerade in den letzten Zügen ihrer Schauspielausbildung war, da habe ich sie mit zum "Sturm" genommen, damit sie auch einmal das "echte" Leben eines Schauspielers in der Praxis kennenlernt – nämlich von morgens bis abends zu arbeiten und jeden Tag für 45 Minuten Filmmaterial abzuliefern. Ihr hat es gefallen! Sie hat sich hier sehr wohlgefühlt und viel gelernt.
Sind Ihre anderen Kinder ebenfalls so musisch veranlagt?
Ja, auch mein Sohn Gabor und meine jüngste Tochter Julia. Kein Wunder! Ich bin ein Bildungsterrorist, wie auch mein Vater war! Ich habe versucht, ihnen tiefe Wurzeln und starke Flügel zu geben. Und Bildung stärkt die Wurzeln wie die Flügel.
Wie haben Sie Ihre Gastrolle erlebt?
Mir hat das total Spaß gemacht. Das Drehen war wirklich eine tolle Erfahrung für mich. Es war für mich natürlich auch einfach: Laut Drehbuch musste ich einen Musikproduzenten spielen. Ich dachte eh, ich kann nur mich selbst spielen – ich bin halt so, wie ich bin! Ich glaube, das Drehteam hat sich etwas gewundert.
Warum das denn?
Naja, ein Musikproduzent hat eben einen bestimmten Habitus, das ist ganz schnell zu erkennen – sozusagen der Archetyp eines Künstlers. Er muss radikal sein, intensiv – und als Musikproduzent bin ich zudem sehr darauf bedacht, meine Energien direkt in die richtige Richtung fließen zu lassen und keine Energie zu verschwenden. Es gibt für mich keine Diskussionen – entweder Dur oder Moll. Dazwischen gibt es nichts. Naja, vielleicht habe ich die Regie ein bisschen verrückt gemacht. Aber nach der letzten Szene haben alle geklatscht, das hat mich sehr berührt.
Aber Sie sind doch ein Teamplayer, oder?
Ja! Die Musik ist eine kollektive Kunstform. Musik geht nur mit anderen Menschen zusammen. Aber ein Team braucht einen Leitwolf.
Dann passt die Arbeit am Set ja optimal...
Ja, wie in der Musik müssen feste Hierarchien herrschen und die Arbeit muss direkt in ein Ergebnis münden. Wenn am Ende des Tages alle nur geredet haben, dann ist nichts passiert. Es muss direkt geschehen! Das ist sehr ähnlich. Ich hätte auch richtig Lust, so etwas noch einmal zu machen. Wirklich, diese fünf Stunden am Set haben mir große Freude gemacht. Aber ich bin kein Schauspieler und kann keine andere Rolle einnehmen – ich kann nur mich selbst spielen.
Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Mandoki.
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